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USA fördern Exodus aus Kuba
Migrationsdialog: Havanna fordert Sanktionserlass, um Massenabwanderung zu stoppen.
Vertreter Kubas und der USA haben am Dienstag in Washington die Migrationsgespräche zwischen beiden Ländern fortgesetzt. Bei dem mittlerweile fünften Treffen seit Amtsantritt von US-Präsident Joseph Biden, dessen Regierung den unter Donald Trump abgebrochenen Dialog wiederaufgenommen hatte, ging es vor allem um die Überprüfung mehrerer bilateraler Abkommen zu dem Thema. Das gemeinsame Ziel bestehe darin, »eine sichere, geordnete und humane Migration zwischen den USA und Kuba zu fördern«, betonten beide Seiten übereinstimmend. Der US-amerikanische Außenamtssprecher Matthew Miller fügte im Vorfeld hinzu, dies stehe »mit unserem Interesse an der Förderung der Familienzusammenführung und der stärkeren Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Kuba in Einklang«.
Die Gesprächsrunde fand zu einer Zeit statt, in der die USA mit einer zunehmenden Zahl von Kubanern konfrontiert sind, die über Mexiko ins Land gelangen wollen. Auf einer Pressekonferenz am Vortag des Treffens hatte die stellvertretende Generaldirektorin für die Vereinigten Staaten im kubanischen Außenministerium, Johana Tablada, erklärt, Havanna sei sich bewusst, dass die Migration ein zentrales Thema bei den US-Präsidentschaftswahlen im November sein werde. In der größten Auswanderungswelle in der Geschichte der Insel hätten allein in den vergangenen Jahren zwischen 500.000 und 600.000 Kubaner das Land verlassen, vor allem in Richtung USA. Das staatliche US-Portal Martí Noticias bestätigte am Dienstag, dass »im Februar« knapp 21.000 weitere Personen aus Kuba eingewandert seien. Dabei, so erklärte Tablada, könne die »Grenzkrise« mit »wenigen Maßnahmen«, gelöst werden, zum Beispiel durch Aufhebung der unter Trumps Regierung verhängten zusätzlichen Sanktionen, die den Exodus gefördert hätten. Nach Einschätzung der Diplomatin haben im vergangenen Jahr vom Weißen Haus eingeführte Maßnahmen wie zum Beispiel die Vergabe von mehr Visa »die grundlegenden Ursachen« der Krise nicht beseitigt. »Im Gegenteil, wir stellen fest, dass sich der allmähliche Anstieg der irregulären Migrationsströme in den letzten Monaten fortgesetzt hat«, sagte sie.
Kubas stellvertretender Außenminister Carlos Fernández de Cossío wies als Leiter der Delegation in Washington darauf hin, dass die negativen Auswirkungen der US-Blockade und ihrer extremen Verschärfung seit 2019 auf die sozioökonomischen Bedingungen der kubanischen Bevölkerung nach wie vor einen entscheidenden Anreiz für die Ausreise darstellten. Wenn die USA den Andrang von Kubanern an ihrer Südgrenze wirklich reduzieren wollten, könnten sie die Insel auch sofort von der US-Liste der Länder streichen, die den Terrorismus unterstützen, auf der sie seit 2021 steht, und die politisch motivierte Vorzugsbehandlung von illegal in das Hoheitsgebiet der USA eingereisten Kubanern beenden. Routinemäßig würde das nächste Treffen im November in Havanna stattfinden. Es gilt als unwahrscheinlich, dass bis dahin nennenswerte Fortschritte zur Einstellung der US-Sanktionen erzielt werden.
Die Beendigung der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die Aufhebung von 243 unter Donald Trump zusätzlich verhängten Sanktionen sowie die Streichung der Insel von der Liste der Länder, die angeblich den Terrorismus sponsern, sind deshalb wieder zentrale Forderungen der diesjährigen Kundgebungen am 1. Mai. Aufgrund der derzeitigen Einschränkungen – etwa bei der Versorgung mit Treibstoff – wird es die traditionelle Parade auf der Plaza de la Revolución in Havanna jedoch erneut nicht geben, wie der Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbandes CTC, Ulises Guilarte, am Sonntag mitteilte. Statt dessen soll es eine politische Kundgebung auf der nach dem Nationalhelden benannten Antiimperialistischen Tribüne José Martí an der Uferstraße Malecón der Hauptstadt geben. Schon im vergangenen Jahr waren die Feierlichkeiten zum 1. Mai aufgrund der Treibstoffkrise in kleinerem Maßstab erfolgt.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 18.04.2024