"Kubas Sieg über Ebola" am 19. September 2016
im Bürgerhaus Bornheim, Frankfurt a.M.
Die Veranstaltung war die erste im Rahmen der Rundreise von Dr. med. Graciliano Díaz Bartolo aus Kuba.
Dr. Díaz war für die Dauer von 7 Monaten als Mitglied der Ärztebrigade Henry Reeve im Einsatz gegen die Ebola-Epidemie in den westafrikanischen Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea Conakry und war stellvertretender Leiter des Teams in Guinea. Er kommt aus Santiago de Cuba und leitete dort die städtische Poliklinik als hochqualifizierter Allgemeinmediziner. Im Rahmen der Einsätze der "Brigade Henry Reeve"
wirkte er 2003 bis 2005 in Bolivien und arbeitete bereits drei Jahre in Guinea vor seinem Einsatz gegen Ebola.- Übrigens: Am Tag unserer Veranstaltung jährte sich der Jahrestag der Gründung der Brigade durch Fidel Castro am 17.September 2005 zum 11. Mal.
Im August 2014 sendete die WHO einen Hilferuf an die Welt, medizinisches Personal zur Bekämpfung der Seuche zu schicken. Das kubanische Programm internationaler Solidarität medizinischer Hilfe bei Katastrophen und Seuchen – von WHO, UNO und UNESCO regelmäßig gelobt – lief sofort an. In den betroffenen Gebieten befanden sich zu der Zeit schon Ärzte aus Kuba im alltäglichen Einsatz im Rahmen der ständigen Solidaritätsarbeit mit den afrikanischen Bruderländern, denn - so Dr. Díaz – "wir sind uns immer unserer afrikanischen Wurzeln bewusst und lassen nie ein Dritte-Welt-Land im Stich".
In Kuba selbst folgten zahlreiche Ärzte und medizinisches Fachpersonal dem Aufruf zur Teilnahme an der Brigade, so dass letztendlich in den betroffenen Gebieten mehr als 300 Kubaner den Kampf gegen Ebola aufnehmen konnten. Anschaulich schildert Dr. Díaz die Vorbereitungen in Kuba, die er als "Trockenübungen" bezeichnete, da keinerlei Erfahrungen mit der Seuche vorlagen.
Zeltkliniken wurden erstellt mit allen Vorrichtungen und Einrichtungen für Isolier- und Intensivstationen, mit Wasch- und Desinfektionsanlagen u.a. für benutzte Schutzanzüge, Arbeitsübungen von bis zu zwei Stunden unter den Bedingungen hermetischer Abgeschlossenheit beim Tragen der Schutzkleidung usw.
Diese Vorbereitungen wurden dann in den Epidemiegebieten selbst weiter geführt mit dem Resultat, dass der reale Einsatz in den sogenannten roten Zonen (Kontaktgebiete mit den Erkrankten) am 31. Dezember 2014 beginnen konnte. An dieser Stelle betonte Dr. Díaz die gute und fruchtbare Zusammenarbeit mit der Organisation "Ärzte ohne Grenzen", die noch vor den Kubanern vor Ort war.
Das größte medizinische Problem bestand darin, dass es kein Medikament zur Behandlung der eigentlichen Krankheit (hohes Fieber, starke Blutungen, Erbrechen, Durchfall, allgemeiner Kräfteverfall) gab, so dass im Grunde nur die schrecklichen Symptome behandelt werden konnten. Da die Übertragung von Ebola über direkten Körperkontakt oder Kontakt mit den körperlichen Ausscheidungen der Kranken erfolgt, waren totale Isolation und vollständige hygienische Abschottung die Hauptgrundlagen der Behandlung. Durch das Arbeiten unter den Schutzanzügen bei extrem hohen Temperaturen (50°) sowie durch Stress als Folge ständiger Angst waren die Helfer absolut extremen Belastungen ausgesetzt. Dr. Díaz beschreibt den Doppelcharakter dieser Angst so: Es war zum Einen die Angst, sich todbringend zu infizieren, und zum Anderen der empfundene Horror, "wenn wir es nicht schaffen, diese Epidemie zu stoppen, werden die Folgen für die ganze Welt katastrophal sein…".
Während der Arbeit in der roten Zone waren die Ärzte damit konfrontiert, Angehörigen jede Berührung mit den Erkrankten strengstens zu untersagen und das unter Verhältnissen, in denen körperlicher Kontakt geradezu ein Ausdruck von Heilen, von Trösten, von Leben ist, dass rituelle Körperkontakte, wie z. B. das Waschen von Toten, Teil einer verpflichtenden Tradition darstellen.
Von Vorteil erwies sich die langjährige Zusammenarbeit Kubas mit den afrikanischen Bruderländern bei den gewaltigen Problemen auch der sprachlichen Verständigung mit den Menschen in den Einsatzgebieten (es gibt 36 Sprachen): Mit Hilfe der Behörden und anderer gesellschaftlicher Organe wurden alle Bürger, die in Kuba studiert hatten, egal welcher Fachrichtung, aufgerufen, sich als sprachliche Mittler zu melden bzw. zur Verfügung zu stellen, was zahlreich geschah und dazu beitrug, die riesigen Probleme zu minimieren. Ebenso verstanden es die kubanischen Ärzte, geheilte und damit Ebola-resistente Patienten als Pfleger, Helfer und Mittler einzusetzen, was die Effektivität der helfenden Produktivkräfte stark erhöhte.
Nachdem Fragen aus dem Publikum erörtert bzw. beantwortet worden waren, fasste Dr. Díaz in seinem Schlusswort nochmals in Zahlen die Resultate des Einsatzes der Brigade Henry Reeve in den drei westafrikanischen Ländern zusammen:
Über 300 kubanische Ärzte und medizinische Fachkräfte kämpften für die Dauer von sieben Monaten gegen Ebola. 2720 Ebola-Patienten wurden in diesem Zeitraum behandelt, 434 Leben wurden gerettet.
Insgesamt waren über 24.000 Menschen betroffen, über 10.000 starben.
Es gibt immer noch keinen Impfstoff gegen die furchtbare Seuche. Dr. Díaz : "Wir wissen über Ebola nichts, nur, dass es Ebola gibt, aber dass humanes und solidarisches Handeln sehr viel erreichen kann.
Gemeinsam werden wir siegen! Venceremos!"
Bune und Martin Birkle,
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Regionalgruppe Frankfurt a.M.
23. September 2016