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Hochrangiger Gast in Kuba

Niederländischer Außenminister bereitet Normalisierung der Beziehungen zwischen EU und Havanna vor.

Frans Timmermans beendet am heutigen Dienstag seinen Besuch in Havanna. Der niederländische Außenminister, der am Sonntag an der Spitze einer großen Delegation eintraf, war der bislang hochrangigste Gast aus dem Königreich in Kuba. Unter anderem kam er zu Gesprächen mit seinem kubanischen Amtskollegen Bruno Rodríguez, Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca, Schriftstellern, Wissenschaftlern und Vertretern der katholischen Kirche zusammen. Wie das Außenministerium in Den Haag mitteilte, sollen mit dieser historischen Visite die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern gestärkt werden.

Der Besuch gilt als wichtiger Schritt zur Normalisierung des Verhältnisses zwischen der Europäischen Union und Kuba, das seit 1996 durch den »Gemeinsamen Standpunkt« der EU-Staaten belastet ist. Nach der damaligen Verhaftung zahlreicher aus dem Ausland gesteuerter Agenten, die in den USA und Europa als Oppositionelle dargestellt worden waren, hatten die EU-Länder Sanktionen verhängt, um auf die Innenpolitik der sozialistischen Karibikinsel Einfluß zu nehmen und dort zu einem Systemwechsel beizutragen. Erst im November 2012 beschlossen die Außenminister der Europäischen Union, eine Vereinbarung mit Kuba auszuhandeln, die den »Gemeinsamen Standpunkt« ablösen soll. Seitdem werden die Bedingungen in Gesprächen ausgelotet. Widerstand gibt es vor allem aus Polen, der Tschechischen Republik, Schweden und von der früheren schwarz-gelben Bundesregierung. Die Niederlande hatten dagegen im Mai vorigen Jahres mit Kuba ein umfangreiches bilaterales Abkommen über Warenaustausch, Investitionen sowie Kooperationen in der Landwirtschaft, im Gesundheitswesen, in Kultur und Sport abgeschlossen.

Für die Gegner der Entspannung ist Timmermans Besuch ein schwerer Schlag. Die »Bloggerin« Yoani Sánchez hatte sich bereits am Samstag darüber beklagt, daß seine Agenda »nur offizielle Kontakte« enthalte. Auch die am Wochenende begonnenen Aktionen kubanischer Systemgegner, die als »Kinderfeste« zum Dreikönigstag am 6. Januar ausgegeben worden waren, zielten auf eine Störung des Normalisierungsprozesses ab. Dafür spricht unter anderem deren propagandistische Begleitung durch das Onlineportal Martí Noticias, die Internetseite des von der US-Regierung finanzierten Propagandasenders Radio Martí (junge Welt berichtete). Eine im Internet kursierende Pressemitteilung der rechtslastigen "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM), die in Inhalt, Wortwahl und politischer Aussage mit den in Miami veröffentlichten Texten weitgehend identisch ist, stammte allerdings nicht vom heutigen Dienstag, wie jW am Montag irrtümlich berichtete, sondern bereits vom 7. Januar des Vorjahres. Der Irrtum wurde zunächst nicht bemerkt, weil in dem ein Jahr alten IGFM-Text die gleichen Vorwürfe gegen Kuba erhoben werden und die beschriebenen Aktionen sowie die handelnden Personen und Gruppen (Berta Soler, Damen in Weiß, UNPACU) identisch sind. Offenbar wird der »spontane Protest«alle Jahre wieder von den eleichen Akteuren, mit den gleichen Absichten und Argumenten durchgeführt.

Daß die sich wiederholenden Auftritte der »Dissidenten« in Kuba nahezu unbeachtet bleiben, wird von den Gegnern des Landes in den USA und Europa mit zunehmendem Mißfallen wahrgenommen. Bereits zum Jahreswechsel hatten die exilkubanischen und US-amerikanischen Geldgeber ihren Gefolgsleuten auf der Insel mangelnden Einsatz vorgeworfen und sie unter Druck gesetzt. Trotz kostspieliger Auslandsreisen hätten die Systemgegner an Bedeutung verloren, schrieb die in Madrid erscheinende Onlinezeitung Diario de Cuba am 31. Dezember und nannte namentlich Yoani Sánchez, Guillermo Fariñas und Berta Soler. Ähnlich frustriert hatte sich einen Tag zuvor die Tageszeitung El Nuevo Heraldo, das Sprachrohr der rechten Contragruppen in Miami, über die Ineffizienz der »Dissidenten« ausgelassen. Seit Inkrafttreten der neuen kubanischen Reiseregelungen im Januar 2013 seien sie zwar in der Welt herumgereist, hätten aber zugleich auf der Insel ansehen und Einfluß eingebüßt, da sie von den Alltagsproblemen der Menschen weit entfernt seien, kritisierte das Blatt. Die Zeitung beklagte, »daß die Oppositionellen in Kuba kaum in Erscheinung getreten sind, während sie der kommunistischen Regierung in den Jahren zuvor mit Hungerstreiks, Kirchenbesetzungen und anderen öffentlichen Aktionen reichlich Kopfschmerzen bereitet« hätten.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 07.01.2014