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Sozialismus gefestigt
Große Mehrheit der Kubaner für neue Verfassung. Glückwünsche von Nicolás Maduro und Evo Morales.
Mehr als 6,8 Millionen Kubaner haben sich in einer Volksabstimmung am Sonntag für eine neue Verfassung ausgesprochen, in der die Unabhängigkeit und Souveränität des Landes festgeschrieben und die sozialistische sowie die kommunistische Gesellschaft als Staatsziel definiert wird. Wie Alina Balseiro, die Vorsitzende der Nationalen Wahlkommission (CEN) am Montag nachmittag (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz in Havanna mitteilte, wurde die neue »Magna Charta« mit 86,8 Prozent der abgegebenen Stimmen angenommen. Von insgesamt 9,2 Millionen wahlberechtigten Bürgern ab 16 Jahren hatten rund 7,8 Millionen Stimmzettel abgegeben. Die Wahlbeteiligung lag damit bei 84,4 Prozent. Nach Angaben der CEN-Vorsitzenden stimmten 706.000 Menschen (das entspricht neun Prozent der abgegebenen Stimmen) mit »Nein«, weitere 198.000 Personen (2,5 Prozent) gaben leere Stimmzettel ab. 127.000 Stimmzettel (1,6 Prozent) waren ungültig.
Zu den ersten ausländischen Staatschefs, die Kuba am Montag zur neuen Verfassung gratulierten, gehörte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. Er bezeichnete die Volksabstimmung in einer Mitteilung per Twitter als »historisch« und als Garantie für die Fortsetzung der Kubanischen Revolution. Boliviens Präsident Evo Morales gratulierte dem kubanischen Volk ebenfalls per Twitter. Die neue Magna Charta bekräftige die revolutionären Werte, und Kuba diene der Welt mit diesem demokratischen Fest als Vorbild.
Der Präsident Kubas, Miguel Díaz-Canel, sprach von einer großen Anerkennung für die Väter der Nation, José Martí, Fidel und Raúl Castro. »Wir haben gewonnen und wir wollen mehr«, schrieb er auf Twitter. Das Ergebnis des Referendums sei auch ein Signal »für Lateinamerika, für Venezuela und für die Würde der Region«. Angesichts der Drohung einer militärischen Intervention in Venezuela sagte der Staatschef: »Wir leben in einem Moment der imperialistischen Bedrohung und es wird versucht, eine Plattform für die kapitalistische Restauration in Lateinamerika zu schaffen.« Der Krieg, der gegen die lateinamerikanischen Völker geführt werde, sei wirtschaftlich, ideologisch und kulturell. »Wir müssen lernen, unsere Identität zu verteidigen«, fügte Díaz-Canel hinzu.
Während viele Kubaner das Ergebnis der Volksabstimmung im Internet positiv kommentierten, veröffentlichten Oppositionelle Fotos davon, wie Bürger in der Wahlkabine ein Kreuz beim Feld »Nein« machten. Das in Madrid erscheinende Portal der Contras Diario de Cuba veröffentlichte bereits vor Bekanntgabe des Ergebnisses einen Appell »an die internationale Gemeinschaft und an demokratische Regierungen«, das Referendum – unabhängig von dessen Ausgang – »nicht anzuerkennen«.
Als erster schloss sich Luis Almagro, Generalsekretär der von den USA dominierten Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) dem Contra-Aufruf an. Er wiederholte am Montag eine Stellungnahme vom 12. Februar, in der er bereits erklärt hatte, keine Gesetze oder Institutionen zu respektieren, die nach den Bestimmungen von Kubas neuer Verfassung eingerichtet würden. »Die OAS ist die Organisation, die im Dienst des US-Imperialismus versucht, Kuba zu isolieren«, hatte der für Lateinamerika und die Karibik im kubanischen Außenministerium zuständige Direktor Eugenio Martínez bereits Almagros ersten Angriff kommentiert und klargestellt: »Über die Verfassung Kubas diskutieren die Kubaner und sie sind es auch, die sie annehmen werden.«
Während die westlichen Medien vor allem über die Anerkennung eines privaten Sektors und des »freien Marktes« in einem eingeschränkten und kontrollierten Umfang berichteten, enthält Kubas neues Grundgesetz zahlreiche weitere wegweisende Bestimmungen. Dazu gehören unter anderem das Recht auf Arbeit und bezahlbaren Wohnraum, die Verpflichtung des Staates zum Schutz der Umwelt und zur Reduzierung des Klimawandels wie auch das Verbot jedweder rassistischen oder diskriminierenden Handlung. Artikel 16 der neuen Verfassung untersagt jede direkte oder indirekte Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten. Krieg und Angriff auf andere Länder sind als internationale Verbrechen und Verstoß gegen das Völkerrecht verboten, und die Entwicklung, Stationierung oder Lagerung von Nuklear- oder anderen Massenvernichtungswaffen wird geächtet.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 27.02.2019