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Gegen Bevormundung

Lateinamerikas Staatschefs sprechen sich bei Gipfel in Panama gegen US-Einmischungspolitik aus.

»Wir erleben eine neue Ära, nicht nur in der Geschichte zwischen den USA und Kuba, sondern auch in den Beziehungen des nördlichen Nachbarn zum Rest Amerikas«, fasste »Cuban Five«-Mitglied Ramón Labañino am Wochenende im kubanischen Fernsehen seine Einschätzung des 7. Amerikagipfels zusammen. Einen Grund dafür hatte Boliviens Präsident Evo Morales zum Abschluss des Treffens der US-dominierten Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) am Sonnabend in Panama mit den Satz beschrieben: »Lateinamerika ist nicht mehr gehorsam.« Diese Aussage hatte sich wie ein roter Faden durch die Reden der meisten Staats- und Regierungschefs des Doppelkontinents – unabhängig von deren politischer Position – gezogen.

So lobte der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos, sonst ein verlässlicher Verbündeter der USA, die Rolle Kubas und betonte, dass ein weiterer Amerikagipfel ohne die 1962 auf Betreiben Washingtons aus der OAS ausgeschlossene sozialistische Insel, »nicht akzeptabel« gewesen wäre. Ecuadors Präsident Rafael Correa bezeichnete die Teilnahme Kubas, »das davon niemals hätte ausgeschlossen werden dürfen«, an dem Gipfel als »Erfolg der neuen Einheit lateinamerikanischer und karibischer Staaten«. »Obama muss begreifen, dass unsere Völker nie mehr Bevormundung, Einmischung oder Intervention dulden werden«, sagte Correa. Er betonte, dass es »zwei verschiedene Amerikas« gebe, die künftig wie Blöcke miteinander umgehen sollten. Die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), der alle Länder Amerikas außer den USA und Kanada angehören, während in der OAS die Differenzen zwischen dem Norden und dem Süden des Kontinents diskutiert würden.

Dilma Roussef, die Präsidentin Brasiliens, des von sozialen Konflikten erschütterten, größten und bevölkerungsreichsten Landes Südamerikas, warnte die Teilnehmer davor, die Augen vor der Ungleichheit zu verschließen, die trotz aller Erfolge noch immer auf dem Kontinent herrsche. Sie lobte Kuba und die USA für den Versuch, das »letzte Relikt des Kalten Krieges in der Region« zu beseitigen. Außerdem forderte sie die Beendigung der gegen Kuba verhängten US-Blockade, deren exterritoriale Ausdehnung den Interessen aller Staaten in Lateinamerika schade.

Auch Cristina Fernández de Kirchner aus Argentinien beglückwünschte die Vertreter Havannas zu ihrem Erfolg. »Was wir hier erleben ist der eigentliche Triumph der Revolution«, sagrte die Staatschefin.

US-Präsident Barack Obama hatte ihre Aussage indirekt bestätigt, indem er erneut das Scheitern der bisherigen Politik Washingtons gegenüber Kuba eingestand und sich für eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen auf der Basis gegenseitigen Respekts aussprach. In seiner Rede unterstrich Obama die Bereitschaft, dazu beizutragen, »dass das kubanische Volk in Wohlstand lebt und Beziehungen mit dem Rest der Welt unterhält«.

Kritik an Washington äußerte der Präsident Nicaraguas, Daniel Ortega. Nachdem Kubas Recht auf Teilnahme am Gipfel wieder hergestellt sei, müsse es jetzt darum gehen, Puerto Rico, der letzten Kolonie auf dem Kontinent, seinen vollwertigen Platz als Staat Lateinamerikas und der Karibik einzuräumen. Ortega erinnerte daran, dass der politische Gefangene Oscar López Riviera seit 34 Jahren in US-Haft sitze, nur weil er das Verbrechen begangen habe, für die Unabhängigkeit seines Landes, Puerto Rico, zu kämpfen.

In diesem Zusammenhang warnte er die USA, deren Politik »nicht die eines Präsidenten, sondern die eines Imperiums ist«, auch vor weiteren Angriffen auf die gewählte Regierung von Nicolás Maduro. »Ein Putsch gegen Venezuela ist ein Putsch gegen Lateinamerika«, sagte Ortega. Wie verurteilten fast alle Staats- und Regierungschefs das Dekret, mit dem Obama am 9. März Venezuela zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA erklärt und zugleich Sanktionen gegen venezolanische Funktionäre verhängt hatte.

Präsident Nicolás Maduro, der seine Position durch mehr als elf Millionen Protestunterschriften gestärkt sieht, verurteilte die US-Maßnahmen in scharfer Form, betonte aber zugleich auch die Bereitschaft zum Dialog. Es sei absurd, sein Land als Bedrohung für das mächtigste Land der Welt darzustellen, sagte Maduro und bekräftigte: »Wir sind keine Antiamerikaner, aber wir sind Antiimperialisten!« Ein ähnliches Bekenntnis hatte auch Kubas Präsident Raúl Castro abgelegt, dessen Rede auf dem Gipfeltreffen den meisten Beifall erhielt. In Anspielung auf die angestrebte Normalisierung der Beziehungen zu den USA versprach Castro: »Wir werden nicht zulassen, nochmals kolonisiert zu werden.«


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 14.04.2015