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»Die Jugend lässt sich nicht unterkriegen«

Deutsche Jugendbrigade zu Solidaritätsbesuch in Kuba. Ein Gespräch mit Luisa Mayer und Ari Alba Marquez.

Jugendliche in Havanna
Manifestation zum Tag der Arbeit in Havanna (5.5.2023)
Foto: Ivett Polyak-Bar Am


Sie sind als Mitglieder der Jugendbrigade 2024 derzeit in Kuba. Die Brigade wird veranstaltet von Cuba Sí, dem Studierendenverband Die Linke.SDS und der Berliner Linksjugend. Wie kam es dazu?

Luisa Mayer: Sie nahm ihren Anfang mit einem Treffen kubanischer Genossen der Unión de Jóvenes Comunistas, UJC, der Federación Estudiantil Universitaria, FEU, und uns in Berlin. Wir wollen aktiver werden in der Kuba-Solidarität, gerade im Kampf gegen den Wirtschaftskrieg der USA.

Was sind Ihre ersten Eindrücke Ihres Kuba-Aufenthalts?

Ari Alba Marquez: Wir sind bewegt, wie die Kubaner für den Aufbau des Landes kämpfen. Sie schenken uns viel Vertrauen, indem sie uns Einblicke in ihre Realität geben. Wir wollen von- und miteinander lernen. Zunehmend sehen wir die Unterschiede zwischen dem kubanischen und dem deutschen Gesellschaftssystem. Vieles, was für Kubaner selbstverständlich ist, ist für uns ganz weit weg. In einer Familienarztpraxis lernten wir, dass das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche hier schon seit 1965 gilt. Ihr Gesundheitssystem ist ausgelegt auf Prävention statt nur symptomatische Behandlung. Doch trotz aller Mühen hemmt der Wirtschaftskrieg diese positiven Entwicklungen.

Wie ist die ökonomische Lage auf der Insel und wie wird das in der Brigade thematisiert?

L.?M.: Die Lage ist sehr angespannt. Die jahrzehntelange Blockade wurde verschärft, als die US-Regierung unter Trump Kuba wieder in die Liste der »State Sponsors of Terrorism« aufnahm (derzeit befinden sich Kuba, die DVRK, Syrien und Iran auf der US-Liste der »Staatlichen Förderer des Terrorismus«, jW). Wegen Corona fehlen Deviseneinnahmen aus dem Tourismus. Die globale Inflation wirkt auf solch ein kleines Land stärker. An jeder Station wird das thematisiert. Wir merken es besonders bei Einsätzen in der Landwirtschaft. Immer wieder fehlt Diesel. Sichere Stromquellen und mehr Unabhängigkeit von Importen fossiler Energieträger sind elementar. Darum setzt Kuba zunehmend auf Solarenergie.

Welche wissenschaftspolitischen Impulse nehmen Sie aus Kuba mit?

A.?A.?M.: Das Studium ist hier vollfinanziert. Es gibt günstige Plätze in Studierendenwohnheimen und dort drei kostenlose Mahlzeiten am Tag. Lehrbücher sind für die Studierenden kostenfrei. In Deutschland verschulden sich immer mehr Studenten mit BAföG oder KfW-Krediten. In Kuba hingegen dienen sie nach dem Abschluss zwei Jahre der Gemeinschaft dort, wo man sie benötigt. Zwanzig Prozent der Studienzeit kann für politische Arbeit genutzt werden, beispielsweise in der FEU. Es gibt an den Unis viel mehr Mitbestimmung, Austausch zwischen den Statusgruppen in den Gremien und studentischen Einfluss auf Lehrveranstaltungen.

Was kann die linke Jugend in Deutschland von der kubanischen lernen?

L.?M.: Die kubanische Jugend ist sich der Bedeutung ihrer Tätigkeit bewusst und nimmt sie sehr ernst. Kinder ab fünf Jahren sind schon in demokratische Prozesse involviert. Schüler aller Klassenstufen sind organisiert in der UJC, fast alle Studierenden sind in der FEU. Die Jugend ist sehr stark organisiert und lässt sich nicht unterkriegen. Wir müssten die Demokratisierung aller Lebensbereiche, unserer Betriebe, Schulen, Unis, viel stärker einfordern! Wie in Kuba.

Und wie können deutsche Jugendorganisationen die kubanischen am besten unterstützen?

A.?A.?M.: Es bedeutet den Kubanern viel, dass Solidaritätsbewegungen weltweit den Wirtschaftskrieg, den Terror der USA und die Lage in Kuba thematisieren. Gerade für die Jugend ist das wichtig, da viele wegen der zugespitzten Lage das Land verlassen. Dass andere junge Leute für Kuba kämpfen, gibt den Genossen vor Ort viel Mut und Kraft. Kuba zeigt, dass eine andere Welt möglich ist - die Kubaner erbauen sie bereits. Es ist wichtig, sich mit dieser Realität vertraut zu machen. Aber vor allem unterstützen wir Kuba, indem wir bei uns Politik vom Klassenstandpunkt aus machen. Damit es Sozialismus nicht nur in Kuba, sondern bald auch in Deutschland und weltweit gibt.

Luisa Mayer (l.) ist Landesgeschäftsführerin des Berliner Landesverbands der Linksjugend »Solid«. Ari Alba Marquez ist Mitglied im Bundesvorstand des Studierendenverbands Die Linke.SDS.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Milan Nowak
junge Welt, 30.04.2024