Nachrichten aus und über Kuba
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Lebenslange Haft verhindern
Weltweite Aktionstage für die »Cuban Five«. René González in Großbritannien erwartet.
Aktivisten in 38 Ländern wollen sich in dieser Woche mit Hunderten Aktionen für die Freilassung der drei noch in den USA inhaftierten Mitglieder der »Cuban Five« einsetzen. Die am vergangenen Donnerstag in Havanna gestartete internationale Kampagne zur Solidarität mit den kubanischen Aufklärern läuft bis zum 6. Oktober. Als Höhepunkt sind am kommenden Freitag Mahnwachen vor dem Weißen Haus in Washington und in zahlreichen anderen Städten weltweit, darunter auch in der Bundesrepublik, geplant.
An diesem Tag vor 16 Jahren verhaftete die US-amerikanische Bundespolizei FBI eine Gruppe kubanischer Agenten, die in Florida verdeckt in exilkubanischen Terrororganisationen ermittelt hatten. Zu den Inhaftierten gehörten die Aufklärer Antonio Guerrero, Ramón Labañino, Gerardo Hernández sowie René González und Fernando González, die nicht miteinander verwandt sind. Die als »Cuban Five« bekanntgewordene Gruppe hatte bis zu ihrer Festnahme rund 170 geplante Gewaltakte gegen Menschen und Einrichtungen in ihrer Heimat aufdecken und verhindern können. Grund für ihre Tätigkeit war, daß die Behörden der USA weder gegen die meist von Miami aus agierenden Terrorgruppen vorgegangen, noch bereit gewesen waren, bekannte und in anderen Ländern gesuchte Terroristen festzusetzen. Einer im März dieses Jahres vom kubanischen Innenministerium vorgelegten Übersicht zufolge wurden bis zu diesem Zeitpunkt seit 1959 in Kuba 713 Terroranschläge registriert, bei denen rund 3500 Menschen getötet und mehr als 2100 verletzt wurden.
Wegen ihres Einsatzes gegen den Terror werden die »Cuban Five« in ihrer Heimat als Helden geehrt. Während René und Fernando González mittlerweile, nach Verbüßung ihrer Strafe, wieder bei ihren Familien in Kuba sind, werden die drei anderen Aufklärer noch in US-Gefängnissen festgehalten. Laut US-Justiz soll Antonio Guerrero 2020 entlassen werden, Ramón Labañino erst im Jahr 2028. Gerardo Hernández, der zu zweimal lebenslang plus 15 Jahre verurteilt ist, soll in US-Haft sterben.
Dies zu verhindern ist das Ziel der aktuellen Kampagne. Die Aktionen haben am 4. September begonnen, weil an diesem Tag 1997 der junge italienische Tourist Fabio di Celmo in der Lobby des Hotels Copacabana in Havanna von einer Bombe getötet wurde, die ein aus Miami beauftragter Mörder gelegt hatte. Sie enden am 6. Oktober, einem weiteren Gedenktag für die Opfer des Terrorismus in Kuba. An diesem Tag war im Jahr 1976 vor der Karibikinsel Barbados ein kubanisches Verkehrsflugzeug durch eine Bombe zum Absturz gebracht worden. 73 Menschen wurden getötet. Einer der Verantwortlichen für den Anschlag, der ehemalige CIA-Agent Luis Posada Carriles, der sich selbst in US-Medien mit der Tat brüstete, lebt ungeschoren in Miami. Er organisiert von dort aus weiter Gewaltaktionen gegen Kuba und ist ein beliebter Gesprächspartner kubanischer Systemgegner bei ihren Besuchen in den USA.
Im Rahmen der weltweiten Aktionen findet in Havanna am 11. und 12. September das »Zehnte Internationale Kolloquium zur Solidarität mit den fünf und gegen den Terrorismus« statt. Zu der Veranstaltung haben sich bisher über 200 Teilnehmer aus 49 Ländern angemeldet. In den USA sind neben der Mahnwache vor dem Weißen Haus, Besuche des Kapitols in Washington und Aktionen in anderen Städten geplant. In Großbritannien erwartet der Gewerkschaftsdachverband TUC den Aufklärer René González, dem die britischen Behörden im März die Einreise zur Teilnahme an einer internationalen Anhörung verweigert hatten, zu Veranstaltungen vom heutigen Montag bis Mittwoch in London und Liverpool. Über Klagen gegen ein erneutes Einreiseverbot war bei Redaktionsschluß noch nicht abschließend entschieden worden. In der Bundesrepublik rufen Kuba-Solidaritätsgruppen für Freitag und Sonnabend zu Aktionen in Berlin, Chemnitz und Düsseldorf auf.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 08.09.2014