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Ungebetener US-Besucher
Kubanisches Außenministerium kritisiert Ankunft von Jagd-U-Boot in okkupierter Bucht Guantánamo.
Washington weckt in Kuba Erinnerungen an die Kanonenbootpolitik des 20. Jahrhunderts. Einen Tag nachdem vier Schiffe der russischen Marine auf Einladung zu einem Freundschaftsbesuch in den Hafen von Havanna eingelaufen waren, schickte das Südkommando der US-Streitkräfte ihr atomgetriebenes Jagd-U-Boot »USS Helena« in die Bucht von Guantánamo. Das kubanische Außenministerium (Minrex) protestierte prompt. Es gefällt uns nicht, »dass sich ein solches Schiff auf unserem Territorium aufhält und sich durch unsere Hoheitsgewässer bewegt, zumal es einer Macht gehört, die eine offen feindselige Politik gegenüber Kuba betreibt«, wies der stellvertretende Außenminister Carlos Fernández de Cossío die Provokation am Freitag (Ortszeit) zurück. Zur russischen Flotte, die Kuba an diesem Montag mit Kurs auf Venezuela wieder verlassen will, gehören die Fregatte Gorschkow, das Atom-U-Boot Kazan, das Tankschiff Paschin und der Bergungsschlepper Nikolai Tschiker.
Der Diplomat erinnerte daran, dass die USA das Gelände des Marinestützpunktes Guantanamo illegal und gegen den Willen des kubanischen Volkes besetzt halten. Entgegen der ursprünglichen Pachtverträge nutzt Washington das fremde Territorium in bester Kolonialherrenmanier seit Jahrzehnten auch als Lager zur Folterung von Gefangenen. »Es handelt sich um eine unrechtmäßige militärische Besetzung, und das ist der Unterschied«, so das Außenministerium. Fernández de Cossío erklärte zwar, dass Havanna gemäß den seit Jahren geltenden Verfahren im voraus über die Ankunft der »USS Helena« informiert worden war, wies jedoch darauf hin, dass Besuchen von Marineschiffen in anderen Ländern normalerweise eine Einladung vorausgehe. Dies sei gegenüber dem nicht willkommenen US-Kriegsschiff nicht der Fall gewesen.
Das US-Südkommando (Southern Command) erklärte demgegenüber, ihr U-Boot sei »im Rahmen eines routinemäßigen Hafenbesuchs« in Kuba, »während es das geographische Zuständigkeitsgebiet des Südkommandos durchquert und dabei seine globale maritime Sicherheits- und nationale Verteidigungsmission durchführt«. Zuvor hatte die US-Marine zur Überwachung des russischen Flottenverbandes in der Region drei Zerstörer, ein Schiff der Küstenwache und ein Überwachungsflugzeug eingesetzt. So etwas lässt auf der Insel ungute Erinnerungen aufleben. Bis zum Sieg der kubanischen Revolution im Jahr 1959 ankerten immer wieder US-Kriegsschiffe im Hafen der Hauptstadt, um nicht genehme Regierungen abzusetzen oder politische Entscheidungen zugunsten Washingtons zu erzwingen. Der derzeitige gleichzeitige Aufenthalt russischer und US-amerikanischer Kriegsschiffe in Kuba erinnere auch »an die alten Spannungen des Kalten Krieges und die angespannten Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Ländern wegen des Ukraine-Krieges«, kommentierte die Agentur Reuters am Sonnabend.
Im Gegensatz zum ungebetenen Besucher aus den USA waren die auf Einladung Kubas am 12. Juni in Havanna eingelaufenen Schiffe aus Russland mit 21 Salven willkommen geheißen worden. Der Besuch sei ein Ausdruck der historischen Freundschaft zwischen den beiden Ländern, erklärte die kubanische Regierung. Ebenfalls willkommen in Kuba ist das am Freitag in Havanna angekommene Patrouillenschiff »Margaret Brooke« der kanadischen Marine. Eine Visite, die laut dem kanadischen Streitkräftekommando als »Teil der langjährigen Zusammenarbeit und (…) in Anerkennung der langjährigen bilateralen Beziehungen zwischen Kanada und Kuba« erfolgt. Am Sonnabend traf außerdem das Segelschulschiff »Simón Bolívar« der venezolanischen Marine in Santiago de Cuba ein.
Während westliche Medien die Besuche dieser Marineschiffe kaum beachteten, wurde der Aufenthalt des russischen Verbandes einschlägig kommentiert. Schließlich hatten die USA und andere NATO-Staaten nur wenige Tage zuvor der Ukraine die Erlaubnis zum Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele auf russischem Gebiet gegeben. »Darum macht Putins gefährlichstes U-Boot die USA nervös«, verkehrte der Stern in seiner Onlineausgabe Ursache und Wirkung und kommentierte, damit sei »Russland wieder zu einer echten Bedrohung auf den Weltmeeren geworden«.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 17.06.2024