Nachrichten aus und über Kuba
Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.
Mit eigenen Augen gesehen - die kritische medizinische Versorgungslage in Kuba
Kürzlich ist ein Spendenaufruf der Humanitären Cuba Hilfe e.V. erschienen mit einer Schilderung der desolaten Situation, in der sich das kubanische Gesundheitswesen befindet. Dem kann ich mich nur von ganzem Herzen und mit aller mir zur Verfügung stehenden Ausdruckskraft anschließen und rufe Ihnen zu:
Spenden Sie!
Spenden Sie jetzt!
Spenden Sie was Ihnen möglich ist!
Wie komme ich dazu, was bewegt mich?
Ich habe familiäre und freundschaftliche Verbindungen nach Santiago de Cuba und Umgebung, Guantαnamo, Manzanillo, Havanna, Varadero und in die Provinz Pinar del Rio. Im Oktober und im April bin ich nach Havanna geflogen, privat, aber ich habe auch einige Pakete Verbrauchsmaterial und Medikamente verteilen können. Anders als Teilnehmer offizieller Besuche oder von geführten Gruppenreisen erfasst man das wirkliche Leben unmittelbar, mit eigenen Augen und Ohren und in Gesprächen direkt vor Ort, im stundenlangen Warten auf den Bus, bei den Einkäufen im Devisen-Supermarkt, auf den Bauernmärkten und in den Straßen.
Und ich habe es mit eigenen Augen gesehen, fast leere Polikliniken, ein geschlossenes Labor, eine geschlossene Zahnarztabteilung.
Und ich habe es mit eigenen Ohren hören müssen, viele Male dieses "no hay", "no hay nada" (es gibt nichts) und dabei das "nada" so betont und gedehnt, dass es durch Mark und Bein geht.
Und ich erfahre auch jetzt und immer wieder per WhatsApp Beispiele dieses fürchterlichen "no hay nada", "no tenemos ..no podemos"
Ein paar Beispiele:
Ein junger Mann aus meinem Bekanntenkreis musste stundenlang bangen, ob das Nahtmaterial für seine kleine Operation reichen würde.
Für kleinere planbare Operationen muss der Patient fehlendes Material selbst beschaffen, aber nicht nur für sich, sondern auch noch für eine zweite Operation. Wegen einer Operation wird der OP-Saal nicht in Betrieb genommen (Nachricht aus der Provinz Pinar del Rio).
In einem Krankenhaus wollte ich mir spontan ein bestimmtes technisches Detail anschauen. Das wäre nicht möglich. Die Apparatur wurde mir auf der Straße präsentiert. Die Station sei in keinem vorzeigbaren Zustand.
Ich war mehrfach in einer farmacia principal municipal im Zentrum von Havanna, also einer Apotheke gehobenen Niveaus. In langen Regalen etwa 60 Medikamente. Die für Kuba verbindliche Arzneimittel-Liste umfasst rund 750 Medikamente. Als Patient bekommt man in Kuba vielleicht ein Rezept, aber kein Medikament. Man muss es sich selbst besorgen, bei Verwandten im Ausland, im Schwarzhandel auf der Straße oder im Internet.
Was habe ich noch hören und sehen müssen? In Stichworten:
Es kommen vermehrt untergewichtige Früh- und Neugeborene zur Welt.
Die Zahl der Kaiserschnitte wegen kindlicher und mütterlicher Probleme ist angestiegen.
Offiziell bestätigt, ist die Säuglingssterblichkeit angestiegen.
Es fehlt an Antibiotika, auch an den ganz einfachen der ersten Linie.
Es fehlt an einfachsten Verbrauchsmaterialien: Spritzen, Handschuhe, Nahtmaterial, Blasenkathetern, Venenverweilkanülen, Kolostomie-Beuteln etc. etc
Es fehlen Reagenzgläser, Teststreifen, Laborreagenzien für die medizinische Labordiagnostik.
Die Syphilis nimmt zu Kondome sind Mangelware und teuer.
- In einer Poliklinik habe ich 800 Einweg-Spritzen übergeben man würde sie für die Blutentnahmen der AIDS-Patienten reservieren.
- Seit einiger Zeit verlassen Ärzte ihre Posten, gehen in unbezahlten Urlaub oder in die Privatwirtschaft.
Was mich am meisten schmerzt, dieser unverdrossene, fast trotzige Wille zur Überwindung aller Widrigkeiten, dieser Zusammenhalt untereinander, dieses Stehen zu ihrem Gesellschaftssystem all das, was mich seit meinem ersten Besuch 2016 so durch und durch fasziniert hat, das alles scheint an Kraft zu verlieren. Die jahrzehntelange Blockade, die weltweiten politischen und wirtschaftlichen Krisen und die Probleme in der Durchführung der neuen ökonomischen Politik treffen aufeinander und scheinen sich zu potenzieren. Socialismo no es facil.
Darum nochmals meine inständige Bitte: Spenden Sie für das Kubanische Gesundheitssystem.
Helfen Sie den Patienten, Schwestern und Ärzten, zeigen Sie allen, dass Kuba nicht allein ist. Cuba no está sola!
Ich danke Ihnen.
Dr. med. Rainer Lindemann
Chirurg und Intensivmediziner i. R.
Die Humanitäre Cuba Hilfe e. V. Bochum nimmt derzeit Anlauf, im August 3 weitere 40-Fuß- High-Cube- Container v. a. mit medizinischem Material nach Kuba zu schicken. Viele Kubaunterstützer haben schon gespendet, aber es reicht noch längst nicht aus. Und so sind wir erneut auf Eure finanzielle Unterstützung dringend angewiesen.
Humanitäre Cuba Hilfe
Spendenkonto der HCH e.V. bei der Sparkasse Dortmund
IBAN: DE52 4405 0199 0091 0160 36
BIC DORTDE33XXX
Stichwort: HCH/MCE-C- Projekte.
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba |
Abzugsfähige Spendenquittungen sind über die Geschäftsstellen erhältlich
Weitere Informationen und updates: "Medizinisches Material"
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Netzwerk Cuba, Humanitäre Cuba HIlfe, 06.07.2023