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Isolation sieht anders aus

14 amerikanische Staaten haben nicht für den Ausschluss Russlands im UN-Menschenrechtsrat gestimmt.

Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel hat am Freitag (Ortszeit) die Resolution der UN-Generalversammlung kritisiert, mit der Russland aus dem UN-Menschenrechtsrat ausgeschlossen wurde. Auf seinem Twitter-Account wies der Staatschef darauf hin, dass Russland »unverzichtbar sei, um eine wirksame, gerechte und friedliche diplomatische Lösung zu erreichen, die die aktuelle Krise in Europa dringend« erfordere. Ausschlüsse seien dagegen kontraproduktiv und würden »die Glaubwürdigkeit und die Fähigkeit des internationalen Systems in Frage stellen, Frieden zu schaffen«, erklärte Díaz-Canel. Er fügte hinzu, dass »mit dieser Entscheidung ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen und der Konflikt in der Ukraine weiter verschärft« wird.

Die Resolution war auf starken Druck der USA auf die UN-Mitgliedstaaten mit 93 Stimmen bei 24 Gegenstimmen und 58 Enthaltungen angenommen worden. Wie Pedro Luis Pedroso Cuesta, ständiger Vertreter Kubas bei der UNO, mitteilte, war der Text zuvor nicht diskutiert worden. Pedroso Cuesta kritisierte, dieser Mechanismus werde selektiv eingesetzt, und warnte: »Heute ist es Russland, aber morgen könnte es jedes unserer Länder sein, insbesondere die Nationen des Südens, die sich nicht den Interessen der Vorherrschaft beugen wollen und ihre Unabhängigkeit verteidigen.« Der Diplomat stellte in Frage, ob die UN-Versammlung jemals eine Resolution zur Aussetzung der Mitgliedschaft der Vereinigten Staaten im Menschenrechtsrat verabschieden würde, und betonte: »Wir alle wissen, dass dies trotz der eklatanten und massiven Menschenrechtsverletzungen nicht geschehen ist und auch nicht geschehen wird«.

Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador hatte am Donnerstag noch vor der Abstimmung in Mexiko-Stadt erklärt, dass im Falle eines Ausschlusses der Russischen Föderation »die Möglichkeit einer Einigung zur Beendigung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine zunichte gemacht würde«, berichtete die Tageszeitung La Jornada. López Obrador kritisierte auch die Rolle der UNO und wies darauf hin, »dass in diesem Konflikt das Versagen der Politik offensichtlich« sei. »Was hätten sie nicht tun können, bevor der Krieg ausbrach, um die Parteien zusammenzurufen? Was haben sie getan? Nichts, und es ist leicht zu sagen, dass wir Sanktionen verhängen und Waffen schicken werden, nun ja, aber was ist mit den Menschenleben? Wer bezahlt für die Toten?« zitierte die Zeitung den Präsidenten. Die Parteien sollten zu Verhandlungen, zum Dialog und zur Beendigung des Krieges gebracht werden. »Wenn die UN-Gremien nicht in der Lage sind, mit Russland zu sprechen, weil das Land ausgeschlossen wurde, wer wird dann sprechen?« fragte der Staatschef.

Der Abgeordnete der venezolanischen Nationalversammlung, Mario Silva, bezeichnete den Plan der USA als »zynischen Akt« der Regierung von Joseph Biden. Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg der Biden-Regierung wirkt, könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Trotz erheblichen Drucks auf die Regierungen der 35 Staaten des amerikanischen Doppelkontinents hatte Washington immerhin 14 Länder der Region, die die USA als ihren »Hinterhof« betrachten, nicht dazu bringen können, sich gegen Russland zu positionieren. Drei Länder (Bolivien, Nicaragua und Kuba) stimmten gegen den US-Antrag, Venezuela war nicht stimmberechtigt, und zehn Staaten (Brasilien, Mexiko, El Salvador, Barbados, Belize, Guyana, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen, Surinam sowie Trinidad und Tobago) enthielten sich. Zwar votierten 21 amerikanische Länder mit den USA, doch eine »totale Isolierung Russlands« sieht anders aus.

Derweil arbeiten Experten in Moskau und mehreren lateinamerikanischen Ländern an Maßnahmen, um Zahlungen in ihren Landeswährungen durchzuführen, erklärte Ende vergangener Woche der Leiter der Lateinamerikaabteilung des russischen Außenministeriums, Alexander Schetinin. »Das ist ein Muss, wenn wir wirklich ein faireres globales Finanz- und Wirtschaftsmodell aufbauen wollen«, sagte er in einem Interview der russischen Nachrichtenagentur Sputnik. Der Politiker fügte hinzu, dass diese Arbeit dazu diene, »die Risiken von Sanktionen« für die Zusammenarbeit im Handel und in der Wirtschaft zu verringern. »Es wird immer deutlicher, dass wir uns aus der Abhängigkeit von den westlichen Zahlungssystemen, allgemein vom westlichen Finanz- und Wirtschaftssystem, befreien müssen«, betonte Schetinin.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 11.04.2022