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Obama nackt
Nach Verhaftung von US-Terroristen in Kuba sickern immer mehr Informationen durch.
Die Festnahme von vier geständigen US-Terroristen in Kuba hat in den Medien der sozialistischen Karibikinsel ein bis dahin nie erreichtes Leserecho ausgelöst. Nachdem das Innenministerium in Havanna am Dienstag die bereits am 26. April erfolgte Verhaftung der in Miami ansässigen Exilkubaner José Ortega Amador, Obdulio Rodríguez González, Raibel Pacheco Santos und Félix Monzón Álvarez mitgeteilt hatte (jW berichtete), meldeten sich innerhalb weniger Stunden rund 200 Leser der Tageszeitung Granma auf deren Homepage zu Wort. Das Onlineportal »Cubadebate« veröffentlichte bis gestern mittag knapp 300 Zuschriften.
Neben dem Dank an die Sicherheitsorgane, die die geplanten terroristischen Anschläge durch ihren Zugriff verhindert hatten, beherrschen vor allem drei Themen die öffentliche Diskussion in Kuba. Ein großer Teil der Debattenbeiträge weist darauf hin, daß die Verhaftungen fast zeitgleich mit der erneuten Aufzählung Kubas in einer Liste von Staaten erfolgte, denen die US-Regierung eine Unterstützung des Terrorismus vorwirft. Jetzt stehe Obama vor der Welt nackt da, »wie in Hans Christian Andersens Märchen ›Des Kaisers neue Kleider‹«, spottet etwa der Journalist Iroel Sánchez in seinem Blog »La pupila insomne«. Viele Leser sehen einen Zusammenhang mit der kürzlich aufgeflogenen Twitterkopie »ZunZuneo«, mit der die US-Entwicklungsagentur USAID junge Kubaner zu regierungsfeindlichen Aktionen aufstacheln und Massenproteste nach dem Muster des »arabischen Frühlings« inszenieren wollte. Als dritter Schwerpunkt wird in zahlreichen Zuschriften die Arbeit der »Cuban Five« gewürdigt. Die kubanischen Aufklärer, von denen drei in den USA noch immer langjährige bis zu zweimal lebenslange Haftstrafen absitzen müssen, hatten sich in Miami nur deshalb in antikommunistische Gruppen eingeschleust, um terroristische Aktionen gegen Menschen und Einrichtungen in ihrer Heimat zu verhindern.
Die vier am 26. April Verhafteten haben zugegeben, daß sie vorhatten, militärische Einrichtungen auf Kuba anzugreifen, um gewaltsame Reaktionen zu provozieren. Drei von ihnen waren seit Mitte 2013 mehrfach eingereist, um die Aktionen vorzubereiten. Nach Angaben der kubanischen Behörden hatten sie bei ihrer Vernehmung ausgesagt, daß die Anschlagspläne und ihre Reisen von den in mehreren ultrarechten Exilkubanergruppen aktiven Santiago Álvarez Fernández Magriñá, Osvaldo Mitat und Manuel Alzugaray organisiert worden seien.
Die in Miami residierenden Hintermänner weisen beachtliche terroristische Karrieren auf. Santiago Álvarez Fernández Magriñá gehört zu den Gründern der berüchtigten Terrorgruppe »Alpha 66«. Er war unter anderem im April 2001 an einem Angriff auf ein Dorf in der Provinz Santa Clara beteiligt. Am 12. Oktober des gleichen Jahres landeten er und weitere Alpha-66-Mitglieder mit Schnellbooten aus Florida in dem 70 Kilometer nördlich der Stadt Holguín gelegenen Küstenort »Boca de Samá« an. Bei einem Angriff ermordeten sie zwei Anwohner, ein kubanisches Mädchen wurde schwer verletzt. Anfang 2005 schmuggelten er und sein Kumpan Osvaldo Mitat den flüchtigen Terroristen Luis Posada Carriles mit ihrem Boot »Santrina« in die USA. Der ehemalige CIA-Agent Posada Carriles ist unter anderem für den Anschlag auf ein kubanisches Verkehrsflugzeug im Jahr 1976 verantwortlich, bei dem 73 Passagiere getötet worden waren.
Nachdem die US-Polizei bei álvarez und Mitat Ende 2005 ein umfangreiches illegales Waffen-, Munitions- und Sprengstofflager entdeckte, das sie nach eigenen Angaben für weitere Anschläge in Kuba vorhielten, wurden sie zwar zu Gefängnisstrafen verurteilt, nach knapp zwei bzw. drei Jahren aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Richter hielten ihnen zugute, daß das Motiv für ihre Straftaten »der Einsatz für ein freies und demokratisches Kuba« gewesen sei. Auch der dritte Auftraggeber, Manuel Alzugaray, der bereits die von der CIA ausgebildete »Brigade 2506« und deren Invasion in der Schweinebucht unterstützt hatte, ist bis heute in mehreren terroristischen Gruppen aktiv.
Interessant sind – angesichts der aktuell verhinderten Anschläge – die Verbindungen einiger in Kuba tätiger Systemgegner zu den Terroristen. So berichtete der Blog »Democratic Underground« bereits im März 2010, daß die auch von westlichen Regierungen unterstützte Gruppe »Damen in Weiß« nach eigenen Angaben monatlich 1500 US-Dollar von der Organisation »Rescate Jurídico« in Miami erhält, deren Präsident kein geringerer als Santiago Álvarez, der Helfer des Terroristen Posada Carriles, ist.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 09.05.2014