Nachrichten aus und über Kuba
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Juristen für Wühlarbeit
US-Organisation will Rechtswissenschaftler für Contra-Aktivitäten in Kuba gewinnen.
Das Verhältnis der USA zu Kuba verschlechtert sich seit Amtsantritt Donald Trumps zunehmend. Doch während Trump die unter Barack Obama begonnenen Ansätze zur Entspannung rückgängig macht, die Blockade verschärft und neue Sanktionen verhängt, versuchen Wirtschaftsvertreter, Diplomaten sowie Fachleute der Justiz-, Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden den Dialog aufrechtzuerhalten. Parallel dazu finanzieren US-Geheimdienste und deren Vorfeldorganisationen allerdings auch neue subversive Programme zur Destabilisierung der kubanischen Gesellschaft.
Am Dienstag trafen sich Vertreter der Justiz- und Sicherheitsbehörden beider Länder in Washington zum vierten Mal, um über »sicherheitsrelevante Themen des gegenseitigen Interesses« zu verhandeln. Laut dem kubanischen Außenministeriums (Minrex) ging es dabei vor allem um Präventivmaßnahmen gegen Terrorismus, Drogen- und Menschenhandel sowie Onlinekriminalität.
Das US State Department betonte dagegen die Tagesordnungspunkte: »Rückführung von ausgewiesenen Kubanern« und »Flüchtlinge«. Nach Washingtons Darstellung waren auch die »Angriffe auf die Gesundheit von Diplomatischen Mitarbeitern der US-Botschaft in Havanna« ein Thema. Dieser Darstellung widerspricht die kubanische Seite. Seit mehr als einem Jahr geben es weder einen Beweis noch eine glaubwürdige Hypothese, die den Vorwurf eines »Angriffs« rechtfertige, erklärte des Minrex am Dienstag. Die kubanische Delegation habe darauf bestanden, dass die US-Regierung ihre »politischen Manipulationsversuche« einstelle. Die angeblichen Schallattacken dienten Washington zur Begründung von Maßnahmen, die die Arbeitsfähigkeit beider Botschaften einschränken.
Gut zwei Wochen vor dem Treffen der Experten in Washington veröffentlichte die »Global Liberty Alliance« (GLA) mit Sitz in Alexandria (Virginia) die Ausschreibung für einen Workshop zum Thema »Schutz der Menschenrechte«. Das exklusive Angebot richtet sich ausschließlich an kubanische Juristen. Interessierte könnten sich bis zum 30. Juli bei der vorgeblichen NGO in den USA oder der Contra-Organisation »Somos Más« des kubanischen Systemgegners Eliécer Ávila bewerben, hieß es. Die GLA trage alle Kosten, da die Workshops »außerhalb Kubas« stattfänden. Die Auswahl unterliegt strengen Kriterien: Kandidaten müssen eine abgeschlossene Juristenausbildung vorweisen, sich »aktiv an Aktionen der Zivilgesellschaft« beteiligen und das Empfehlungsschreiben einer Oppositionsgruppe präsentieren. Die US-amerikanische »NGO« engagiert sich außer in Kuba vornehmlich für US-Amerikaner, die von Gerichten in Nicaragua und im Iran für dort begangene Straftaten verurteilt wurden.
Wie der guatemaltekische Journalist und frühere Aufklärer des kubanischen Geheimdienstes Perca Francisco Alvarado Godoy in seinem Blog »Descubriendo Verdades« enthüllt, ist die GLA ein Projekt der in Virginia registrierten Anwaltskanzlei »Poblete Tamargo LLP«. Deren Direktoren sind eng mit dem rechten Flügel der republikanischen Partei verbunden. So war der in Florida geborene Jason I. Poblete im »Republican national Committee« (RNC) für die entwicklung und Koordinierung von Wahlkampfstrategien republikanischer Präsidentschaftskandidaten zuständig. Als Jurist vertrat Poblete unter anderem die Interessen des für die Überwachung der Kuba-Blockade zuständigen US-Schatzamtes. Sein Kollege, der in Havanna geborene Mauricio J. Tamargo war 2001 von Präsident George W. Bush in das US-Justizministerium geholt worden und wurde später Chefberater der Kongressabgeordneten Ileana Ros-Lehtinen. Auch Terry T. Campo, das dritte Mitglied im GLA-Direktorium, bekleidete unter den Präsidenten Ronals Reagan und George W. Bush hohe Positionen. Zu Campos Tätigkeiten gehörte die Ausbildung von »Oppositionsführern« in Osteuropa und Lateinamerika.
Während die rechten Republikaner versuchen mit einem »Workshop« Juristen zu ködern, verschenkt der staatliche US-Propagandasender Radio Martí Kurzwellenradios, die unter anderem auch von Geheimdiensten zur Kommunikation mit verdeckt operierenden Agenten verwendet werden. Jeder kubanische Bürger könne per E-Mail oder in sogenannten sozialen Netzwerken ein Gerät bestellen, kündigte der Sender Ende Juni an. Die an einen schlechten James-Bond-Film erinnernde Aktion ist nicht sonderlich originell. Journalist Alvaro Godoy erinnert daran, dass bereits 2008 10.000 Kurzwellenempfänger der Marke »Tecsun« auf die Insel geschmuggelt und an Systemgegner verteilt wurden. Obwohl der Versuch keinerlei Wirkung zeigte, wird er nun zehn Jahre später wiederholt.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 13.07.2018