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»Kompendium mit allen Auswirkungen der Blockade«

Tribunal und Urteil liefern Handreichung für Kubas Kampf gegen US-Strafmaßnehmen. Ein Gespräch mit Yaira Jiménez Roig.

Sie sind kubanische Botschafterin in Brüssel und daher auch mit der Vorbereitung des Internationalen Tribunals gegen die US-Blockade Kubas befasst gewesen, nehme ich an?

Tatsächlich ist es so, dass das Tribunal auf Initiative von Solidaritätsvereinigungen, Vereinigungen von Rechtsanwälten und vielen verschiedenen Freunden Kubas in der Welt seit 2021 vorbereitet wurde. Ich kann mich noch daran erinnern, dass damals die Idee aufkam, es in Europa stattfinden zu lassen. Denn die Blockade der USA hat einen deutlichen extraterritorialen Effekt, vor allem auf die europäische Bevölkerung. Und daher war es unserer Meinung nach sehr wichtig, dass man das hier in Brüssel im Herzen Europas macht, wo sich die Sitze der verschiedenen europäischen Organisationen befinden und eben auch das EU-Parlament. Es ist natürlich sicher richtig, dass in diesem Haus Abstimmungen oder Resolutionen gegen Kuba angenommen worden sind. Aber es gibt auch sehr viele aufrichtige und respektvolle Menschen, die dem kubanischen Prozess verbunden sind oder ihn begleiten. Und wir konnten die Möglichkeiten der EU-Parlamentarier – vor allem der linken Fraktion – nutzen, um das Tribunal als strategische Initiative zu begreifen und damit dem Ganzen eine noch größere Bedeutung zu verleihen. Gleichzeitig war es eine Herausforderung.

Worin bestand diese genau?

Die Herausforderung bestand darin, dass wir relevante Zeugnisse und Zeugenaussagen von unterschiedlichen Bürgern und nicht nur von Solidaritätsorganisationen hinsichtlich der Auswirkungen der Blockade brauchten. Also schon der Blick auf die Blockade, aber aus europäischer Sicht. Offen war auch die Frage, wie man die USA einbinden wollte, wie man da eine Wirkung erzielen könnte. Deswegen haben wir die Idee auch mit Freunden aus den USA besprochen und sie eingebunden. Eine andere Herausforderung war, dass man diese Initiative eben auch als juristische Übung verstehen wollte. Und deshalb gab es Arbeit an sehr vielen Details, die notwendig waren. Wir mussten Juristen, Rechtsanwälte, Experten juristischer Fragen beschäftigen, die uns bei der juristischen Vorbereitung unterstützt haben.

Was ist der Zweck eines solchen Tribunals?

Es ist natürlich ein symbolisches Tribunal, was ein nicht bindendes Urteil ausgesprochen hat. Aber es ist von sehr hohem moralischem Wert und meiner Ansicht nach eine außerordentliche Übung, die darauf ausgerichtet ist, sozusagen ein Kompendium zu erschaffen mit allen Auswirkungen der Blockade. Die sind eben auch in vielerlei Hinsicht direkt mit dem täglichen Leben von Menschen, die hier in Europa sind, verbunden. Wir haben Beispiele, die direkt aus dem Leben gegriffen sind, zum Beispiel hinsichtlich der Bankenfrage. Wir haben Unternehmer, die konkret sagen, welche Auswirkungen die Blockade auf ihre Unternehmen hat.

Wie ist die Haltung Belgiens in dieser Frage?

Als 1996 Helms Burton (Verschärfung des Blockadegesetzes, jW) in den USA eingeführt wurde, hat die Europäische Union eine Resolution angenommen, die für ganz Europa gilt. Die nennen wir Blockadestatut oder -satzung. Und da geht es eben genau darum, dass gegen einseitig ausgeführte Zwangsmaßnahmen gegen diese Länder ein Schutz eingerichtet wird. Durch diese Resolution sollen also sowohl die Unternehmen als auch die einzelnen Bürger vor der extraterritorialen Anwendung oder den Auswirkungen geschützt werden. Diese Blockadesatzung sagt, dass jeder einzelne Staat der EU das auch umsetzen muss in nationales Recht. Das wurde in zahlreichen Mitgliedstaaten der EU gemacht, auch in Belgien. Hier gibt es eine nationale Gesetzgebung, die, wenn sie angewendet und erfüllt würde, belgische Unternehmen vor der Anwendung der extraterritorialen Maßnahmen schützen würde. Aber das geschieht nicht immer. Bedauerlicherweise schädigen diese Maßnahmen weiterhin die europäische Bevölkerung, die Unternehmen und Banken.

Jetzt haben Sie das Urteil des Tribunals im Rücken für den weiteren Kampf gegen die US-Blockade …

Ja, jemand hat von einer Route gesprochen. Das Urteil muss nun überall verbreitet werden – man muss es allen Politikern schicken, allen Regierungen. Es gibt darin Argumente, über die man nicht diskutieren kann, sie sind einfach gegeben. Es ist also ein sehr nachhaltiger Beleg, und das Tribunal hört hier nicht auf. Es hat ein langes Leben vor sich, in dem Maße, wie wir in der Lage sind, dieses Ergebnis an die unterschiedlichsten Stellen und Orte innerhalb und außerhalb Europas zu transportieren.

Yaira Jiménez Roig ist Botschafterin der Republik Kuba in Belgien.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Ina Sembdner
junge Welt, 24.11.2023