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»Wer Frieden will, muss gegen die NATO kämpfen«

Kommunistische Parteien trafen sich zu Konferenz in Kuba. Ukraine-Krieg war eines der bestimmenden Themen. Ein Gespräch mit Patrik Köbele.

Am vergangenen Wochenende waren Sie als Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei in Kuba. Wie kam es dazu?

Ich war dort beim Internationalen Treffen kommunistischer und Arbeiterparteien. Die Konferenz findet jährlich statt, war aber wegen der Pandemie zuletzt zweimal ausgefallen. Für dieses Jahr hatte sich die Kommunistische Partei Kubas bereit erklärt, einzuladen. Als DKP sind wir Mitglied im sogenannten Solidnet. Das ist die weltweite Struktur der kommunistischen und Arbeiterparteien, die diese Treffen organisiert.

Wie viele Menschen sind in Kuba zusammengekommen?

Dort waren 142 Delegierte aus 77 Parteien aus wiederum 60 Ländern. Das ist schon eine ganze Menge – zumal nicht mehr wie früher die gastgebende Partei die Kosten der Unterbringung übernommen hat.

Wie kontrovers wurde bei der Konferenz diskutiert, etwa über den Ukraine-Krieg?

Es gibt unterschiedliche Einschätzungen zu verschiedenen Themen, aber die Gemeinsamkeiten überwiegen. So ist es auch beim Ukraine-Krieg. Wir waren uns vollkommen einig, dass die größte Gefahr für den Frieden und die Menschheit von den Imperialisten in den USA, in der EU, in der NATO ausgeht. Über die Unterschiede in der Bewertung etwa der Russischen Föderation wurde bilateral diskutiert, munter und intensiv. Im Plenum sind solche Debatten wenig sinnvoll.



Mich freut, dass es sowohl eine gemeinsame Abschlusserklärung als auch einen gemeinsamen Aktionsplan gibt. Das liegt auch an dem großen Engagement der kubanischen Gastgeber. Die Kommunistische Partei hat diesem Treffen eine ungeheure Bedeutung beigemessen. Ihr Generalsekretär, der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel, hat zweimal an dem Treffen teilgenommen und auch eine Rede gehalten.



Noch mal zum Ukraine-Krieg: Waren bei der Konferenz auch Vertreter aus Russland bzw. aus der Ukraine?

Ja. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation und die Russische Kommunistische Arbeiterpartei waren dort, ebenso wie der Vorsitzende der mittlerweile verbotenen Kommunistischen Partei der Ukraine. Auch die Sicht dieser Genossen auf die Lage war sehr ähnlich.

Angesichts der Unterstützung der KPRF für den russischen Krieg in der Ukraine fragen sich einige, ob ihre Nähe zur Staatsführung zu groß ist. Spielten solche Debatten auch bei Ihnen eine Rolle?

Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation unterstützt die Politik der Regierung bezüglich der Ukraine und auch den Krieg. Aber deswegen hat sie keineswegs ihre Oppositionsrolle aufgegeben. Sie bringt sich deutlich in die sozialen Auseinandersetzungen in Russland ein. Zudem fällt auf, dass sich die Position der KPRF und die der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei in der Frage annähern, obgleich sie sonst auch Differenzen haben.

Sie haben auf die Abschlusserklärung verwiesen. Welche Themen sind aus Sicht der kommunistischen Parteien die drängendsten dieser Zeit?

Auch da ging es um den Ukraine-Krieg als eine der bedrohlichsten Entwicklungen derzeit. Es droht ein dritter Weltkrieg, ein Atomkrieg. Aber auch die anderen Kriege dürfen nicht vergessen werden: der im Jemen, die auf dem afrikanischen Kontinent. Bei all diesen stehen entweder die USA, die EU, die NATO oder eine Kombination von ihnen dahinter. Wir sind uns einig: Wer Frieden und sozialen Fortschritt will, muss gegen die NATO und den Imperialismus kämpfen. Das ist der Geist der Abschlusserklärung.

Vor rund fünf Wochen wurde Kuba von einem Hurrikan heimgesucht. Zahlreiche Gebäude, landwirtschaftliche Nutzflächen, Strom- und Wasserleitungen wurden im Westen der Insel beschädigt. Welchen Eindruck haben Sie von der aktuellen Lage im Land bekommen?

Ich hatte nur einen begrenzten Einblick, auch weil ich hauptsächlich an der Konferenz in Havanna teilgenommen habe. Klar ist aber, dass Kuba deutlich weniger hart von Naturkatastrophen dieser Art getroffen wäre, wenn es nicht diese unmenschliche, verfluchte 60jährige Blockade gäbe. Deren Auswirkungen sieht man überall, etwa wenn Tankstellen entweder geschlossen sind oder ewig lange Schlangen von Autos davor warten. Man spürt den Würgegriff des Imperialismus. Aber gleichzeitig gibt es da auch das gemeinsame Kämpfen dafür, dass man sich nicht vom sozialistischen Weg abbringen lässt.

Patrik Köbele ist Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Jan Greve
junge Welt, 03.11.2022