Dokumente aus Kuba
Dokumente, Regierungserklärungen, Reden und Reflektionen von Fidel Castro, Erklärungen des kubanischen Außenministeriums, Veröffentlichungen der Nationalversammlung, Berichte der kubanischen Regierung sowie Beiträge Kubas vor den Vereinten Nationen.
I. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (PCC), Dezember 1975
V. Die politisch-administrative Gliederung
Eine weitere Aufgabe von großer Bedeutung, die wir schon In den nächsten Monaten erfüllen müssen, ist die Einführung der neuen politisch-administrativen Gliederung des Landes. Abgesehen von einigen Veränderungen war die politisch-administrative Gliederung, die die Revolution, als sie 1959 an die Macht kam, vorfand, dieselbe, die 1878 vom spanischen Kolonialregime vorgenommen worden war. Diese Gliederung erfolgte willkürlich und entspricht nicht den geographischen, ökonomischen und sozialen Bedingungen des Landes. Die Insel wurde damals in 6 Provinzen, die noch bestehen, und 132 Gemeindeverbände aufgeteilt.
Nach der Volkszählung von 1877 wohnten in der Provinz Santiago de Cuba 16 Prozent und in der Provinz Matanzas 17 Prozent der Bevölkerung. Fast 100 Jahre später ergab die Volkszählung von 1970, daß bei gleicher politisch-administrativer Gliederung nach 6 Provinzen die Bevölkerung der Provinz Oriente sechsmal größer ist als die der Provinz Matanzas.
Die revolutionären Veränderungen vergrößerten auf der einen Seite die Rolle und die Stellung der Provinzen, die bis dahin einen mehr symbolischen als tatsächlichen Charakter hatten, führten dann aber ab 1963 zur Bildung von Kreisen als Glied zwischen den Provinzen und den Gemeindeverbänden, deren Zahl aus verschiedenen Gründen stark angestiegen war. Wenn zu Beginn der Revolution 6 Provinzen und 126 Gemeinden bestanden, so waren es 1973 bei Beibehaltung der ursprünglichen Provinzgrenzen bereits 58 Regionen und 407 Gemeindeverbände und Stadtbezirke. Zwischen der nationalen Leitung und der Basis gehörten demzufolge drei Zwischenglieder zur Leitungsstruktur: die Provinz, die Region und der Gemeindeverband oder der Stadtbezirk. Diese Erscheinungen führten zu einer weitreichenden Trennung zwischen den zentralen Stellen und der Industrie, der Landwirtschaft und den weiteren Zentren der Wirtschaft, den Ausbildungszentren oder anderen Dienstleistungen an der Basis. Dadurch wurden die Leitungstätigkeit, die Organisation und Kontrolle unserer Partei, der Staatsorgane und der Massenorganisationen erschwert. Mit dieser Struktur stieg auch der Bedarf an Kadern, Funktionären und Angestellten der Verwaltungen und Dienstleistungen stark an. An einem Beispiel sei das dargestellt: Von 200.000 Mitarbeitern der staatlichen Verwaltungen und ihrer Organe, die auf den verschiedenen Ebenen von der Regierung bis hin zur Gemeinde arbeiten, sind 38 Prozent in den Regionalverwaltungen und nur 16 Prozent in den Verwaltungen der Gemeindeverbände tätig.
Von der neuen Organisationsform erhoffen wir uns eine beträchtliche Einsparung an Kadern und Personal im allgemeinen.
Aber das Wesentliche ist, daß die jetzige politisch-administrative Aufteilung in keiner Weise den Erfordernissen unserer geplanten ökonomischen und sozialen Entwicklung, der weiteren Vervollkommnung der Institutionen des revolutionären Staates, die wir unverzüglich in Angriff nehmen werden, der höheren Qualität der politischen Aufgaben, die in dieser neuen Etappe unserer Partei und den anderen organisierten Kräften unseres Volkes zufallen, entspricht.
Es gibt überhaupt keine Einheitlichkeit im Hinblick auf die Bevölkerungszahl in unseren bestehenden Provinzen, Regionen und Gemeinden. Die gegenwärtigen Grenzen wurden außerdem gezogen, als noch keine genauen und umfassenden Untersuchungen vorlagen. Diese waren erforderlich, um auf wissenschaftlicher Grundlage eine richtige politisch-administrative Gliederung des Landes vorzunehmen, die den geographischen Bedingungen des Landes, der Verteilung der Bevölkerung, der Wirtschaft und ihrer Entwicklung, den Traditionen und Bindungen zwischen den verschiedenen Orten, dem bestehenden und dem projektierten Straßennetz, der Fluktuation und anderen wichtigen Faktoren Rechnung trägt.
Mehrere Jahre hindurch wurde eine recht umfassende Untersuchung dieser Probleme vorgenommen. Teilstück der Arbeit ist die Konstituierung der Organe der Volksmacht in der Provinz Matanzas, mit der wertvolle Erfahrungen gesammelt wurden.
Diese Untersuchung berücksichtigte die wachsenden Aufgaben und Befugnisse, die im Ergebnis der Bildung der Organe der Volksmacht den Provinzen übertragen werden, sowie die Stärkung der Autorität und die ökonomische Bedeutung der Gemeindeverbände, die mit der Leitung Tausender Betriebe beauftragt werden, die bisher von den zentralen staatlichen Organen verwaltet wurden.
Die Untersuchung weist auf die Notwendigkeit hin, den neuen territorialen Leitungen, in Übereinstimmung mit dem Leitungssystem der Wirtschaft - das ein entsprechendes Verhältnis zwischen Zentralisation und Dezentralisation in den Entscheidungen, die Mitarbeit der Massen an der Leitung und die wirksamste Organisation der Wirtschaft fordert -, die entsprechenden Befugnisse zur Erleichterung der Planung und Leitung ihrer Arbeit auf ökonomischem und sozialem Gebiet zu erteilen.
Auf diese Art und Weise gelangte man zu drei grundlegenden Schlußfolgerungen:
1. Es ist möglich und ratsam, unsere Struktur der politisch-administrativen Leitung durch den Fortfall der Regionalverwaltungen zu vereinfachen.
2. Es ist notwendig, entsprechend den vorher angeführten Argumenten eine größere Zahl von Provinzen zu schaffen.
3. Es ist ebenfalls unumgänglich, die Zahl der Gemeindeverbände beträchtlich zu reduzieren. Dabei gilt als Kriterium die relative Einheitlichkeit in bezug auf Größe, Bevölkerung, Produktion, Dienstleistungen, Verkehrsverbindungen und andere Aspekte.
Als Ergebnis dieser Arbeit liegt ein Projekt der politisch-administrativen Gliederung in 14Provinzen vor: Pinar del Río, La Habana, Stadt La Habana, Matanzas, Villa Clara, Cienfuegos, Sancti Spíritus, Ciego de Avila, Camagüey, Las Tunas, Holguín, Granma, Santiago de Cuba und Guantánamo.
Die Insel Isla de Pinos wird Gemeindeverband bleiben, der direkt unter der Leitung der zentralen Staatsorgane steht. In diesen Provinzen wird es 169 Großgemeinden geben, die mit ihren genauen Grenzen in den ersten Monaten des nächsten Jahres gebildet werden, um die notwendigen Voraussetzungen für die Wahlkreise zu schaffen, die die Delegierten zu den Gemeindeversammlungen der Volksmacht im Monat Oktober 1976 wählen.
Wir sind davon überzeugt, daß unser Land und unsere Revolution mit der Annahme dieser neuen territorialen Gliederung einen wesentlichen Schritt zu besseren Organisations- und Leitungsformen tun werden.
So eine Maßnahme trifft natürlich weitgehend die Gefühle und Gewohnheiten, die in unserem Volk tief verwurzelt sind. Es war selbst für uns nicht leicht, dem Gedanken zur Aufteilung einiger unserer Provinzen zuzustimmen, und es wird auch nicht einfach sein, daß einige von uns sich nicht mehr als Leute aus Oriente bezeichnen können. Andererseits werden viele bedeutende Städte und Kreise des Landes wie Cienfuegos, Sancti Spiritus, Ciego de Avila, Las Tunas, Holguín, Bayamo, zusammen mit Manzanillo, unter der Bezeichnung Granma und Guantánamo zu Provinzen, und das ganze Land kann so besser verwaltet werden. Wir sind davon überzeugt: Anstatt uns voneinander zu trennen, schließen wir uns jeden Tag enger zusammen.
Mögen sich die revolutionären Traditionen der Menschen aus Oriente, Camagüey, Las Villas, Matanzas, La Habana, Isla de Pinos und Pinar del Río in dieser neuen Etappe verstärken und vervielfachen! Mögen sich unter den neugebildeten Provinzen und ihren staatlichen Leitern feste und unverbrüchliche Bande der Brüderlichkeit, Zusammenarbeit, Hilfe und des brüderlichen Wettbewerbs entwickeln! Mögen alle Organe und Kader unserer Partei, der Massenorganisationen und des Staates sich mit wahrer Liebe und revolutionärer Leidenschaft den großen Anstrengungen widmen, die der Schritt zur Schaffung der neuen Struktur der politischen und administrativen Leitung erfordert, den wir gleichzeitig mit anderen Aufgaben von nicht geringerer Bedeutung in Angriff nehmen müssen!
Quelle: I. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas - Materialien
Dietzverlag Berlin 1976