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Letzte Hoffnung Kuba
Ebola-Epidemie in Westafrika außer Kontrolle. Offiziell mehr als 2400 Tote. Havanna schickt 165 Ärzte und Pfleger. WHO-Chefin dankt für Solidarität.
Kuba schickt 165 Mediziner nach Westafrika, um die Länder dort im Kampf gegen die Ebola-Epidemie zu unterstützen. Damit reagiert Havanna in international bislang beispielloser Weise auf den Hilferuf der Weltgesundheitsorganisation (WHO), denn bislang waren in den besonders von der Krankheit betroffenen Staaten insgesamt lediglich 170 ausländische Ärzte und Experten im Einsatz. Die Seuche hat offiziellen Angaben zufolge inzwischen mehr als 2400 Menschenleben gefordert. Insgesamt seien mindestens 4784 Fälle bekannt, die tatsächlichen Zahlen lägen aber sehr wahrscheinlich höher. Das erklärte die Generaldirektorin der WHO, Margaret Chan, am Freitag in London. Die Zahl der Betroffenen steige viel schneller als die Kapazitäten zur Bewältigung der neuen Fälle. Besonders betroffen sind Sierra Leone, Liberia und Guinea, aber auch aus Nigeria und Senegal wurden Erkrankungen gemeldet. Die ersten Fälle waren im März bekanntgeworden.
»Wenn wir in den Krieg gegen Ebola ziehen, brauchen wir die Mittel, um kämpfen zu können«, erklärte Chan und lobte die Entscheidung aus Havanna: »Ich bin sehr dankbar für die Großzügigkeit der kubanischen Regierung und der Gesundheitsspezialisten, die ihren Teil beitragen, um bei der Eindämmung des schlimmsten Ebola-Ausbruchs in der Geschichte zu helfen.« Die Insel habe ein Beispiel dafür gegeben, wie die internationale Gemeinschaft auf den Hilferuf der WHO vom 28. August reagieren müsse. »Kuba ist in der Welt bekannt für seine Fähigkeit, herausragende Ärzte und Krankenschwestern auszubilden, und für seine Bereitschaft, anderen Ländern auf ihrem Weg zum Fortschritt zu helfen«, so Chan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kubanischen Gesundheitsminister Roberto Morales.
Kuba wird seine in der ersten Oktoberwoche beginnende und zunächst auf sechs Monate angesetzte Hilfe auf Sierra Leone konzentrieren. Wie Morales informierte, besteht die Brigade aus 62 Ärzten sowie 103 Pflegern und Schwestern, die alle bereits Einsätze in Afrika im Zusammenhang mit Naturkatastrophen oder Seuchen hinter sich haben, jeder Vierte von ihnen sogar mehrfach. »Die Beteiligung am Einsatz gegen Ebola ist kein Einzelfall, sondern Teil der Solidarität, die Kuba in all diesen 55 Jahren der Revolution geleistet hat«, betonte der Minister. Derzeit sind knapp 65000 kubanische Mediziner in 91 Ländern der Welt im Einsatz. Das Internetportal Cubadebate schätzte am Donnerstag, daß aktuell rund 20 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte Kubas außerhalb ihrer Heimat Menschen helfen. Allein in Afrika seien seit 1959 knapp 77000 Mediziner in 39 Ländern im Einsatz gewesen, so Morales. Der Gesundheitsminister rief seine Amtskollegen aller Länder auf, sich ebenfalls dem Kampf gegen die Epidemie anzuschließen: »Afrika braucht dringend internationale Solidarität!«
Ärzte versprach Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nicht, kündigte aber an, den betroffenen Ländern zehn Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – das Zehnfache von dem, was bisher zugesagt wurde. Besonders großzügig ist das trotzdem nicht. Den Krieg in Afghanistan etwa hat sich die Bundesregierung nach Berechnungen der Rheinischen Post seit 2002 bis Ende letzten Jahres rund elf Milliarden Euro kosten lassen. Aber Ebola-Viren lassen sich halt nicht mit Bomben, Panzern und Soldaten bekämpfen.
Veröffentlichung |
André Scheer
junge Welt, 13.09.2014