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Lockerung à la Biden
US-Regierung will mehrere Beschränkungen gegen Kuba aufheben. Brutale Blockade bleibt unangetastet.
Washington lockert den Kurs gegen Kuba - zumindest minimal. Am Montag abend (Ortszeit) hat das US-Außenministerium angekündigt, mehrere Beschränkungen gegen die sozialistische Inselrepublik aufzuheben. Mit gespielter Menschenfreundlichkeit erklärte der Sprecher des Ministeriums, Edward Price, die Regierung von Präsident Joseph Biden wolle damit auf die »humanitäre Situation« in Kuba »reagieren« und der Bevölkerung die Möglichkeit zu »wirtschaftlicher Entwicklung« geben.
Im selben Atemzug betonte Price jedoch, die Priorität der US-Regierung werde auch künftig auf der »Achtung der Menschenrechte« liegen: »Wir fordern die kubanische Regierung auch weiterhin auf, alle politischen Gefangenen unverzüglich freizulassen, die Grundfreiheiten des kubanischen Volkes zu respektieren und ihm die Möglichkeit zu geben, seine Zukunft selbst zu bestimmen.« Daher blieben auch sämtliche Finanzsanktionen gegen einzelne Kubaner und Einrichtungen in Kraft – eine euphemistische Umschreibung der seit 60 Jahren gegen die sozialistische Inselrepublik verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade.
Gelockert werden sollen nun Maßnahmen, die Bidens Vorgänger Donald Trump angeordnet hatte. So sind fortan wieder kommerzielle und Charterflüge auch zu kubanischen Flughäfen außerhalb Havannas erlaubt. Die Obergrenze für Überweisungen von Geld aus den USA an Verwandte in Kuba, die bisher bei 1.000 US-Dollar (955 Euro) pro Quartal lag, wird abgeschafft. Zudem soll der Zugang des kubanischen Privatsektors zu US-Internetdiensten und E-Commerce-Plattformen verbessert werden. Weitere Lockerungen sind Teil eines bilateralen Programms, das Trump 2018 einseitig ausgesetzt hatte. Am Montag erklärte Washington, unter anderem Konsulardienste und die Bearbeitung von Visa in der US-Botschaft in Havanna wieder hochfahren zu wollen, um mehr Kubanern die Reise zu Verwandten in die Vereinigten Staaten zu ermöglichen. Auch Gruppenreisen von US-Bürgern nach Kuba seien fortan wieder erlaubt, Individualtourismus hingegen nicht.
In einer Erklärung, die auch in der KP-Zeitung Granma abgedruckt wurde, bezeichnete das Außenministerium in Havanna die Maßnahmen als »positiv, aber sehr begrenzt«. Sie änderten »weder etwas an der Blockade noch an der von Trump verschärften wirtschaftlichen Belagerung«. Außenminister Bruno Rodríguez kritisierte auf Twitter, es handle sich um keine Abkehr von »den Zielen oder den Hauptinstrumenten der erfolglosen Politik der USA gegen Kuba«.
Biden hatte im Wahlkampf 2020 versprochen, zur Kuba-Politik von US-Präsident Barack Obama (2009–2017) zurückzukehren, der auf Regime-Change durch Annäherung gesetzt hatte. Nach seinem Amtsantritt im Januar 2021 verhängte der aktuelle Staatschef jedoch eine Reihe weiterer Sanktionen gegen Havanna, die die Lage in Kuba inmitten der Coronapandemie deutlich verschärften.
Den »begrenzten Schritt in die richtige Richtung« verdanke man auch dem Druck in den USA selbst, aus der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac) sowie fast aller UN-Mitgliedstaaten, betonte das kubanische Außenministerium. Zugleich bekräftigte Havanna seine Bereitschaft, »auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen, ohne Einmischung in innere Angelegenheiten und unter voller Achtung der Unabhängigkeit und Souveränität einen respektvollen und gleichberechtigten Dialog mit der Regierung der Vereinigten Staaten aufzunehmen«.
Veröffentlichung |
Frederic Schnatterer
junge Welt, 18.05.2022