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Nachrichten aus und über Kuba

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Bumerang für Washington

Kritik am Ausschluss zentraler Länder vom Amerikagipfel durch USA wächst. Möglicher Boykott.

Washingtons Entscheidung, Kuba, Nicaragua und Venezuela vom 9. Amerikagipfel auszuschließen, könnte dazu führen, dass eine Reihe von Ländern das Treffen vom 8. bis 10. Juni boykottiert. Damit würde erstmals seit 1994, als der erste Gipfel in Miami stattfand, knapp die Hälfte der 35 Staaten des Doppelkontinents nicht an der Zusammenkunft teilnehmen. So kündigten die 14 Mitgliedsländer der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM) am Donnerstag an, dass sie nicht am Gipfel teilnehmen würden, wenn ein Land der Region ausgesperrt wird. Der Botschafter von Antigua und Barbuda in Washington, D.C., Ronald Sanders, versicherte, dass »mehrere karibische Staaten nicht nach Los Angeles reisen, wenn die USA den venezolanischen Oppositionspolitiker Juan Guaidó weiterhin als »Interimspräsidenten« anerkennen oder gar einladen würden. »Der Amerikagipfel ist keine Veranstaltung der US-Regierung, also können die USA auch nicht entscheiden, wer eingeladen wird und wer nicht«, erklärte der Diplomat.

Mit der Ausgrenzung unliebsamer Regierungen vollzog US-Präsident Joseph Biden einen Kurswechsel gegenüber der Politik seines Vorgängers Donald Trump, der 2018 noch die Teilnahme aller Länder am 8. Gipfeltreffen in Peru akzeptiert hatte. Bidens Schwenk, den die in Washington erscheinende Zeitung The Hill als »Brüskierung« bezeichnete, könnte nun zum Bumerang werden.

Auch die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), der außer den USA und Kanada 33 Länder des Kontinents angehören, protestierte gegen »Ausschlüsse, die verhindern, dass alle Stimmen der Hemisphäre gehört werden und in einen Dialog treten«. Ironisch fragte Sacha Llorenti, der Generalsekretär des regionalen Staatenbündnisses Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerikas (ALBA-TCP), am Mittwoch per Twitter: »Ist dies der Gipfel der Amerikas, oder ist es der Gipfel der Launen der Vereinigten Staaten?« Auch die im Juli 2019 von lateinamerikanischen Politikern und Intellektuellen gegründete linke »Puebla-Gruppe« forderte, dass derartige Treffen »ohne ideologische Diskriminierung« organisiert werden müssten. Ähnlich argumentierte der mexikanische Staatschef Andrés Manuel López Obrador, der Biden erklärte, dass es keinen kontinentalen Gipfel geben könne, der Länder des Kontinents ausschließt. Boliviens Präsident Luis Arce stellte außerdem das Ziel des Gipfels, »eine nachhaltige, widerstandsfähige und gerechte Zukunft aufzubauen«, in Frage und warnte, dass »dies nicht möglich sein wird, wenn der Pluralismus ignoriert, das Prinzip der Selbstbestimmung missachtet und die Teilnahme von Schwesterländern verhindert wird«.

Nach Ansicht von Kubas Außenminister Bruno Rodríguez zielt die Ausgrenzung darauf ab, »hinter dem Rücken der Öffentlichkeit« neoliberale Aktionspläne zum Thema »Gesundheit, Migration und Menschenrechte in Amerika bis 2030« zu verabschieden. Kuba, das auf dem Kontinent die größten Erfolge im Kampf gegen die Coronapandemie erzielt habe und dessen medizinische Kompetenz weltweit anerkannt sei, von Diskussionen über ein regionales Konzept zur Gesundheitsprävention auszuschließen, sei absurd, kritisierte er bereits vor zwei Wochen. Auch besäßen die USA keinerlei moralische Autorität, sich zur Rechtfertigung auf angebliche Verstöße gegen demokratische Standards und Menschenrechte zu berufen. Die USA seien ein Land, das Minderheiten diskriminiert, Afroamerikaner rassistisch verfolgt, Migranten schikaniert und nahezu rechtlose Arbeitskräfte ausbeutet. Ein Land, das in anderen Regionen in geheimen Gefängnissen foltern lässt, Kriege führt und fördert und einseitig völkerrechtswidrige Sanktionen verhängt.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 09.05.2022