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»Sonne hat der Inselstaat genug, ihm fehlt aber Geld«

Mit Spenden werden Solarkraftwerke für medizinische Anlagen auf Kuba finanziert. Ein Gespräch mit Lothar Reininger.

Eine neue gespendete Solaranlage auf einem Dach in Havanna klingt nach einem eher kleinen Erfolg. Warum wird das jetzt am Freitag mit einem Fest im Gewerkschaftshaus in Frankfurt am Main gefeiert?

Wir haben bereits drei Anlagen geliefert, die in Havanna auf Industriedächern installiert sind und deren Energie direkt in das Gesundheitswesen eingespeist wird. Alle zusammen erzeugen 340.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr, und zwar direkt an der Stelle, wo er verbraucht wird. Wir haben diese Photovoltaikanlagen direkt für den jeweiligen Produktionsstandort geliefert. Die Industrieanlagen betreiben Forschung zu Medikamenten gegen Corona sowie gegen die Tropenkrankheit Denguefieber.

Wie sind Sie darauf gekommen, Kuba auf diese Weise zu unterstützen?

Die Idee hatten wir im August 2021, die erste Solaranlage wurde im April 2022 ans Netz angeschlossen, 2024 folgte die dritte. Wir haben sogar ein schnelleres Tempo vorgelegt, als es in Deutschland möglich gewesen wäre. Die Versorgung mit Medikamenten kann nachhaltig und weniger kostenintensiv sichergestellt werden. Auch Exporterlöse für die sozialistische Wirtschaft der Karibikinsel können erzielt werden. Diese drei Anlagen sparen bis zu 170.000 Liter Diesel zur Verstromung pro Jahr ein, die Kuba ansonsten teuer auf dem Weltmarkt kaufen müsste.

Wieviel Geld hat die Regierung dadurch zur Verfügung für andere Ausgaben?

Kuba hat bis zu 100.000 Euro Ersparnis pro Jahr, die das Land etwa für den Verkehrsausbau oder die Ernährung der Bevölkerung ausgeben kann.

Was hindert die kubanische Regierung daran, aus eigener Kraft mehr Solaranlagen auf Dächern zu montieren?

Teils veraltete Öl- und Dieselkraftwerke sind nicht mehr in Betrieb. Kuba hat einen Plan, immer mehr Strom durch Sonnenenergie und Windkraft zu erzeugen. Bis 2030 sollen 1.000 Megawattstunden Strom durch Solartechnik erzeugt werden. Sonne hat der Inselstaat genug, ihm fehlt aber Geld. Donald Trump verschärfte in seiner Amtszeit als US-Präsident die Wirtschaftsblockade. Der von Kuba bereits eingeplante Tourismus aus den USA fiel somit flach. Der aktuelle US-Präsident Joseph Biden nahm Maßnahmen kaum zurück.

Es bleibt schwierig, Produkte nach Kuba zu liefern: Bei unserem ersten Container mit Solartechnik 2021 gab es am Tag der Abfahrt in Bremerhaven Untersuchungen, ob etwa durch das USA-Embargo untersagte Produkte dabei waren. Der Container verpasste das Schiff. 4.300 Euro unserer Spendengelder gingen so verloren. Die BRD stimmte bei den Vereinten Nationen zwar gegen deren Embargopolitik, führt aber in der Praxis Kontrollen nach den Richtlinien der USA durch. Washington hindert so Firmen, mit Kuba zusammenzuarbeiten, da diese fürchten, Strafzölle zahlen zu müssen.

Und wer kümmert sich um die Wartung der Anlagen?

Kubanische Techniker sind hervorragend ausgebildet. Sie überwachen diese Schaltanlagen permanent, die für Kuba durchaus von relevanter Größe sind.

Wie geht es für Ihre Organisation nach dem Fest weiter?

Abgesehen von den Kosten, die uns der deutsche Zoll aufgebürdet hat, haben wir es geschafft, im finanziellen Rahmen zu bleiben: 100 Prozent der Spenden sind in die Anlagen geflossen. Alle Nebenkosten wurden privat getragen. Vor dem Hintergrund des Embargos und all den damit verbundenen Schwierigkeiten feiern wir daher ein Solidaritätsfest.

Wir sammeln Geld für ein viertes Projekt. Weil Kuba über die Spendengelder in Höhe von rund 200.000 Euro hinaus einen Bedarf an Investoren hat, die sich am Projekt beteiligen, kooperiert Interred mit dem sozialistisch ausgerichteten Verein »Leben und Arbeiten in Gallus und Griesheim«, LAGG. Der half bereits, zwei weitere Photovoltaikanlagen auf Dächern von medizinischen Einrichtungen auf Kuba zu installieren und will sich auch weiterhin beteiligen.

Lothar Reininger ist stellvertretender Vorsitzender des Netzwerkes Interred Cooperción e. V. und Projektverantwortlicher für die Solaranlagen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Gitta Düperthal
junge Welt, 11.04.2024