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»Das ganze Leben ist von der Blockade betroffen«

Vor UN-Vollversammlung: Fahrraddemo in Berlin gegen US-Wirtschaftskrieg gegen Kuba. Ein Gespräch mit Jutta Kausch-Henken.

Fahrraddemo gegen die US-Blockade
Gegen die Blockade des sozialistischen Kuba: Fahrraddemo von der kubanischen zur US-Botschaft.
Foto: unblock-cuba.org


Für Sonntag ruft die Freundschaftsgesellschaft Berlin–Kuba zu einer Fahrraddemonstration gegen die US-Blockade gegen Kuba auf. Wie sieht der Wirtschaftskrieg gegen die sozialistische Republik aktuell aus?

Der Wirtschaftskrieg der USA gegen Kuba begann 1960 kurz nach der Revolution und stützt sich auf ein Gesetz, das die USA im Ersten Weltkrieg erlassen haben. Das besagt, dass der Präsident Wirtschaftsbeschränkungen über Länder, die den USA feindlich gesinnt sind, verhängen darf. Seit Dwight Eisenhower berufen sich alle Präsidenten auf dieses merkwürdige Gesetz und halten seit über 60 Jahren an einer brutalen Wirtschaftsblockade fest, die im Laufe der Jahrzehnte immer weiter verschärft wurde. Der jetzige Präsident Joseph Biden hat noch im Wahlkampf groß versprochen, die Beziehungen zu Kuba zu verbessern. Das hat er natürlich nicht getan, sondern vor wenigen Tagen ein Memorandum unterzeichnet, das wichtige Teile der Blockade um ein weiteres Jahr verlängert.

Was sind die Hauptfolgen dieser Blockade für die kubanische Bevölkerung?

Die Folgen sind, dass Kuba wirtschaftlich große Schwierigkeiten hat, sich zu entwickeln, weil eine Menge der gesellschaftlichen Anstrengungen darauf verwendet werden muss, immer wieder die Folgen der Blockade zu lindern. Das ganze Leben ist betroffen. Selbst in Zeiten der Pandemie wurden Lieferungen von Schutzkleidung, medizinischem Material, das zur Herstellung von Impfstoffen benötigt wurde, Beatmungsgeräten oder einfach nur Masken durch die USA blockiert.

Gibt es einen besonderen Grund, warum Sie gerade an diesem Sonntag zur Fahrraddemonstration aufrufen?

Wir haben uns für diesen Termin entschieden, weil die nächste Abstimmung in der UN-Vollversammlung ansteht, in der vermutlich wieder eine überwältigende Mehrheit für die Aufhebung der Blockade votieren wird. Es ist die zweite Raddemo, die wir durchführen. Im vergangenen Jahr konnten wir durch unsere Tour durch die Stadt viele Menschen erreichen, um über diese schändliche Praxis zu informieren. Wir erlebten großen Zuspruch bei Passanten und führten gute Gespräche.

Im Aufruf heißt es, die Blockade treffe nicht nur die kubanische Bevölkerung, sondern schädige auch Unternehmen, Vereine und Privatpersonen in der Bundesrepublik. Können Sie das näher ausführen?

Die USA bestrafen jeden, der sich trotz Drohung traut, mit Kuba Geschäfte zu machen. US-Bürger dürfen laut Helms-Burton-Act aus dem Jahr 1996 vor US-Gerichten ausländische Firmen wegen der Nutzung von nach der Revolution enteignetem Eigentum verklagen. Und der Außenminister darf Personen die Einreise in die USA verbieten, die ebensolches tun, nämlich z. B. in einem Gebäude, das vor der Revolution Bacardi oder sonst einem Kapitalisten gehörte, ein Hotel oder ein Lokal oder was auch immer betreiben. Das krasseste aber ist, dass – obwohl die EU die Befolgung dieses Helms-Burton-Gesetzes untersagt – sich die meisten Firmen dennoch zwingen lassen. Denn sie haben Angst, sonst nicht mehr mit den USA wirtschaftlich verkehren zu dürfen bzw. Strafe zahlen zu müssen. Das betrifft selbst Banken.

Wie stellt sich denn die Ampelregierung zur Blockade, und welche diesbezüglichen Forderungen an Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen haben Sie?

Na ja, auch Deutschland stimmt in der UNO jedes Mal gegen die Aufrechterhaltung der Blockade. Es folgen aber keine Taten. Das fordern wir zwar immer wieder ein, bisher aber erfolglos. Ich glaube, Frau Baerbock weiß gar nicht, wo Kuba liegt. Sie ist doch dauernd in der Ukraine und muss Russland ruinieren.

Und wie soll die Fahrraddemo ablaufen?

Nach einer kurzen Kundgebung vor der kubanischen Botschaft, die um zwölf Uhr beginnt und auf der uns auch die Botschafterin Juana Martínez González begrüßt, radeln wir zur US-amerikanischen Botschaft. Dort, auf dem Pariser Platz, findet dann die Abschlusskundgebung statt.

Jutta Kausch-Henken ist Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft Berlin–Kuba
Fahrraddemo: 18. September, Auftakt 12 Uhr vor der kubanischen Botschaft, Stavangerstr. 20, Berlin-Prenzlauer Berg

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Nick Brauns
junge Welt, 17.09.2022