Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Eine kurzer Blick auf Entwicklungen
im vergangenen Jahr auf Kuba

Auszug aus dem Rechenschaftsbericht des Bundesvorstandes der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba auf der 44. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz, 28. -30.06.2019 in Nürnberg.


Bereits Anfang 2018 Jahr fand das dritte Forum (1. und 2.: 1993 & 2001) von Sao Paulo mit mehr als 600 Delegierten in Havanna statt. Die Anwesenden analysierten, durchaus selbstkritisch, nicht nur die Situation in der lateinamerikanisch-karibischen Region. Sie wiesen nicht nur die Einschätzung zurück, ganz Lateinamerika würde von US-nahen Oligarchien beherrscht, sie gelangten auch zu gemeinsamen Vereinbarungen über Strategien, um den Vormarsch rechter Kräfte zu bremsen. Es bestand Einigkeit, dass Mechanismen der regionalen Integration wie die CELAC (Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten) gestärkt werden müssen, um auch damit der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) etwas entgegenzusetzen. Die Abschlusserklärung des ‚Foro‘ ist überschrieben "Die Lateinamerikanische Linke führt den Kampf fort".

Unter anderem verurteilt sie die juristische Verfolgung von politischen Persönlichkeiten der lateinamerikanischen Linken. Es wird die sofortige Freilassung des wohl prominentesten brasilianischen linken Politikers Luiz Inácio Lula da Silva ebenso gefordert, wie die Solidarität der Mitgliedsorganisationen mit Venezuela und Nicaragua, als Opfer interner und externer Aggressionen, zum Ausdruck gebracht. Und wiederholt verurteilen die Unterzeichner scharf die US-Blockade gegen Kuba.

Das sozialistische Kuba, das - dieser Blockade trotzend - unbeirrt auf seinem eigenen Weg weiter schreitet.

Bei den Wahlen am 18. März 2018 wurden in Kuba bekanntlich nicht nur die Provinzparlamente, sondern auch das Parlament, die "Asamblea Nacional" - 605 Abgeordnete - für die 9. Legislatur gewählt. Die Konstituierung des neu gewählten Parlaments erfolgte am 19. April 2018: seit diesem 19. April ist Miguel Díaz-Canel Bermúdez, Jahrgang 1960, neuer Präsident der Republik Kuba - Ausdruck und Beleg des von Kuba selbst als notwendig angesehenen und weitgehend vollzogenen Generationenwechsel auf allen (politisch) verantwortlichen Ebenen/Bereichen. Der seitens der Gegner des sozialistischen Kuba lang erhoffte grundlegende Politikwechsel jedoch ist – für uns erwartungsgemäß - ausgeblieben.

Im April 2016 (7. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas) waren auf Grundlage der vorangegangenen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Analysen für die weitere Entwicklung Kubas die Schlussfolgerungen gezogen worden in Form der "Konzeptionalisierung des kubanischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells der sozialistischen Entwicklung" und des "Plans der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung bis 2030". In Umsetzung befinden sich die "Leitlinien". So steht das Ringen um die Konsolidierung der Wirtschaft durch das Aufspüren jeglicher Art von Reserven in der gesamten, nicht nur Wirtschaft, sondern der Gesellschaft, im Mittelpunkt der Regierungsarbeit, mit dem Ziel (ausreichendes) Wirtschaftswachstum (langsam) zunehmend auch aus eigener Kraft zu entwickeln; damit weiterhin seine Unabhängigkeit und Souveränität zu stärken. In weiterer konsequenter Fortsetzung dieser Arbeit wurde im Juli 2018 unmittelbar durch das neue Parlament ein Verfassungsentwurf ausgearbeitet und gelangte (vom 13.08. bis 15.11.18) zur breiten Diskussion in der gesamten Bevölkerung (Beteiligung: ~65% der Bevölkerung). (1) Der am 24. Februar 2019 zur Volksabstimmung gelangte 2. Verfassungsentwurf beinhaltete hieraus 760 Änderungen. Er erlangte mit ~87% der abgegebenen Stimmen (bei ~90% Wahlbeteiligung) die umfassende Zustimmung der Kubaner*innen. Nicht nur die bedeutenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen auf der Insel, sondern auch die dramatischen Veränderungen in der internationalen Situation des letzten Vierteljahrhunderts hatten die Prüfung der Verfassung von 1976 angesichts der umfassenden Veränderungen in der kubanischen Gesellschaft erfordert.

Es seien hier kurz nur einige wesentlichen Änderungen der gültigen Verfassung Kubas im Vergleich zu der vorangegangenen genannt, die Eingang in die Verfassung gefunden haben: nicht-staatliche Eigentumsformen an den Produktionsmitteln; Erfordernis ausländischer Investitionen; größere Autonomie für Gemeinden und Provinzen; Erhebung des Umweltschutzes in Verfassungsrang ebenso wie auch die Forderung nach Abschaffung von Atomwaffen und auch – und nicht zuletzt - die Amtszeitbeschränkung des Präsidenten der Republik auf höchstens zwei aufeinanderfolgende fünfjährige Amtszeiten.

Wie es Raúl Castro am 10. April formulierte, garantiert diese Verfassung die Kontinuität der Revolution und die "Unwiderruflichkeit des Sozialismus".

Am 10. April 2019, auf den Tag genau 150 Jahre nach der Verkündung der Verfassung von Guáimaro der ersten Verfassung für eine unabhängige, souveräne "Republik Kuba (unter Waffen)", wurde die neue Verfassung der Republik Kuba verkündet.

Nur drei Wochen später, am 02. Mai 2019, trat Abschnitt III des "Helms-Burton Act" (2) In-Kraft. Dieser ist, zynischer Weise, offiziell auch bekannt als "Cuban Liberty and Democratic Solidarity (LIBERTAD) Act" –Libertad spanisch = Freiheit- Abschnitt III gesteht US-Bürgern (auch eingebürgerten) das Recht zu, ausländische Firmen vor US-Gerichten wegen der Nutzung von nach der Revolution enteignetem Eigentum zu verklagen.

Der Helms-Burton Act wurde bereits 1996 vom Europarat, der EU, Kanada, Mexiko, Argentinien und anderen Ländern, die teils normale Handelsbeziehungen zu Kuba unterhalten, ebenso wie von Menschenrechtsorganisationen verurteilt bzw. kritisiert. Aus Gründen der Wahrung eigener wirtschaftlicher Interessen erließ die EU im November 1996 die Verordnung 2271/96, die "EU Blocking Regulation" Sie verbietet es in der EU ansässigen (juristischen/natürlichen) Personen ausdrücklich, den Verboten aus dem Helms-Burton Act oder darauf basierenden Entscheidungen nachzukommen. Bei der Abstimmung über die seit 1992 jährlich durch Kuba in der UNO-Vollversammlung eingebrachte Resolution zur Aufhebung der US-Blockade gegen die Insel stimmen seit Anbeginn alle EU-Mitgliedsländer mit "JA" zur Aufhebung der Blockade. Wie sieht aber die Praxis aus? – könnten wir fragen … wir kennen sie:

Der im Dezember 1996 [!] beschlossene "gemeinsame Standpunkt" der EU entsprach der Zielsetzung der US-amerikanischen Blockade gegen Kuba und wurde erst im Dezember 2016 aufgehoben. Wir können davon ausgehen, dass – trotz des großen Einsatzes der Kubasolidaritätsgruppen und -bewegung für seine Aufhebung - vor allem handfeste wirtschaftliche und die entsprechenden politischen Interessen der EU-Mitgliedsländer hierfür entscheidend waren.

Mit "Helms-Burton III" wird seitens der US-Regierung nicht nur das "Wiederbeleben" der am 2. Dezember 1823 durch den damaligen US-Präsident James Monroe und nach ihm benannten "Monroe-Doktrin" in rasantem Tempo praktisch betrieben. Der mit ihr formulierte Anspruch, Lateinamerika den US-Interessen zu unterwerfen, wird auch nicht ausschließlich auf das sozialistische Kuba angewendet. Die "Monroe-Doktrin" ist Ausdruck der immer offeneren Offensive der herrschenden Kreise in den USA mit der US-Regierung, die sich genauso gegen alle fortschrittlichen Bewegungen und Regierungen aktuell mit einem Fokus auf Lateinamerika und die Karibik richtet. Lateinamerika und die Karibik, wo seit Beginn dieses Jahrtausends herausragende Erfolge im Kampf der Völker mit fortschrittlichen, für ihre Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung eingetretenen und handelnden Regierungen erzielt worden waren.

Nicht nur der "Hinterhof der USA" war (aus Sicht der USA) "in Gefahr geraten". Und aus eben diesem Grund werden ganz aktuell – seit Jahren bereits - Venezuela mit seinen Naturreichtümern und der von der Bevölkerung getragenen Bolivarischen Revolution ebenso wie Nikaragua neben der seit 60 Jahren nicht in die Knie gezwungenen Kubanischen Revolution unter immer massiverem Druck durch die USA gesetzt. Diese setzen dabei immer massiver auf völkerrechtswidrige Mittel und Methoden (Versuch von direkten und indirekten Interventionen und politischen Einmischungen; Verletzung des Wiener Abkommens; Diffamierung etc.). Der Kampf für die Verbesserung der Lebensbedingungen und für die Souveränität, die Unabhängigkeit und für das Recht der Völker auf Selbstbestimmung ist gleichzeitig der Kampf um den Frieden. Es gilt, ihn immer und überall zu unterstützen. Deshalb ist es heute unsere Aufgabe für die Aufhebung der Blockade gegen Kuba und Venezuela; für die Rückgabe von Guantánamo; für die Beendigung sämtlicher subversiver Handlungen gegen Kuba einzutreten.

Das bedeutet auch, die den Interessen Kubas entgegenkommenden Entwicklungen in Bereichen von Wirtschaft und kulturellem Austausch mit der Bundesrepublik zu begleiten, ohne dabei von unseren Forderungen nach gleichberechtigen Beziehungen souveräner Staaten zwischen der Bundesrepublik und Kuba, wie auch Venezuela (und anderer Länder) abzulassen.

Im Januar 2014 und wiederum in Havanna tagend, erklärten die 33 Staats- und Regierungschefs der CELAC auf dem 2. Gipfeltreffen ihre Region zur "Zone des Friedens und atomwaffenfrei". Mittlerweile nimmt dort in Folge des aggressiven Kurses der Trump-Administration die Kriegsgefahr dramatisch zu.

Die imperialistischen Staaten, allen voran die USA, verschärfen ihren politischen und Wirtschaftskrieg gegen Venezuela und auch gegen Kuba stetig. Gegenwärtig sind die Angriffe gegen die Bolivarische Republik Venezuela in den Massenmedien, für die Öffentlichkeit "überpräsent".

Die quasi-Anerkennung des von US-Gnaden selbst ernannten Präsidenten Guaidó, die wiederholten Versuche, die legitime Regierung Maduro unter Einsatz verschiedenster Mittel und Methoden zu stürzen, wurden und werden unter dem Deckmantel der vorgeblichen "Legitimität" schnell und weit verbreitet; ihr jeweiliges Scheitern verzerrt dargestellt, mit Verleumdungen von Staat und Regierung Venezuelas. Solche halten dann auch als Begründung für die – nicht ganz neue - Sperrung von Auslandskonten und das Einfrieren von Goldreserven des Landes im Ausland her. Letztlich Blockademaßnahmen. Auch Firmen, Reedereien und Banken deren Sitz nicht in den USA liegt, werden, wenn sie mit Venezuela handeln, bestraft. Handelskrieg und de-facto Blockade haben bereits zahlreiche Opfer gefordert.

Die "causa Venezuela" dient den Regierenden in den USA letztlich auch als ein weiteres Argument für die Verschärfung der US-Politik gegen Kuba, hierzu als Beispiel genannt die Behauptung, Kuba hätte Militär in Venezuela im Einsatz, die von beiden Staaten natürlich sofort entschieden zurückgewiesen wurde. Die erneute Eskalation der Offensive gegen Kuba zeigt sich u.a. mit dem erst kürzlich erlassenen Verbot der US-Regierung für Flüge und Bildungsreisen nach Kuba; der Sanktionen für Kreuzfahrt- und auch sämtliche anderen Schiffe, wenn diese denn Kuba anlaufen sollten – es ist ihnen von einem auf den anderen Tag durch die US-Regierung verboten worden.

Die Verschärfung der Blockade hat schon konkrete Auswirkungen auf das Leben in Kuba.

All dies macht deutlich, Kuba und Venezuela stehen ganz zentral im Fadenkreuz der herrschenden imperialistischen Kräfte. Wer Venezuela angreift, greift Kuba an; wer Kuba angreift, greift Venezuela an – immer sind die gesellschaftlich fortschrittlichsten Kräfte den Angriffen ausgesetzt.

Daher gilt es, unsere - die Aktionen der FG - die durch Schaffung von und Mitarbeit in Aktionsbündnissen für "Hände weg von Venezuela" bundesweit bereits stattgefunden haben, kontinuierlich fortzusetzen und zu intensivieren.

Lasst uns diese Angriffe abwehren durch Schaffung breitester Gegenöffentlichkeit, durch aktive und breite Bündnisaktionen! Schließen wir an den Aktionstag am 28. Mai 2019 an der URANIA in Berlin und die lokalen Aktionen an!

Erheben wir gemeinsam unsere Stimme für das sozialistische Kuba, für das Bolivarische Venezuela und alle fortschrittlichen Kräfte in Lateinamerika, für die Zukunft der Menschheit!

1) Zahlen der Verfassungsdiskussion
Insgesamt fanden 133 681 Versammlungen statt:
79.947 allgemeine Versammlungen der Bevölkerung (CDR, Stadtteile, etc.) // 45.452 von Arbeitskollektiven; 3.441 von bäuerlichen Produzenten; 1.585 von Studierenden; 3.256 von Oberstufenschülern.
Daran nahmen 8.945.521 Kubaner*innen teil und es gab 1.706.872 konkrete Diskussionsbeiträge bzw. Vorschläge. Diese umfassten 783.174 (neue) Vorschläge, 666.995 Änderungsvorschläge, 32.149 Ergänzungsvorschläge, 45.548 Vorschläge zur Streichung und 38.482 Anfragen zu unklaren Aussagen.
Von den im Ausland beteiligten Kubaner*innen wurden 2.125 Vorschläge eingebracht. Davon waren 1.150 Änderungs-, 350 Ergänzungs- 406 Streichungsvorschläge und 219 Nachfragen

2) "Helms-Burton-Act" (Das Gesetz wurde am 19. Oktober 1995 vom US-Senat gebilligt, am 6. März 1996 vom Abgeordnetenhaus verabschiedet und am 12. März 1996 von Präsident Clinton unterzeichnet. Damit trat es sofort in Kraft trat.
Allerdings setzte Clinton die Möglichkeit zur Klageerhebung gegen ausländische Firmen unter Abschnitt III zunächst für die Dauer von sechs Monaten aus. In der Folge wiederholten nicht nur er selbst, sondern ebenso die ihm nachfolgenden US-Präsidenten George W. Bush, Barack Obama und Donald Trump dies. Mit dem von Trump April 2019 verkündeten Politikwechsel hat sich dies geändert. Abschnitt III des Helms-Burton-Act ist seit 02. Mai 2019 in Kraft.

Petra Wegener
Vorsitzende, Bundesvorstand der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba
29. Juni 2019