Dokumente aus Kuba
Dokumente, Regierungserklärungen, Reden und Reflektionen, Erklärungen des kubanischen Außenministeriums, Veröffentlichungen der Nationalversammlung, Berichte der kubanischen Regierung sowie Beiträge Kubas vor den Vereinten Nationen.
Unser Amerika hat sich verändert, Ausschlüsse sind nicht mehr möglich
Rede von Miguel Mario Díaz-Canel Bermúdez, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Präsident der Republik, bei der Eröffnung des XXI. ALBA-TCP-Gipfels im Palast der Revolution am 27. Mai 2022, "64.Jahr der Revolution"
Sehr geehrte Staats- und Regierungschefs und Leiter der uns begleitenden Delegationen,
sehr geehrter Exekutivsekretär von ALBA-TCP, Sacha Llorenti,
Brüder, Freunde,
es ist immer eine Freude, Sie zu empfangen. Ich heiße Sie erneut in Kuba herzlich willkommen und übermittle Ihnen im Namen des kubanischen Volkes und der kubanischen Regierung unsere Dankbarkeit für die Solidaritätsbekundungen, die wir anlässlich des jüngsten bedauerlichen Unglücks im Hotel Saratoga von Ihnen erhalten haben.
Wir gedenken heute auch des leider verstorbenen Botschafters Vance Amory, eines herausragenden Diplomaten und Staatsmannes aus St. Kitts und Nevis, der uns bei unzähligen Gelegenheiten bei den Sitzungen unseres Bündnisses begleitet hat.
In wenigen Monaten wird uns ein weiteres ALBA-TCP-Gipfeltreffen zusammenbringen, und wir sollten uns daran erinnern, dass es jetzt, wie nie zuvor unerlässlich ist, gemeinsam einen Konsens zu erzielen und die regionale Integration und die politische Einigung voranzutreiben. Dies sind keine bloßen Slogans, dies ist eine historische Notwendigkeit.
Wie der Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz sagte: "Die von der Bolivarischen Republik Venezuela und Kuba geschaffene ALBA, die von den Ideen Bolívars und Martís inspiriert ist, hat mit beispielhafter revolutionärer Solidarität gezeigt, wie viel man (...) mit friedlicher Zusammenarbeit erreichen kann".
Ein Lateinamerika und eine Karibik, die in ihrer Vielfalt geeint sind und mit einer starken eigenen Stimme sprechen, die sich bei der Koordinierung unserer Entwicklungsstrategien und der Verteidigung unserer Souveränität artikuliert, ist von wesentlicher Bedeutung. Zersplittert könnte jeder von uns ignoriert werden. Vereint wird uns niemand zum Schweigen bringen können.
So wie sie auch nicht in der Lage waren, die Zusammenarbeit und Solidarität zu brechen, die die ärmeren Länder in die Lage versetzt, die harten Prüfungen unserer Zeit zu bestehen.
Die COVID-19-Pandemie war in den letzten Jahren eine der größten Herausforderungen für unsere Länder. Sie hat unsere Wirtschaft und unsere Gesundheitssysteme belastet, aber sie hat uns auch gezwungen, Initiativen und neue Projekte zu entwickeln, auf die wir stolz sein können.
In unserem Fall war die Arbeit unseres engagierten Gesundheitspersonals und der kubanischen Wissenschaftler, Helden und Heldinnen unserer Zeit, deren Beiträge und Bemühungen uns gerettet haben, mehr als verdienstvoll!
Der hohe Entwicklungsstand und das Potenzial der kubanischen Biotechnologie-Industrie, das Werk und Vermächtnis des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, ermöglichten es uns, drei hochwirksame eigene Impfstoffe gegen COVID-19 zu entwickeln und herzustellen.
Mit diesen Impfstoffen wurden mehr als neun Millionen vollständige Impfprogramme durchgeführt, was 89,9 % der gesamten kubanischen Bevölkerung und 96,7 % der impffähigen Bevölkerung entspricht. Mehr als sieben Millionen haben Auffrischungsdosen erhalten, was 89 % der impffähigen Bevölkerung entspricht. Wir waren das erste Land, das Kinder ab dem zweiten Lebensjahr geimpft hat.
Dies war Kubas souveräne Antwort auf eine Pandemie, die das Land zu einem Zeitpunkt erreichte, als wir bereits unter den Auswirkungen von 243 Maßnahmen gelitten haben, mit denen die kriminelle Blockade verstärkt wurde, der wir seit 63 Jahren ausgesetzt sind, ohne zu kapitulieren. Und diese Maßnahmen - wir werden nicht müde, dies anzuprangern - wurden auch im kritischsten Moment der Bekämpfung von COVID-19- nicht aufgehoben. Aber wir haben wieder gewonnen, dank der Söhne und Töchter und dem Werk der kubanischen Revolution.
Wir bekräftigen heute vor Ihnen unsere Bereitschaft, diese Fähigkeiten in den Dienst der Mitglieder des Bündnisses zu stellen, wie dies bereits in mehreren Ländern mit guten Ergebnissen geschehen ist.
Diese Fortschritte sind ein Beweis dafür, dass Kuba trotz der extremen Verschärfung der Blockade und der ständigen politischen und medialen Schikanen gegen unser Land nicht aufgibt. Kuba wird weiterhin mit Kreativität Widerstand leisten und den Aufbau einer gerechteren und solidarischeren Gesellschaft vorantreiben.
Sehr geehrte Delegationsleiter,
in den letzten Wochen haben mehrere Regierungen öffentlich energisch und würdevoll gefordert, dass die legitime historische Forderung der Region, alle Länder der Hemisphäre ohne Ausnahmen zu den Amerikagipfeltreffen einzuladen, erfüllt wird.
Die Vereinigten Staaten versuchen mit ihren hegemonialen und antidemokratischen Praktiken ohne jegliche Rechtfertigung, diesen gerechten Anspruch zu ignorieren und zum Schweigen zu bringen, wobei sie sogar zu Täuschungsmanövern greifen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass Kuba mit Ihrer Unterstützung und der der gesamten Region seine Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog unter Beweis gestellt und 2015 zum ersten Mal an einem solchen Treffen in Panama teilgenommen hat.
Damals betonte der damalige Präsident unseres Landes, Armeegeneral Raúl Castro, dass die Gründung der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) und die Unterzeichnung der Proklamation Lateinamerikas und der Karibik als Zone des Friedens zeigen, dass "wir im Rahmen unserer Vielfalt zur Einheit und zur Erreichung gemeinsamer Ziele gelangen können".
Unter Ausnutzung ihres Status als Gastgeber des IX. Amerikagipfels versuchen die Vereinigten Staaten, interventionistische Dokumente und Konzepte zu verabschieden, ohne die Kriterien aller zu berücksichtigen und Länder auszuschließen, die viel zu den zentralen Themen der Veranstaltung beizutragen haben.
Wir haben erfahren, dass diese Versuche auf starken Widerstand gestoßen sind.
Die Praxis des Ausschlusses ist nicht neu und bestätigt das Interesse der Vereinigten Staaten, das interamerikanische System zu kontrollieren, um es für hegemoniale Ziele zu nutzen und um darüber zu bestimmen, wer eine Demokratie ist.
Sie haben weder ein politisches noch ein moralisches Recht, dies zu tun.
Sie geben vor, die Demokratie zu fördern, die sie mit Bedacht mit ihrem System verwechseln, aber sie sind nicht in der Lage, einen pluralistischen Raum zu gewährleisten. Sie geben vor, an einer konstruktiven Beziehung zu unserer Region interessiert zu sein, missachten aber die Unterschiede.
So ignoriert die Regierung der Vereinigten Staaten im Namen der Demokratie einmal mehr die Forderung nach einem echten hemisphärischen Gipfel mit allen Ländern des Kontinents.
Die Art der hemisphärischen Beziehungen muss sich ändern. Die Politik der Unterordnung vieler unter das Mandat eines Einzelnen, und sei er noch so mächtig, ist überholt und inakzeptabel.
Unser Amerika hat sich verändert, Ausschlüsse sind nicht mehr möglich. Die Entscheidung, nicht alle einzuladen, ist ein historischer Rückschritt.
Und alle Länder sollten zu gleichen Bedingungen eingeladen werden. Es ist respektlos und schadet der Souveränität der Nationen, wenn man versucht, von der privilegierten Position des Gastgebers aus zu entscheiden, wer sie vertritt.
Angesichts der Ausgrenzungs- und Selektionsversuche ist es dringend erforderlich, die echten Mechanismen der Integration und Koordinierung in Lateinamerika und der Karibik zu stärken. Vereint werden wir in der Lage sein, unsere Souveränität und Selbstbestimmung ohne Einmischung oder Druck von außen wirksam zu verteidigen.
Es ist auch dringend notwendig, ALBA-TCP weiterhin als Bezugspunkt für die Koordinierung und als Förderer von Kooperationsprojekten zu verteidigen, die zu einem Lateinamerika und einer Karibik beitragen, die wirtschaftlich und politisch unabhängiger und souveräner sind.
In diesem komplexen Szenario muss das Recht unserer karibischen Bruderländer auf eine faire, besondere und differenzierte Behandlung, die für die Bewältigung ihrer gewaltigen Herausforderungen unerlässlich ist, respektiert werden.
Wir rufen dazu auf, sich zu vereinen, nicht zu spalten, hinzuzufügen, nicht abzuziehen, in Dialog zu treten, nicht in Konfrontation, zu respektieren, nicht aufzuzwingen.
Dies sind die Zeiten, in denen wir mit Engagement und Würde Unser Amerika verteidigen müssen, das José Martí so schön in Worte gefasst hat. Es ist an der Zeit, "ein einziges Heimatland" zu schaffen, wie Bolívar es sich erträumt hat, und in Achtung vor den Helden und Gründervätern Lateinamerikas und der Karibik die Würde unserer Länder zu bewahren.
"Es ist die Stunde der Abrechnung und des gemeinsamen Marsches, und wir müssen so eng aneinander gelehnt gehen, wie das Silber in den Wurzeln der Anden", schrieb Martí vor mehr als einem Jahrhundert. Daran hat sich nichts geändert.
Die Geschichte wird uns danach beurteilen, inwieweit es uns gelingt, bei diesen Zielen, von denen das Überleben unserer lateinamerikanischen und karibischen Identität heute abhängt, Fortschritte zu erzielen.
Vielen Dank (Beifall).
Rede von Díaz-Canel zur Eröffnung des XXI. ALBA-TCP-Gipfels
27.05.2022
Quelle: Granma