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Contras liefern nicht
Kubanische Systemgegner scheitern mit erneuten »Massenprotesten«. Provokation soll verlängert werden.
Kubanische Systemgegner und ihre Unterstützer sind am Montag mit dem Versuch gescheitert, der Welt neue Bilder über »Massenproteste«gegen die Regierung der sozialistischen Inselrepublik zu liefern. »Ich bin heute in Habana Vieja, Centro Havanna und Vedado herumgefahren. Überall war es ruhig und alles bei relativ geringer Polizeipräsenz. Eine Gruppe von etwa acht Polizisten habe ich lediglich in der Calle Obispo gesehen, die in einem kleinen Park ziemlich gelangweilt auf Parkbänken saßen«, berichtete der Hamburger Filmemacher Hans-Peter Weymar am Montag abend (Ortszeit) im Gespräch mit jW.
Statt gewalttätiger Ausschreitungen wie am 11. Juli gab es überall Feiern zur Wiedereinschulung der 1,6 Millionen Kinder, von denen die meisten bereits geimpft sind. Mit der Öffnung für den internationalen Tourismus verbindet Kuba bei einer am Montag auf 23,1 pro 100.000 Einwohner gesunkenen Sieben-Tage-Inzidenz - trotz verschärfter US-Blockade - zudem die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholungsphase. Selbst der staatliche US-Propagandasender Radio and TV Martí und das in Madrid erscheinende Contraportal Diario de Cuba konnten keine Belege für Massenproteste präsentieren. Statt dessen verbreiteten sie Bilder von Aufmärschen exilkubanischer Contras in Miami und anderen Teilen der Welt. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez warf Netzwerken wie Facebook und Twitter vor, durch Manipulation ihrer Algorithmen den Eindruck einer anderen Realität zu erwecken. Einige deutschsprachige Medien veröffentlichten ungeprüft Falschmeldungen der Systemgegner. So behauptete die »Tagesschau«, Yunior García Aguilera, ein Mitbegründer der von den USA unterstützten Contra-Plattform »Archipiélago«, sei von »Polizisten in Zivil« daran gehindert worden, seine Wohnung zu verlassen. Tatsächlich belegt ein Video, dass ihm Nachbarn an der Wohnungstür vorwarfen, als Handlanger der USA zu agieren.
»Natürlich sind die Menschen hier nicht glücklich über die Versorgungsnöte, darüber, endlos in Schlangen anzustehen und über den Mangel an Medikamenten. Aber die meisten wissen, wo der Hauptgrund dafür zu finden ist«, beschreibt Hans-Peter Weymar seine aktuellen Eindrücke aus Havanna. »Und man kann natürlich auch darüber streiten, ob es richtig ist, Demonstrationen zu verbieten. Aber ich kann das verstehen, wenn man weiß, was alles von außen gesteuert und finanziert wird«, so der Filmemacher. Mit Verweis auf die Rolle der USA und rechter Exilkubaner erklärte Außenminister Rodríguez am Montag: »Es gibt Leute außerhalb Kubas, die andere Erwartungen hatten, die aber diesmal nicht erfüllt wurden. Doch sie werden nicht aufgeben.«
Wie zur Bestätigung veröffentlichte Diario de Cuba bereits am Dienstag eine Ankündigung von »Archipiélago«, dass »der Marsch der Bürger für den Wandel bis zum 27. November, oder bis das Regime die Verletzung der Bürgerrechte einstellt, verlängert wird«. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador verurteilte derartige Kampagnen gegen Kuba. »Es gibt keine Objektivität, es gibt keine Ausgewogenheit. Und wie ich bereits bei anderen Gelegenheiten gesagt habe, verdient ein Land, das nach zwei Jahrhunderten politischer Bevormundung in Amerika den Mut besitzt, sich frei und unabhängig zu fühlen, schon allein deshalb unsere Bewunderung und unseren Respekt, es ist einzigartig«, zitierte der lateinamerikanische Nachrichtensender Telesur den mexikanischen Staats- und Regierungschef am Montag.
Washington und die EU hatten der kubanischen Regierung dagegen schon vorab vorgeworfen, Proteste und Informationsfreiheit zu unterdrücken. Sie begründeten ihre Vorwürfe unter anderem damit, dass kubanische Behörden am Sonnabend fünf Mitarbeitern der spanischen Nachrichtenagentur Efe die Akkreditierung »zur Überprüfung« entzogen hatten. Nachdem zwei Betroffene ihre Erlaubnis am Sonntag zurückerhalten hatten, bezeichnete Efe-Chefin Gabriela Cañas dies als »unzureichend« und forderte die Rückgabe aller Beglaubigungsschreiben. Die Sprecherin des EU-Außenbeauftragen Josep Borrell, Nabila Massrali, sagte, man erwarte eine Erklärung der kubanischen Behörden.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 17.11.2021