Dokumente aus Kuba
Dokumente, Regierungserklärungen, Reden und Reflektionen von Fidel Castro, Erklärungen des kubanischen Außenministeriums, Veröffentlichungen der Nationalversammlung, Berichte der kubanischen Regierung sowie Beiträge Kubas vor den Vereinten Nationen.
IV. Parteitag der Kommunistischen Partei Cubas, Oktober 1991
BESCHLUSS ÜBER DIE AUSSENPOLITIK
Der IV. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas erachtet es für notwendig, einige Überlegungen zu den hauptsächlichsten Aspekten der gegenwärtigen internationalen Lage anzustellen.
Seit dem vorangegangenen III. Parteitag unserer Partei war der Prozeß, der zum Verschwinden der sozialistischen Staaten im Osten Europas sowie zur Schwächung und zur wachsenden Gefahr der Auflösung der Sowjetunion führte, das internationale Ereignis von größter historischer Wichtigkeit und von weitreichender Bedeutung für die gesamte revolutionäre Weltbewegung.
Diese politische Katastrophe hat einen Prozeß ausgelöst, in dessen Verlauf sich die größte globale Neuausrichtung der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Kräfte seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges abspielt und der zweifellos den härtesten Rückschlag für die Kommunisten, die Revolutionäre und alle Völker dieser Erde im gegenwärtigen Jahrhundert darstellt.
Aus einleuchtenden Gründen hat unser Parteitag keine vollständige Analyse dieses Prozesses vorgenommen, wie es diese Tatsachen verlangt hätten, und wie es unsere Partei und unser Volk benötigt, um die Lehren ziehen zu können, die sich aus ihm ableiten lassen. Dies ist eine noch zu erfüllende historische Verantwortung der revolutionären Bewegung, die dazu berufen ist, zu verhindern, daß diese bitteren Ereignissen aus einem rechtspolitischen Blickwinkel heraus interpretiert werden.
Die Analyse der schweren Fehler und der Ursachen, die zur gegenwärtigen Lage führten, kommt vor allen anderen selbstverständlich den sowjetischen Kommunisten zu, die mit einer Geschichte voller Heroismus das Beispiel des beschleunigten Aufbaus des Sozialismus geliefert haben, indem sie eine neue Gesellschaftsordnung errichtet haben, die sich von der des dominierenden Kapitalismus unterschied, und die an der Spitze der tapferen Völker der UdSSR die Menschheit von der Bedrohung des Faschismus befreiten. Dieser große multinationale Staat war nicht nur in der Lage, diese außerordentliche Prüfung zu bestehen, sondern er war auch fähig, das Land im Zeitraum von kaum 15 Jahren wiederaufzubauen, ein enormes industrielles Potential zu schaffen, eine beispielhafte solidarische und internationalistische Politik zu verfolgen und auf entscheidende Weise zur Schaffung einer Korrelation der Kräfte auf weltweiter Ebene zugunsten der nationalen Befreiungsbewegung und des Kampfes um gesellschaftliche Emanzipation beizutragen.
Der IV. Parteitag beharrt auf dem Standpunkt, den unsere Partei seit dem Beginn dieser Veränderungen in der UdSSR und in den sozialistischen Ländern Europas in bezug auf ihr Recht auf Selbstbestimmung vertrat.
Wir bringen gegenüber den Völkern der UdSSR, mit denen uns brüderliche Beziehungen verbinden, die sich im Laufe von drei Jahrzehnten herausgebildet haben, unsere Bereitschaft zum Ausdruck, auch unter den gegenwärtigen Bedingungen die Kontinuität der Beziehungen auf allen Gebieten und auf allen möglichen Ebenen zu fördern, auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt, wie er schon immer vorzuherrschen pflegte.
Die Völker der Dritten Welt, und unter ihnen in einer ganz besonderen Weise das Volk Kubas, erkennen die historische Rolle an, die die Sowjetunion bei der Verteidigung unserer gerechten Bestrebungen spielte, und bewahren gegenüber dieser Haltung eine unendliche Schuld der Dankbarkeit.
Die Ereignisse der letzten drei Jahre haben einer einpoligen Welt Raum gegeben, die ihren Ausdruck in der militärischen Hegemonie des nordamerikanischen Imperialismus findet.
Es hat sich eine neue Realität herausgebildet. Die sowjetischen Truppen begannen einen einseitigen Rückzug aus den Ländern Osteuropas, und der Warschauer Pakt löste sich auf, während die Organisation des Nordatlantik-Paktes und der Vereinigten Staaten, die NATO, unversehrt bestehen bleibt und fortfährt mit der Initiative der strategischen Verteidigung. All dies geschieht im Schoße von Theorien über ein vermeintliches Verschwinden des Klassenkampfes auf internationaler Ebene und die angebliche Entideologisierung der internationalen Beziehungen.
Zur Festigung dieser militärischen und politischen Einpoligkeit trug der Golfkrieg entscheidend bei, für den der schwere politische Fehler als Vorwand diente, den Irak beging, indem es seine Armeen in eine inakzeptable Invasion, Okkupation und Annexion Kuweits stürzte. Dieser Vorfall erleichterte die nordamerikanischen Bemühungen, sich mit ihren Kräften in dieser Region niederzulassen.
Dieses Unternehmen der Yankees, das vom nordamerikanischen Generalstab sorgfältig vorbereitet worden war und ihre militärische Anwesenheit in einer so lebenswichtigen Region sicherte, wurde von den Regierungskreisen der Vereinigten Staaten gründlich ausgenutzt, um eine sensationelle Demonstration der Stärke und der Überlegenheit auf dem Gebiet der Waffentechnologie mit dem Ziel vorzunehmen, die Welt einzuschüchtern.
Unterdessen setzt sich gegenwärtig in der Weltwirtschaft die Tendenz der Herausbildung von großen Blocks oder Wirtschaftssphären durch, die in sich selbst und in den Beziehungen, die sie untereinander unterhalten, die Hauptströmungen festlegen, die maßgebend sind für Handel, Investition, Kreditvergabe und die technologische Schöpfung. Die gegenwärtige Präsenz dieses Wirtschaftsblocks - einer von ihnen wird von den Vereinigten Staaten gebildet, ein anderer von den Ländern, die der Europäischen Gemeinschaft angehören, und der dritte von Japan und den Ländern, die sich im wirtschaftlichen Einflußbereich Japans befinden -, verdrängt die unterentwickelten Nationen immer mehr und besteht herrisch auf der Notwendigkeit einer Einheit und wirtschaftlichen Integration unter denselben, während sie auf der anderen Seite wachsende Widersprüchlichkeiten zwischen den drei Polen oder Länderblocks verursacht.
Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten bleibt weiterhin die wichtigste auf weltweiter Ebene, aber ihre tatsächliche Stärke ist weit davon entfernt, ihr zu erlauben, daß sie im wirtschaftlichen Wettkampf dieselbe hegemonische Stellung einnimmt, die dieses Land im militärischen Bereich innehat.
Nach einem langen Zeitraum der Expansion, der von Ende 1982 bis 1990 reichte, ist die nordamerikanische Wirtschaft in eine neue Phase der Rezession eingetreten, von der deutlich wird, daß sie tiefer ist, als ihre Regierung versichert. Aber abgesehen von den konjunkturellen Bewegungen, weist diese Wirtschaft strukturelle Probleme auf, die ihren Rückfall im Wettkampf mit den anderen, 'rivalisierenden Wirtschaftsblocks bewirken, wie es zum Beispiel das abfallende Niveau der Gewinnraten verdeutlicht, sowie das Anwachsen von Spekulation und Privatiers, die vom eigenen Vermögen leben, das niedrige Niveau der internen Spareinlagen, die allgemeine Verschuldung und das Handelsdefizit.
Zwischen den drei Blocks herrscht heute ein starker wirtschaftlicher Wettstreit, der sich unter anderem in solchen Phänomenen äußert wie dem wachsenden Eindringen von japanischem Kapital in den Vereinigten Staaten, dem nordamerikanischen Druck Japan gegenüber, damit dieses Land seine Wirtschaft öffnet, sowie der protektionistischen Landwirtschaftspolitik der Europäischen Gemeinschaft und dem nordamerikanischen Druck, um diese Politik abzuschaffen, damit die Überlegenheit ihrer landwirtschaftlichen Produkte die Oberhand gewinnt. Ein Hauptcharakterzug . Der gegenwärtigen Weltwirtschaft ist der Unterschied zwischen den entwickelten und den unterentwickelten Ländern, der sich jedesmal mehr vergrößert.
Mit einer größeren Intensität als je zuvor ist die Dritte Welt heute aufgrund der vorherrschenden ungerechten internationalen Wirtschaftsordnung der Gegenstand von Ausbeutung und Ausplünderung. Die Auslandsverschuldung, der ungleiche Austausch, der Protektionismus, die Instabilität der Zinssätze und Wechselkurse zwischen den verschiedenen Währungen, all dies sind Faktoren, die den Spalt vertiefen, der die eine Gruppe von Ländern von der anderen trennt.
Die Auslandsverschuldung der Dritten Welt, in der 4.000 Millionen Menschen leben, belief sich Ende 1990 auf 1 Billiarde 302 Milliarden 600 Millionen Dollar, dies verlangte im gleichen Jahr eine Zahlung von Zinsen, die auf eine Summe von 167 Milliarden 600 Millionen Dollar anstiegen. Für diese Gruppe von Ländern, in denen die Lebenserwartung im Durchschnitt kaum mehr als 50 Jahre beträgt, wo die Kindersterblichkeitsrate bei 76 je Tausend Lebendgeborenen liegt, wo 40 % der Bevölkerung Analphabeten sind, stellt die Auslandsverschuldung das unbarmherzigste Instrument der Ausplünderung und den Aufzwang von neoliberalen Politiken dar. Diese Verschuldung ist, wie der Genosse Fidel seit 1985 behauptet, untilgbar, und sie wirkt weiterhin und besonders in Lateinamerika als der Faktor, der einen sehr starken finanziellen Abfluß in die Industriestaaten bewirkt, das hat dazu geführt, daß sich diese Region in einen bloßen Exporteur von Kapital verwandelt hat, statt daß sie die finanziellen Mittel erhält, die sie benötigt.
In den unterentwickelten Ländern herrscht gegenwärtig die Anwendung einer neoliberalen Wirtschaftspolitik vor, die teilweise die Abhängigkeit dieser Länder verstärkt, aber auch die Verschärfung der Armut provoziert und damit die Möglichkeit gesellschaftlicher Auflehnung; all dies beweist nur die Unfähigkeit des Kapitalismus, die schwierigen Probleme der am meisten zurückgebliebenen Regionen des Planeten zu lösen.
Bei der Einschätzung der politischen Lage in Lateinamerika und der Karibik unterstreicht der IV. Parteitag die Wichtigkeit des Ersten Iberoamerikanischen Gipfeltreffens, das in Guadalajara stattfand. Dieses Treffen der Staatsoberhäupter stellte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Integration der Völker unseres Kontinents dar. Seine Durchführung ohne die Präsenz der Vereinigten Staaten zeigte deutlich unsere gemeinsame Identität und den Willen, gemeinsam den Weg zu dieser notwendigen Integration zu gehen, um eine tatsächliche Unabhängigkeit zu erreichen, die es uns gestattet, gegenwärtig und in Zukunft die Stellung einzunehmen, die uns gebührt.
Die Länder Lateinamerikas und der Karibik erfüllen, trotz der Schwierigkeiten, die sie durchleben müssen, die Voraussetzungen, um diese Einheitsinitiative in Angriff zu nehmen. Die Faktoren, die uns heute verbinden, wurden bereits vor Hundert Jahren von José Martí (1) in seinem berühmten Essay »Unser Amerika« zum Ausdruck gebracht. Die vorherrschende Sprache, die geschichtlichen Traditionen und die Kultur, die uns vereinen, und das Bestehen von gemeinsamen Problemen, die uns schaden, schaffen günstige Voraussetzungen für diese notwendige Einheit.
Es ist wahr, daß der Prozeß der Integration, der bereits im 19. Jahrhundert von Persönlichkeiten, die von Simón Bolivar (2) bis hin zu Jose Martí reichen, in Gang gebracht wurde, bis heute nur wenig vorangekommen ist. Aber diese Integration stellt den einzigen Ausweg dar, der den Völkern der Dritten Welt bleibt, und somit einen für unser Amerika unumgänglichen Weg, wenn es vorankommen will. Dafür macht es sich erforderlich, die Armut ihrer Konsumenten in einen wirklichen Binnenmarkt zu verwandeln. Dies kann nur mit Hilfe von Programmen zur gesellschaftlichen Entwicklung geschehen, so wie sie Kuba angewandt hat, wobei das nicht unbedingt bedeutet, daß dies zum Sozialismus führt, wie es in unserem Land gelungen ist.
Man muß, wie es in den letzten Jahren auch geschehen ist, mit Abkommen auf regionaler und noch niedrigerer Ebene beginnen, die sich in jedesmal breitere Wege für die wirtschaftliche Integration Lateinamerikas verwandeln können. Die bisher gesammelten Erfahrungen und mehr noch die noch immer ungenügend genutzten Potentialitäten beweisen die Existenz der Möglichkeiten und unterstreichen die Notwendigkeit der Integration.
Der IV. Parteitag bekräftigt den Willen unserers Landes zur Integration und Zusammenarbeit mit dem Rest Lateinamerikas und wiederholt die Haltung, die vom Comandante en Jefe in Guadalajara zum Ausdruck gebracht wurde, den Investitionen Lateinamerikas Vorzugsrechte zu gewähren, um diesen Prozeß zu fördern.
Wie Fidel Castro in seiner Botschaft an das Erste Iberoamerikanische Gipfeltreffen sagte, benötigen wir »die Bereitschaft, den Situationen, die unsere Völker belasten, mit der gemeinschaftlichen Anstrengung aller zu begegnen. Wenn wir in der Lage sind, damit zu beginnen, auf diese Anforderung zu antworten, indem wir vor allem den Kontakten, die wir hier anknüpfen, Kontinuität zu verleihen, dann haben wir das wichtigste Anliegen dieser Zusammenkunft erreicht«.
Auf dieser Haltung beruht die Politik, die Kuba gegenüber Lateinamerika und der Karibik verfolgt.
Außer den Bemühungen zugunsten der notwendigen kontinentalen Integration bestätigt der IV. Parteitag die Entschlossenheit der Kommunistischen Partei Kubas, weiterhin um die Einheit aller Länder der sogenannten Dritten Welt zu kämpfen. Die gegenwärtigen Umstände begründen die Notwendigkeit, daß die Organisationen, die die unterentwickelten Nationen repräsentieren, statt schwächer zu werden, stärker werden müssen, als sie heute sind.
Das ist der Fall bei der Bewegung der Nicht-Paktgebundenen Staaten, die im Jahre 1961 als Folge des Kampfes gegen den Imperialismus, den Kolonialismus und den Neokolonialismus gegründet wurde, und als Folge des Kampfes um Frieden, Unabhängigkeit und Entwicklung sowie angesichts der Integration von antagonistischen Militärblocks. Heute ist einer dieser Blocks verschwunden, aber es besteht weiterhin die imperialistische und neokolonialistische Politik, die die Souveränität unserer Völker begrenzt oder hintenanstellt, während sich die wirtschaftlichen Bedingungen der Ausbeutung und Unterdrückung der unterentwickelten Länder verschärfen, anstatt daß sie eine Lösung finden.
In der Erfüllung unserer internationalistischen Pflichten arbeiten die kubanischen Wissenschaftler,, Ärzte, Ingenieure, Agronomen, Lehrer und Forscher heute in 32 Ländern, indem sie die Technik und die Erfahrung Kubas ihren Brüdern in Afrika, Asien und Lateinamerika zur Verfügung stellen. Mehr als 2.000 Ärzte und medizinische Assistenten teilen sich die Verantwortung, die Gesundheit in der unterentwickelten Welt zu verbessern. Gleichzeitig haben Zehntausende von Studenten aus Afrika, Asien, dem Mittleren Osten und Lateinamerika mit dem Ziel ihrer Ausbildung die Schulen auf der Insel der Jugend oder andere kubanische technologische Institute und Universitäten absolviert oder lernen gegenwärtig an ihnen; und dies stellt für Kuba eine Pflicht revolutionärer Solidarität und eine wahre Befriedigung dar.
Der IV. Parteitag bringt seinen Stolz über die Beziehungen der Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas und Asiens zum Ausdruck, die von der Revolution gefördert wurden, und unterstreicht die Bereitschaft unseres Volkes, ihnen auch weiterhin im Kampf um Entwicklung und wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit zur Seite zu stehen.
Er beharrt auf dem unabänderlichen revolutionären, antiimperialistischen, solidarischen und internationalistischen Wesen unserer Außenpolitik und ihrer Orientierung auf den Respekt und die brüderliche Einheit mit der Volksrepublik China, der Sozialistischen Republik Vietnam und der Volksdemokratischen Republik Korea, die, ebenso wie Kuba, den Weg des sozialistischen Aufbaus gewählt haben.
Der Parteitag betrachtet die Politik, die die Revolution von Beginn an verfolgt hat, als richtig; diese Politik hat nicht nur Beziehungen zu den Ländern der Dritten Welt angestrebt, sondern auch dem Handel und der Zusammenarbeit mit kapitalistischen Industrieländern immer offen gegenübergestanden, und infolgedessen weiß er die Notwendigkeit zu schätzen, die Beziehungen unseres Landes mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und allen anderen Nationen dieses Kontinents auf der Basis von gegenseitigem Nutzen zu erweitern und zu vertiefen, ebenso die Beziehungen zu Kanada und Japan.
Kuba bekräftigt seine Bemühungen um Frieden: um einen echten Frieden, der für alle Staaten gleichermaßen gilt, ganz gleich, ob sie groß oder klein, schwach oder mächtig sind; Frieden für die ganze Welt; Frieden für unsere Region; Frieden für unser Volk.
Diese Bemühung steht im Einklang mit unserer Haltung gegenüber dem Abkommen zur Beschränkung der Atomwaffen und entgegen der Haltung derjenigen, die sich im Recht glauben, die Atombombe besitzen zu dürfen und uns mit ihr zu bedrohen, sie sogar in den Schiffen zu deponieren, die das besetzte Gebiet der Militärbase in Guantánamo (3) anlaufen, und Puerto Rico, das noch immer eine Kolonie ist, zu einer Atomwaffenbase machen. Wir weigern uns anzuerkennen, daß sie uns den Verzicht auf die Waffen abverlangen, mit denen sie prahlen und mit denen sie uns bedrohen. Der. IV. Parteitag stimmt aber trotzdem der Erklärung zu, daß Kuba im Hinblick auf die lateinamerikanische Einheit bereit ist, sich den Pflichten des Abkommens von Tlatelolco an dem Tag zu unterwerfen, an dem Lateinamerika dieses Abkommen einstimmig annimmt.
Der Parteitag bekundet einmal mehr die völlige Solidarität der kubanischen Kommunisten mit allen revolutionären, fortschrittlichen und demokratischen Kräften und mit allen Organisationen und Menschen, die irgendwo auf der Welt für Frieden, Unabhängigkeit und Souveränität der Nationen kämpfen, sowie mit allen, die für die Gleichheit aller Menschen eintreten, mit denen, die den Umweltschutz verfechten, und allen, die sich um eine gerechtere und würdigere Welt bemühen.
Der IV. Parteitag anerkennt und schätzt die Unterstützung sehr. hoch, die von zahlreichen Regierungen, nichtstaatlichen Organisationen, politischen Kräften der verschiedensten Richtungen, Persönlichkeiten, Gewerkschaften, gesellschaftlichen und volkstümlichen, christlichen und anderen Bewegungen kommt, die ihrer Solidarität mit Kuba unter diesen außergewöhnlichen Umständen unserer Geschichte Ausdruck verleihen.
Der Parteitag unterstreicht die glorreiche internationalistische Mission, die von unseren Kämpfern in Angola geleistet wurde und zu einem Verhandlungsprozeß führte, der erfolgreich mit Abkommen endete, die die Sicherheit dieses Landes garantierten, die Unabhängigkeit Namibias förderten und beitrugen zum Beginn eines Prozesses des Zerfalls des Systems der Apartheid. Dieser Prozeß stellte äußerst glaubwürdig die Bereitschaft Kubas unter Beweis, zu einer Lösung der regionalen Probleme mit Hilfe von Verhandlungen beizutragen und die ausgehandelten Kompromisse ehrlich einzuhalten.
Unsere Zusammenkunft bewies gleichermaßen die Berufung und den Kompromiß Kubas, sich im Rahmen des Systems der Vereinten Nationen und anderen internationalen Foren in konstruktiver Form an der Suche nach Lösungen für die globalen zeitgenössischen Probleme zu beteiligen, darin eingeschlossen sind die völlige Beseitigung des Kolonialismus, die Errichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung und die Anstrengungen um die . Lösung regionaler Konflikte und Streitigkeiten auf politischem Wege sowie die ständige Stärkung des Friedens.
Kuba wird sich weiterhin einsetzen für die Demokratisierung der Uno und dafür, daß ihre hauptsächlichsten Organe, besonders aber der Sicherheitsrat, der augenblicklich vom nordamerikanischen Imperialismus willkürlich manipuliert wird, im Interesse der Gemeinschaft der Mitglieder der Organisation handeln und auf der Grundlage von striktem Respekt gegenüber den Vorhaben und Prinzipien des Grundgesetzes von San Francisco die Sicherheit und die Rechte aller Länder garantieren.
Die gegenwärtigen internationalen Umstände haben ein neues Phänomen mit sich gebracht: den Versuch, im Weltmaßstab ein einziges politisches und soziales Modell durchzusetzen. Indem jede andere Wahl verneint wird, wird mit wachsender Starrsinnigkeit auf der Annahme eines Mehrparteien-Modells im politischen Umfeld bestanden, das begleitet wird von einer kapitalistischen Gestaltung nach neoliberalem Schnitt, umgetauft auf den Namen Freie Marktwirtschaft. Die Nichteinhaltung dieses Dogmas, dessen Einhaltung außerdem mit betonter Selektivität verlangt wird, bewirkt, daß man versucht, jedes beliebige unserer Länder zu verurteilen, zu diskriminieren und zu isolieren.
Unter den verschiedensten Vorwänden, völlig abwegig angesichts des internationalen Rechts, versucht man eine vorgetäuschte Uniformität zwischen den diversesten Staaten und Völkern, die die Gemeinschaft von Nationen bilden, gültig zu machen und eine neue Art von Beziehungen durchzusetzen, in denen die Prinzipien der Souveränität und der nationalen Unabhängigkeit verzerrt werden.
Der Parteitag der kubanischen Kommunisten bekräftigt, daß der Respekt gegenüber diesen Prinzipien und gegenüber dem Recht jedes Volkes, selbst festzulegen, welches das Modell der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklung seiner Wahl ist, unerschütterliche Grundlagen für den Aufbau internationaler Beziehungen darstellen müssen, besonders unter den gegenwärtigen Umständen, unter denen die Überlegenheit eines einzelnen Landes darauf Anspruch erhebt, diese Selbstbestimmung an Bedingungen zu binden.
Unser Parteitag wiederholt gleichermaßen die Überzeugung der Kommunistischen Partei Kubas, daß für die Erwerbstätigen und die Völker der unterentwickelten Länder die Suche nach Alternativen auf der Grundlage einer nicht dogmatischen Anwendung des Marxismus und des Leninismus - so wie sie entsprechend der Geschichte, der Eigentümlichkeit und des Entwicklungsstandes jedes einzelnen Landes und unter Berücksichtigung der internationalen Umstände, die das jeweilige Land durchlebt, konzipiert wurden - ihre Gültigkeit auch weiterhin beibehält.
Dies stellt die einzige Option dar, die ihnen objektiv ermöglichen könnte, mit dem Erbe der Zurückgebliebenheit, der Unterdrückung, der Ungleichheit und der Ausbeutung zu brechen und ein vollkommen demokratisches System aufzubauen.
Ebenso scharf weist der IV. Parteitag die verzerrten Auslegungen und die politischen Manipulationen zurück, die man den Ländern der Dritten Welt auf dem Feld der Menschenrechte mit deutlicher Diskriminierung aufzuzwingen versucht. Die gleichen wirtschaftlich dominierenden Mächte, die unseren Ländern den Zugang zu den elementarsten wirtschaftlichen und sozialen Rechten verweigern, erheben auch auf diesem heiklen Feld Anspruch auf die Durchsetzung ihrer Modelle und die unannehmbare Ïberwachung ihrer Befolgung.
Schließlich bestätigt der IV. Parteitag die unerschütterliche Haltung unserer Kommunistischen Partei bei der Verteidigung der völligen Unabhängigkeit und nationalen Souveränität Kubas.
Wir haben mehr als 30 Jahre lang heldenhaft den Aggressionen, der Blockade (4) und der Feindseligkeit der jeweiligen nordamerikanischen Administration standgehalten. Jetzt steigert sich die Aggressivität der Vereinigten Staaten, die Verschärfung der wirtschaftlichen Blockade paart sich mit dem ideologischen Krieg, es werden Anstrengungen unternommen, um eine interne kontrarevolutionäre Bewegung zu organisieren und sie mit den Gruppen, die im Ausland ansässig sind, zu vereinen, und Erpressungsversuche und Drohungen nehmen ebenso zu wie die Kampagne verzerrter Information, die darauf ausgerichtet ist, das Ansehen unseres Landes im Ausland zu schädigen, diejenigen, die willig sind, hier Handel und Investitionen zu tätigen, zu vertreiben und die internationale Solidarität mit unserem Anliegen zu demobilisieren. Unter diesen Umständen unterstreichen wir stärker denn je den festen und einstimmigen Willen der kubanischen Kommunisten, ihr Vaterland und die sozialistische Revolution um jeden Preis zu verteidigen, in der Überzeugung, daß damit der Entscheidung unseres gesamten Volkes genüge getan wird.
Im Laufe des letzten Jahrzehnts und ganz besonders nach der Auflösung des Sozialistischen Lagers haben die Maßnahmen seitens der gegenwärtigen nordamerikanischen Administration, die darauf abzielen, uns wirtschaftlich abzuwürgen, ein schwindelerregendes Niveau erreicht. Die virtuelle Billigung der Mack-Klausel durch den Kongreß der Vereinigten Staaten wird die Stärke der Blockade auf das Niveau vor 1975 zurückschrauben, indem erneut den Firmen mit nordamerikanischer Unterstellung in dritten Ländern jede Art von Handel mit Kuba verboten wird, dazu gesellt sich die Durchsetzung von neuen wirtschaftlichen Beschränkungen in Zusammenhang mit der kubanischen Gemeinde, die in den Vereinigten Staaten ansässig ist, und das Anwachsen des Drucks auf unsere Handelspartner, damit sie ihre Beziehungen zu Kuba abbrechen. Dies sind die neuesten Stichproben dieser Politik, die unserem Land in diesen drei Jahrzehnten Einbußen von mehr als 15 Milliarden Dollar verursacht hat.
Der Parteitag verlangt die Einstellung der kriminellen Blockade der Vereinigten Staaten gegen Kuba und die Zurückgabe des vom Yankee-Stützpunkt besetzten Gebietes in Guantánamo.
Gleichzeitig bekräftigen wir die Gültigkeit der Behauptung, die in unserem Programm aufgestellt wird, in dem Sinne daß wir »weiterhin bereit sind, die historischen Streitigkeiten im Rahmen der bilateralen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten auf der Grundlage des strikten Respekts unserer Unabhängigkeit und unserer Souveränität und der völligen Hochachtung der zwischen allen Staaten geltenden Gleichheit zu lösen«.
Die Welt hat sich gewandelt.
Heute fühlen sich die Feinde der Völker mächtiger als je zuvor. Aber die wahrhafte Kraft, die ein besseres Morgen durchsetzen wird und die es niemals niederzuwerfen gelingen wird, ist der Wille nach Unabhängigkeit, nach Freiheit und nach der Entwicklung der Völker. Es bleibt weiterhin die Pflicht eines jeden Revolutionärs, die Revolution durchzuführen, sie durchzuführen und sie zu verteidigen.
Unsere Partei, unsere Regierung und unser Volk werden weder den großen noch den kleinen einseitigen Zugeständnissen je in die Falle gehen, die, wie es die Geschichte beweist, immer unweigerlich zur Niederlage oder zur Übergabe an den Imperialismus führen. Als grundlegendstes Leitprinzip unserer Außenpolitik verweist der IV. Parteitag einmal mehr auf die Worte des Genossen Fidel: »wir werden uns niemals den imperialistischen Anforderungen und Erpressungen beugen. Wir verfolgen keine chauvinistischen Interessen. Wir betreiben keinen Handel mit unserer internationalen Politik. Wir sind bereit, der imperialistischen Blockade würdig und selbstlos so viele Jahre lang standzuhalten, wie es notwendig ist. Wenn andere nachgeben, wenn andere sich bestechen lassen, wenn andere Verrat begehen, Kuba wird das Beispiel einer Revolution, die nicht aufgibt, die sich nicht verkauft, die sich nicht auf die Knie zwingen läßt, aufrechtzuerhalten wissen«.
1) José Martí (1853-1895), kubanischer Nationalheld, Dichter, Schriftsteller, Politiker und wichtigster Führer des kubanischen Unabhängigkeitskrieges. Begründer der Ersten Revolutionären Partei Kubas im Jahre 1892, mit deren Hilfe er den »notwendigen Krieg« organisiert und den Kampf gegen Spanien 1985 wiederaufnimmt, wobei er im Verlaufe einer Schlacht fällt.
2) Simón Bolivar (1783-1830), venezolanischer Freiheitskämpfer, Schriftsteller, Statistiker und Politiker, wichtiger Führer der lateinamerikanischen Unabhängkeitskriege im 19. Jahrhundert. Nationalheld Venezuelas.
3) Seit 1898 bestehender, in Guantánamo befindlicher US-Marine-Stützpunkt, von dem häufig Provokationen ausgehen.
Die Regierung der Vereinigten Staaten zwang die Verfassung der Republik Kubas, den Stützpunkt anzuerkennen und indem sie sich auf die Platt-Klausel von 1903 beruft, garantiert sie sich das Recht, die Insel mit nordamerikanischen Truppen zu besetzen, falls sie ihre Interessen gefährdet sieht.
4) 1962 verhängten die USA eine völlige Wirtschaftsblockade gegen Kuba, der sich fast alle westlichen Staaten anschlossen und die auch heute noch besteht.
14.10.1991, Havanna
Quelle: IV. Parteitag der Kommunistischen Partei Cubas - Dokumente
Herausgeber: Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba