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Nazischreck in Havanna

Kuba: Bei Halloween-Feier gewinnt Mann in faschistischer Uniform Kostümwettbewerb. Kulturzentrum vorläufig geschlossen, Untersuchung läuft.

Nazischreck in Havanna
Im Internet verbreitete Aufnahmen sollen den Mann zeigen, der am Sonnabend auf der Bühne im Zentrum »Máxmin Rock« den Hitlergruß zeigte
Foto: Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=HikeO0TuMlQ


Faschistische Provokateure fühlen sich offenbar auch im Herzen Kubas sicher. In der Hauptstadt des sozialistischen Karibikstaates ist am Wochenende ein junger Mann in Naziuniform zum Gewinner eines Kostümwettbewerbs gekürt worden, was umgehend große Empörung in der Bevölkerung auslöste – und zur Schließung des Veranstaltungsortes führte. Damit reagierte das Kubanische Institut für Musik auf den Vorfall im Rahmen der Halloween-Feier am Sonnabend im Kulturzentrum »Máxim Rock«.

Der konterrevolutionäre Sender America Te Ve Miami hat am Montag auf Youtube einen Bericht veröffentlicht und gibt darin ein Internetvideo wieder, das die Siegerkür zeigen soll. Als Quelle wird eine Nutzerin einer »offiziellen Facebook-Gruppe« angegeben. Das Portal Cuba Debate hatte die Frau in einem Bericht vom Sonntag zitiert: »Letztes Jahr sahen wir den Ku-Klux-KIan auf den Straßen von Havanna; jetzt tanzt und regiert Adolf Hitler im Máxim Rock. Es ist an der Zeit, unserer Jugend wieder Werte zu vermitteln.« In dem vom Sender verbreiteten Video ist der Moderator des Kostümballs zu sehen, wie er auf der Bühne das Publikum um Applaus für die neben ihm aufgereihten Finalisten bittet. In der Mitte: ein junger Mann mit seitlich geschorenem Kopf und zu einem Pferdeschwanz gebundenen dunklen Haaren. Er trägt eine deutlich als Naziuniform erkennbare Aufmachung.

Sobald für den Mann applaudiert werden soll, hebt er seinen rechten Arm zum Hitlergruß dem Publikum entgegen. Offenbar wurde per Lautstärke des Applauses entschieden, dass er das beste Kostüm des Abends trug. Eine weitere Aufnahme, die unter anderem vom kubanischen Journalisten Pedro Jorge Velázquez, Kopf des Onlineprojektes »El Necio« und Autor des Cuba-Debate-Berichts, verbreitet wurde, zeigt den jungen Mann in seinem Nazikostüm mit ausgestrecktem rechten Arm. Um diesen ist ein rotes Tuch gebunden. Vermutlich soll es eine Naziarmbinde darstellen. Die schwarze Uniform erinnert an eine der SS. Sie ist verziert mit dem Eisernen Kreuz und etwas, das wie ein Reichsadler mit Hakenkreuz aussieht. Details sind aufgrund der niedrigen Auflösung der Aufnahmen nicht zu erkennen.

Das zuständige Instituto Cubano de la Música (ICM) fackelte nicht lange. In einer Mitteilung vom Sonntag erklärte das ICM, was vorgefallen war und dass mehrere Menschen sofort empört reagiert hätten. Viele Beschwerden seien online und direkt bei Regierungsfunktionären eingegangen. Angesichts der Schwere des Vorfalls und der »Unfähigkeit« des Kulturzentrums in Havanna, die nazistische Provokation zu unterbinden, sei entschieden worden, das »Máxim Rock« unverzüglich zu schließen, bis der Sachverhalt aufgeklärt ist. Gegen die Verantwortlichen für die Halloween-Veranstaltung werden Disziplinarmaßnahmen verhängt, teilte das ICM weiter mit.

Es sei nicht nur gegen die Richtlinien für das Kulturprogramm verstoßen, sondern auch die Frage nach den Gefahren »kultureller Kolonisation« aufgeworfen worden. »Bedauerliche Vorfälle« wie der vom Samstag abend verstoßen laut ICM »eklatant gegen die Kulturpolitik der Kubanischen Revolution« und verletzten »die Moral und die Prinzipien«, auf denen das kubanische Sozialprojekt errichtet worden sei. Solche Vorkommnisse verletzen das »antifaschistische, antirassistische und antizionistische« Empfinden der Bevölkerung und verdienen »unser aller Ablehnung«, heißt es weiter. Das institutionelle Kultursystem Kubas werde darauf »energisch antworten«, schreibt das ICM.

Eine weitere offizielle Reaktion, auf die Velázquez per Facebook aufmerksam machte, ist die der russischen Botschaft in Kuba. Am Montag morgen teilte diese auf der Plattform unter dem Schlagwort »No Al Nazismo« (»Nein zum Nazismus«) mit, dass sie diesen »beschämenden Akt, der die für den Tod von Millionen von Menschen verantworliche Figur normalisiert«, entschieden ablehne und verurteile. Die Botschaft wies darauf hin, dass Russland »im Kampf gegen das Übel des Nationalsozialismus einen sehr hohen Preis« bezahlt habe, mit insgesamt 27 Millionen Sowjetbürgern, die im Großen Vaterländischen Krieg ihr Leben ließen. Die Botschaft begrüße die Reaktion der kubanischen Öffentlichkeit sowie die rasch ergriffenen Maßnahmen der Behörden. »Wir sind sicher, dass solch bedauerliche Vorfälle nicht mehr auf kubanischem Boden passieren werden, dessen Bewohner die hohen Werte des Antinazismus und des Antirassismus teilen.«

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Marc Bebenroth
junge Welt, 01.11.2023