Nachrichten


Nachrichten aus und über Kuba

Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


Auf Augenhöhe

Zum Tod des DDR-Diplomaten und Lateinamerikaexperten Heinz Langer.

Heinz Langer
Kuba blieb seine große Liebe: Heinz Langer (1993)
Foto: Detlev Konnerth/imago


Heinz Langer, ein Freund, ein Lehrer und in gewisser Weise ein Vorbild lebt nicht mehr. Der langjährige Botschafter der DDR in Kuba, Guyana und Jamaika ist am 22. Dezember im Alter von 86 Jahren verstorben. In einem interessanten Leben ist der überzeugte Kommunist – trotz zahlreicher Demütigungen nach dem Untergang seines Staates – seinen Prinzipien bis zum Ende treu geblieben. Für viele, die ihn kannten, war er ein Beispiel für den aufrechten Gang.

Der am 27. Juni 1935 in Schwarzheide in der Niederlausitz geborene Sohn einer antifaschistischen Arbeiterfamilie hatte nach der Grundschule eine Ausbildung zum Maschinenschlosser gemacht und den Beruf des Drehers ergriffen. Nach der Befreiung durch die Sowjetarmee engagierte sich Langer in der FDJ. »Nach dem schrecklichen Krieg wollten wir nie wieder eine kapitalistische Gesellschaft auf deutschem Boden zulassen, weil diese sonst zu einem neuen verbrecherischen Krieg führen würde«, sagte er in einem Interview dazu. Vom Betrieb an die Arbeiter- und Bauernfakultät der Universität Leipzig geschickt, erwarb er 1956 das Abitur und wurde im selben Jahr Mitglied der SED. Bis 1962 studierte Heinz Langer am Institut für Internationale Beziehungen in Moskau mit Schwerpunkt »Lateinamerika«. Nach zweijähriger Tätigkeit in der Lateinamerikaabteilung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR wurde der junge Diplomat 1964/65 Attaché an der Botschaft der DDR in Kuba.

In den folgenden Jahren nahm er unter anderem Aufgaben in Chile, Argentinien, Jamaika und Guyana wahr. Seine große Liebe war jedoch das sozialistische Kuba, dem er bis zu seinem Tod eng verbunden blieb. Dort repräsentierte er von 1975 bis 1979 und von 1983 bis 1986 die DDR als Botschafter. Heinz Langer lernte Che Guevara kennen und für Fidel und Raúl Castro, die er häufig traf, war er ein Gesprächspartner auf Augenhöhe. 1985 wurde er mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze ausgezeichnet.

Das Leben von Heinz Langer ist auch ein Beispiel für den Unterschied von Diplomatenkarrieren in den beiden deutschen Staaten. Während sich die Bundesrepublik von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern wie Franz Nüßlein und ehemaligen SS-Leuten wie Franz Krapf im Ausland vertreten ließ, stand Heinz Langer für das diplomatische Selbstverständnis eines Landes, das Arbeiter für diese Aufgaben qualifizierte. Westliche Medien unterstellten, dass es diesen Diplomaten nicht um Werte, sondern um Privilegien ging. »Mit einem Nettoeinkommen von 2.100 Mark wurden DDR-Botschafter für sozialistische Verhältnisse (Durchschnittseinkommen der DDR-Bürger in den 1980er Jahren: rund 1.100 Mark) stattlich entlohnt«, mäkelte etwa Der Spiegel 1993. Der Vergleich wirkt noch immer ein wenig peinlich. Schließlich können BRD-Diplomaten, die als Beamte keine Beiträge zur Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung leisten, heute auf eine Besoldung von monatlich mehr als 15.500 Euro plus Sonderzahlungen, Zulagen, Familienprämien und vermögenswirksamen Leistungen kommen.

Für Heinz Langer, der fünf Sprachen sprach, war der materielle Aspekt Nebensache. Mit der Abwicklung des diplomatischen Korps der DDR nach der »Wende« wurde er arbeitslos, war als Kurierfahrer und gelegentlich als Reiseleiter auf Kuba tätig. Doch trotz magerer »Strafrente« kroch er nicht zu Kreuze, leugnete nie seine Überzeugung und verriet seine Genossen und Freunde nicht, sondern engagierte sich in der Freundschaftsgesellschaft BRD–Kuba und war als Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei aktiv. Heinz Langer verfasste zahlreiche Artikel und schrieb insgesamt fünf Bücher. Diese Werke werden uns bleiben, während wir den Genossen, Freund und Lehrer vermissen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 06.01.2023