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Kuba vor großen Herausforderungen
Letzte Parlamentssitzung des Jahres beendet. Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft angestrebt.
Die Abgeordneten des kubanischen Parlaments haben auf ihrer am Mittwoch (Ortszeit) beendeten letzten Sitzung des Jahres unter anderem den Haushalt und einen nationalen Wirtschaftsplan für 2022 sowie ein neues Familiengesetz gebilligt. In Anwesenheit seines Vorgängers Raúl Castro warnte Präsident Miguel Díaz-Canel in seiner Abschlussrede vor der Zunahme globaler Konflikte, die »eine Bedrohung für den Frieden, die Umwelt und das Leben auf unserem Planeten« darstellten. »Egoismus, die Konzentration von Reichtum, zunehmende Ungleichheit und die wachsende politische Macht des transnationalen Kapitals über die Regierungen vieler Länder sind sichtbare und zunehmende gefährliche Merkmale«, so Díaz-Canel.
Die größten Herausforderungen im kommenden Jahr bestünden darin, die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten zu verbessern, die Stromerzeugung zu stabilisieren und zu optimieren und die Auswirkungen der Inflation, die ein globaler Trend sei, für die Bevölkerung abzufedern, erklärte der Staatschef. Wirtschaftsminister Alejandro Gil sagte, dass die Wirtschaft sich im Jahr 2022 erholen könne und ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von etwa vier Prozent möglich sei, sofern es gelingt, die Covid-19-Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Im ersten Quartal 2021 sei das BIP allerdings infolge der Pandemie in Verbindung mit den Auswirkungen der verschärften US-Blockade gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 13,4 Prozent eingebrochen, teilte Gil mit. Dennoch könne das laufende Jahr mit einem Wachstum von ungefähr zwei Prozent abgeschlossen werden.
Explodierende Weltmarktpreise und gestiegene Ausgaben für die medizinische Versorgung hätten aber trotzdem zu weiteren Engpässen bei der Versorgung geführt, erklärten Abgeordnete in der Debatte. Zu den Prioritäten des beschlossenen Haushalts für 2022 gehören deshalb soziale Programme und der Ausbau von Dienstleistungen zur Unterstützung der Bevölkerung. Rund 73 Prozent der Mittel sind für soziale Aufwendungen, Bildung und Gesundheit sowie für Investitionen in Wissenschaft, Technologie und Innovation vorgesehen, die als Eckpfeiler der wirtschaftlichen Entwicklung gelten. Auch in den Bereichen Lebensmittelversorgung, Wohnungsbau, Energie, Wasser, Verkehr, Kommunikation und Tourismus sind erhebliche Investitionen geplant.
Am Dienstag hatte das Parlament bereits den Entwurf eines neuen Familiengesetzes gebilligt, zu dem Anfang nächsten Jahres eine Volksbefragung und ein Referendum geplant sind. Der Entwurf beinhaltet unter anderem die sogenannte Ehe für alle sowie ein Recht auf Adoptionen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Nachdem die Einführung der »Ehe für alle« im Jahr 2019 am Protest von katholischen und evangelikalen Gruppen gescheitert war, soll das neue Familiengesetzbuch nun endlich die Gleichstellung homosexueller Paare garantieren.
Allerdings wies Justizminister Oscar Silvera darauf hin, dass sich der Entwurf nicht auf diesen Punkt reduzieren lässt. »Er fabriziert keine Modelle und zwingt sie nicht auf, sondern erkennt die Rechte derjenigen an, die sie nicht hatten, und stärkt diejenigen, die sie bereits hatten«, sagte er. So solle auch die die Position von Kindern und Jugendlichen und der Schutz gegen familiäre Gewalt gestärkt werden. Das neue Gesetz schütze »Jugendliche, ältere Erwachsene und Menschen in prekären Situationen, es schütze Mutterschaft und Vaterschaft, enthalte Garantien für Großmütter, Großväter und andere Verwandte, fördere Selbstbestimmung und Chancengleichheit und bringe das Recht auf ein gewaltfreies Familienleben zum Ausdruck«, zitierte die Agentur Prensa Latina den Justizminister.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 24.12.2021