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Kundschafterin für Kuba
Puertoricanerin Ana Belén Montes ist nach mehr als 20 Jahren aus US-Haft entlassen worden.
Folgte ihrem Gewissen und ihrer Verantwortung: Die Puertoricanerin Ana Belén Montes nach ihrer Freilassung
Foto: Ana Belén Montes
Vor allem in Puerto Rico und Kuba wird seit dem Wochenende begeistert die Freilassung der politischen Gefangenen Ana Belén Montes aus einem texanischen Bundesgefängnis gefeiert. Die frühere Analystin des US-Militärgeheimdienstes DIA war im September 2001 verhaftet und ein Jahr später wegen »Verschwörung zur Spionage für Kuba« zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Vor Gericht hatte sie bekannt, das sozialistische Kuba 16 Jahre lang mit als geheim klassifizierten Daten über feindliche Aktivitäten der USA unterstützt zu haben. Sie habe sich ihrer »Überzeugung mehr verpflichtet gefühlt als dem Gesetz«, denn in ihrer Arbeit habe sie erkannt, »dass die Politik unserer Regierung gegenüber Kuba grausam und ungerecht ist«.
Am Sonntag (Ortszeit) konnte die 1957 in Nürnberg auf einem US-Militärstützpunkt geborene Puertoricanerin die USA nach mehr als zwei Jahrzehnten Haft hinter sich lassen. Dort hatte sie Jahre der folterähnlichen Isolation und eine lebensbedrohliche Krebserkrankung überstanden. »Ich bin mehr als glücklich, wieder puertoricanischen Boden zu berühren«, ließ sie die Öffentlichkeit durch ein von ihrer Anwältin verbreitetes Pressekommuniqué wissen. »Nach zwei ziemlich anstrengenden Jahrzehnten« wolle sie sich jetzt wieder der »Notwendigkeit, meinen Lebensunterhalt zu verdienen«, und »einem ruhigen und privaten Leben« widmen. Sie wolle sich nicht an Medienaktivitäten beteiligen, und ihre Anwältin Linda Backiel ergänzte, das Kommuniqué bleibe die »einzige öffentliche Äußerung« ihrer Mandantin. Weitere Kommentare oder Interviews werde es nicht geben.
Belén bekräftigte ihre Grundhaltung, nicht sie als Person sei wichtig, sondern das politische Anliegen, und ermutigte jene, »die ihr Interesse auf mich richten, sich statt dessen auf wichtige Themen zu konzentrieren«. Diese seien »die ernsten Probleme der puertoricanischen Bevölkerung« und »das US-Wirtschaftsembargo gegen Kuba«, unter dem das kubanische Volk seit über 60 Jahren leide. Dringend notwendig sei zudem die globale Zusammenarbeit, um die Zerstörung unserer Umwelt aufzuhalten und umzukehren, so Belén.
Oscar López Rivera, selbst bis 2017 über 30 Jahre als puertoricanischer Unabhängigkeitskämpfer in US-Haft, kommentierte, jeder in Puerto Rico sollte stolz auf Ana Belén sein, denn sie habe »mehr als heldenhaft« aus der Überzeugung gehandelt, »dass jede Nation das Recht hat, sich selbst auf die bestmögliche Weise und ohne Einmischung oder Bedrohung von außen zu regieren«.
»In Kuba geehrt und von Washington verurteilt«, titelte das unabhängige britische Newsportal The Grayzone. Milagros Rivera, Vorsitzende der puertoricanischen Kuba-Solidarität, nannte Beléns Handeln im Onlineportal Cubadebate ein Beispiel für Würde und Mut. Nicht nur in ihrer Heimat werde ihr deshalb »Bewunderung und Respekt« gezollt. Die Nachricht über ihre Freilassung sei auf einem Treffen des Kuba-Solidaritätsnetzwerks mit Delegierten »aus mehr als 30 Ländern unseres Amerikas mit großem Beifall aufgenommen« worden, so Rivera.
Der Präsident der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung »Movimiento Independentista Nacional Hostosiano« (MINH), Julio Muriente Pérez, wies gegenüber der Nachrichtenagentur Inter News Service den Vorwurf Washingtons zurück, Belén sei eine »Verräterin«. Sie habe die US-Regierung nicht verraten, weil sie ihr gegenüber nie loyal gewesen sei. »Ihre Loyalität galt der Gerechtigkeit und der Achtung der Souveränität des Volkes«, betonte Muriente.
US-Bundesrichter Ricardo Urbina, der Belén 2002 verurteilt hatte, weil er fand, sie habe die »Nation als Ganzes« in Gefahr gebracht, konnte ihre von Verteidigung und Solidaritätsbewegung beharrlich erkämpfte vorzeitige Entlassung nicht verhindern, ordnete jedoch eine fünfjährige Bewährungsaufsicht durch US-Behörden in Puerto Rico an. Dazu gehört auch die Überwachung von Beléns Internetzugang sowie das Verbot, in Regierungsbehörden zu arbeiten und ausländische Agenten zu kontaktieren.
Ungeachtet dieser Schikane war aus Solidaritätskreisen zu hören, dass anlässlich Beléns 66. Geburtstag am 28. Februar viele ihre wiedergewonnene Freiheit als »Sieg für unsere kämpfenden Völker und eine enorme Niederlage für Washingtons Hegemoniestreben« feiern werden, wie es der MINH-Präsident ausdrückte.
Veröffentlichung |
Jürgen Heiser
junge Welt, 11.01.2023