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Licht ins dunkel bringen
Anhörung zum Fall der »Cuban Five« beginnt heute trotz Einreiseverbot für René González in London
Am heutigen Freitag beginnt in den Räumen der renommierten Londoner Law Society die Anhörung zum Fall der »Cuban Five« - trotz der Einreiseverweigerung für den Hauptzeugen René González durch die britischen Behörden (jw berichtete). Diese bisher Umfangreichste und bedeutendste Untersuchung des weltweit kritisierten Gerichtsverfahrens gegen die fünf kubanischen Aufklärer und der gegen sie verhängten Strafen wird von 173 prominenten Erstunterzeichnern, dem britischen Gewerkschaftsdachverband TUC, den beiden größten Einzelgewerkschaften des Landes »Unite« und »Unison« , dutzenden sozialen Organisationen und knapp 6.000 Einzelpersonen aus aller Welt unterstützt. Aus Deutschland rufen dazu unter anderem der Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der Völkerrechtler und ehemalige Bundestagsabgeordnete Professor Norman Paech, der Schauspieler und Gewerkschafter Rolf Becker sowie der Journalist und Moderator Professor Roger Willemsen auf.
Der wichtigste Zeuge der Anhörung, René González, war im Oktober 2011 als erstes Mitglied der »Cuban Five« nach 13 Jahren aus der US-Haft auf »Bewährung« entlassen worden, durfte aber erst im Mai 2013 endgültig nach Kuba zurückkehren. Er sollte heute vor der Internationalen Untersuchungskommission über die Aktivitäten der »Cuban Five« in Miami und am morgigen Sonnabend über das Gerichtsverfahren nach deren Verhaftung aussagen. Kurz vor seiner Abreise aus Havanna hatte ihm die britische Botschaft allerdings das Visum verweigert. »Das kann nur als politisch motivierte Entscheidung gedeutet werden«, kritisierte Rob Miller, der als Vorsitzender der Kuba-Solidaritätskampagne zu den Organisatoren gehört.
Die fünf Kubaner hatten als Aufklärer in den USA verdeckt in terroristischen Gruppen ermittelt, um Anschläge auf der Insel zu verhindern. Nachdem kubanische Stellen das FBI über die Pläne der gewaltbereiten Gruppen informiert hatten, wurden im September 1998 nicht die Terroristen, sondern die kubanischen Ermittler verhaftet und verurteilt. Obwohl René González und Fernando González, sein in der vergangenen Woche nach Kuba zurückgekehrter Kampfgefährte, wieder frei sind, werden drei der »Cuban Five« weiter in US-Gefängnissen festgehalten. Antonio Guerrero soll erst etwa 2020 entlassen werden, Ramón Labañino etwa 2028. Gerardo Hernández, der zu zweimal lebenslang plus 15 Jahre verurteilt worden war, soll dagegen in US-Haft sterben.
Trotz wiederholter Kritik von Rechtsexperten und Menschenrechtsorganisationen ist es der US-Administration und den westlichen Medienkonzernen bisher weitgehend gelungen, Informationen über den Justizskandal und die Existenz der »Cuban Five« als politische Gefangene der USA zu unterdrücken. Mit der Anhörung in London wollen namhafte Juristen, Politiker und Künstler sowie Gewerkschafter und Menschenrechtsexperten jetzt Licht in das dunkel bringen und den Fall stärker ins Bewußtsein der Weltöffentlichkeit rücken.
Die zweitägige Untersuchung startet heute zunächst mit der Anhörung von Zeugen der terroristischen Aktivitäten, darunter Angehörige von Opfern, Ermittler, Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie Journalisten. Morgen werden dann Strafrechtsexperten, Prozeßbeobachter, Angehörige der »Cuban Five« und eine Vertreterin von Amnesty International zum Verfahren und den Strafen gehört. Daneben beginnt heute abend das Rahmenprogramm mit einem großen Solidaritätskonzert im »Barbican Center«. Dem größten Kultur-und Konferenzzentrum Londons, zu dem unter anderem die kubanischen Weltstars Omara Portuondo, Eliades Ochoa und Musiker des Buena Vista Social Club erwartet werden. Für den politischen Teil hat die US-amerikanische Schriftstellerin Alice Walker zugesagt, die die Besucher ursprünglich gemeinsam mit René González über den Fall der »Cuban Five« informieren wollte. Zum Abschluß der zweitägigen Veranstaltung ist ein großes Abschiedsdinner im Hauptquartier des Gewerkschaftsdachverbandes TUC vorgesehen, bei dem René Gonzalez als Ehrengast angekündigt war. Der frühere Generalsekretär der größten britischen Gewerkschaft »Unite«, Tom Woodley, wies dessen Einreiseverbot auch deshalb in scharfer Form zurück.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf, London
junge Welt, 07.03.2014