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Contras blockieren
Systemgegner fordern Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen Kuba.
Die 193 Mitgliedsländer der Vereinten Nationen stimmen heute in der Generalversammlung der Weltorganisation in New York über einen Antrag Kubas zur Beendigung der von den USA verhängten Blockade ab. In den US-Medien tobt dazu seit Wochen eine Meinungsschlacht. Während die überregionale Tageszeitung New York Times sich in den letzten Tagen für die Aufhebung der Blockade aussprach, verlangen die von rechtslastigen Exilkubanern beeinflussten Medien in Miami deren Fortsetzung. Kronzeugen sind antikubanische US-Politiker und die sogenannten Systemgegner in Kuba selbst.
So empörte sich der stramm antikommunistische demokratische Senator Robert Menendez in einer Replik über den Appell der New York Times-Herausgeber an Präsident Barack Obama, die Beziehungen zu Havanna endlich zu normalisieren. Diese Forderung würde weder die »Werte Amerikas repräsentieren, noch entspreche sie dem nationalen Interesse«, argumentierte der Politiker. Die in Miami als Organ der Contragruppen bekannte Tageszeitung Nuevo Herald zitierte letzten Mittwoch Vertreter der von US-Diensten ausgehaltenen und aus den USA finanzierten Systemgegner in Kuba, deren Einnahmequelle bei einer Annäherung versiegen würde.
Berta Soler, die Chefin der wegen Geldstreitereien mittlerweile gespaltenen Gruppe »Damas de Blanco« (Damen in Weiß), betonte, dass ihre Anhänger die US-Blockade gegen Kuba unterstützen. Sie sei derzeit »sehr besorgt«, weil Havanna mit der Entsendung von Medizinern in die Ebola-Regionen Westafrikas »Sympathien gewinne«.
In Kuba erklärte die Systemgegnerin, »stirbt das Volk vor Hunger und wird von der Regierung unterdrückt«. Statt die Blockade zu beenden, forderte sie die USA dazu auf, »die Menschenrechtsaktivisten« stärker zu unterstützen. Denn Fidel und Raúl Castro hätten »dem Volk vor über 50 Jahren seine Freiheit geraubt. Wir haben keinerlei Rechte«, begründete sie ihren Appell. Wie dieser Vorwurf dazu passt, dass sie selbst in den letzten Jahren auf Dutzenden von Luxusreisen in die USA, nach Lateinamerika und Europa ihre Positionen vertreten konnte, verrät Soler nicht. In Miami traf Soler 2013 sogar mit Vertretern der terroristischen »Brigada Asalto 2506« zusammen – Söldnern, die im April 1961 bei der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht 176 Kubaner getötet und über 300 verletzt hatten -, ohne dafür nach ihrer Rückkehr in Kuba belangt worden zu sein.
Ein Beispiel für international abgestimmte Aktivitäten der Contras lieferte die rechtslastige »Internationale Gesellschaft für Menschenrechte« (IGfM) am Dienstag letzter Woche in der Bundesrepublik. Aus Anlass einer Gerichtsverhandlung in Havanna forderte die IGfM zur »Solidarität mit der Bürgerrechtlerin Sonia Garro Alfonso und deren Ehemann Rámon Alejandro Muñoz González« auf, die in Kuba wegen ihres »Einsatzes für die Menschenrechte« vor Gericht stünden.
Tatsächlich weist das Paar, das von Nachbarn als »aggressiv und gewalttätig« beschrieben wird, ein langes Vorstrafenregister wegen gewöhnlicher Delikte auf. Nach wiederholten Konflikten mit den Ordnungsbehörden erklärte Sonia Garro sich im Jahr 2008 zur »Dissidentin« und schloss sich den »Damen in Weiß« an. Nachbarn dokumentierten im Jahr 2013, wie ihr Mann (erste Vorstrafe 1996 wegen Nötigung) und sein Kumpan Eugenio Hernández (erste Vorstrafe 1997 wegen Fahrraddiebstahls) vom Dach ihres Hauses in Havannas Stadtteil Marianao Nachbarn und Passanten mit Steinen attackieren, während Sonia Garro ihnen vom unteren Stock eine Flasche Rum hinaufreicht.
Trotzdem ließ sich die CDU-Politikerin und Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, vor den Karren der Blockadebefürworter spannen und erklärte pünktlich zur Abstimmung in der UNO: »Das Engagement von Sonia Garro für die Einhaltung der Menschenrechte auf Kuba (…) darf nicht bestraft werden.« Zur gleichen zeit bezeichnete der US-amerikanische Bürgerrechtler und ehemalige Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson die Blockade in einem Artikel für die Tageszeitung Chicago Sun-Times als »perverse Politik« und forderte: Sie »hätte schon vor Jahren aufgehoben werden sollen«.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 28.10.2014