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Solidarisch gegen Ungleichheit

Am Sonntag feiert das Staatenbündnis ALBA sein zehnjähriges Bestehen. Für die Menschen in Lateinamerika ist es eine Erfolgsgeschichte.

Das lateinamerikanische Staatenbündnis ALBA feiert am Sonntag mit einem Gipfeltreffen in Havanna sein zehnjähriges Bestehen. Am 14. Dezember 2004 war dort die Gründung der von den beiden Comandantes der Revolution, Fidel Castro aus Kuba und Hugo Chávez aus Venezuela, initiierten »Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerikas« besiegelt worden. Dem Zusammenschluss gehören heute neun Länder der Region an. Am Sonntag wollen die Karibikstaaten Grenada sowie St. Kitts und Nevis dem Bündnis beitreten. Aus der von seinen neoliberalen Gegnern einst belächelten »Idee« der beiden Revolutionsführer, denen dieser Gipfel gewidmet ist, wurde ein ernstzunehmender Akteur auf der internationalen politischen Bühne.

Das spanische Wort »Alba« bedeutet Morgenröte und beschreibt die Vision, die Castro und Chávez antrieb. Sie wollten der von den USA geplanten Freihandelszone ALCA, die die Volkswirtschaften von Alaska bis Feuerland unter den Einfluss Washingtons bringen sollte, eine Alternative entgegensetzen. Sie entwickelten ein solidarisches Modell der Zusammenarbeit zwischen den Völkern Lateinamerikas, von dem vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten und der Mittelstand profitieren sollten und das nicht – wie beim ALCA-Konzept – vom Diktat transnationaler Konzerne abhängig war. Bereits im Gründungsdokument der ALBA – deren erstes »A« zunächst noch für »Alternative« und seit 2009 für »Allianz« steht – sind wesentliche Ziele beschrieben wie die soziale Verpflichtung beim Handelsaustausch, noch intensivere Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit und Bildung, der Aufbau eines solidarischen Bank- und Finanzsystems, industrielle Kooperationen sowie Projekte im Kommunikations- und Medienbereich. Schon 2004 hatten Castro und Chávez aber mehr als ein bilaterales Abkommen im Sinn. In der Gründungserklärung wird betont, »dass die ALBA die Umwandlung der lateinamerikanischen Gesellschaften zum Ziel hat, um mehr Gerechtigkeit, mehr Kultur, mehr Teilnahme und Solidarität zu ermöglichen. Sie ist deshalb als ein integraler Prozess konzipiert, der die Beseitigung der sozialen Ungleichheit sichert, die Lebensqualität erhöht und die wirksame Beteiligung der Völker an der Gestaltung ihres eigenen Schicksals gewährleistet«. Als nächste traten Bolivien (2006) und Nicaragua (2007) der ALBA bei. Mit der Aufnahme Boliviens wurde zudem der Handelsvertrag der Völker (Tratado de Comercio de los Pueblos/TCP) unterzeichnet, der solidarische Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten vorsieht. Dem Neun-Staaten-Bündnis gehören außerdem Ecuador und die Karibikinseln Antigua und Barbuda, Dominica, St. Lucia sowie St. Vincent und die Grenadinen an. Mit den beiden Neuzugängen Grenada sowie St. Kitts und Nevis wird es ab morgen aus elf Mitgliedsstaaten bestehen.

Zehn Jahre nach der Gründung demonstriert ALBA, wie Beziehungen zwischen Staaten auf der Basis von Solidarität und gegenseitigem Respekt zum Nutzen der Mehrheit der Bevölkerung gestaltet werden können. Mit Hilfe des Bündnisses konnten dessen Mitgliedsländer den Einfluss der USA, Europas und multinationaler Konzerne auf ihre wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen zurückdrängen.

Für die Menschen in der Region ist ALBA eine Erfolgsgeschichte. Dazu haben Projekte wie das von kubanischen Pädagogen entwickelte Alphabetisierungsprogramm »Yo sí puedo« und die Entsendung von Ärzten und Krankenschwestern der sozialistischen Insel in die entlegensten – bisher gar nicht oder unterversorgten – Regionen beigetragen. Das ALBA-Projekt »Misión Milagro« sieht kostenlose Operationen und die Behandlung von sechs Millionen Menschen mit Augenkrankheiten in einem Zeitraum von zehn Jahren vor. Zehntausende junge Menschen aus Ländern, in denen ein Medizinstudium vor allem den Sprösslingen der Oberschicht vorbehalten ist, erhalten auf der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin (ELAM) in der Nähe von Havanna Studienplätze und Stipendien. ALBA garantiert mit der von Chávez initiierten Gründung von »Petrocaribe« eine faire, solidarische Energieversorgung, indem es den Staaten der Region Erdöl mit einem 40prozentigen Preisnachlass, langfristigen Zahlungszielen und der Möglichkeit der Bezahlung mit Gütern und Dienstleistungen liefert.

Trotz aller bisherigen Erfolge werden die ALBA-Mitglieder in Havanna nicht nur das zehnjährige Bestehen des Bündnisses feiern und dessen Gründungsväter Fidel Castro und Hugo Chávez ehren. Weit oben auf der Tagesordnung steht die Beratung über langfristige Projekte gegen die Ausbreitung des Ebola-Virus und über die Hilfe für die daran Erkrankten.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 12.12.2014