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»Lima-Gruppe« ohne Lima
Neue peruanische Linksregierung tritt aus US-naher Organisation zur Einmischung in Venezuela aus.
Die Regierung des neuen peruanischen Präsidenten Pedro Castillo will sich aus der sogenannten Lima-Gruppe zurückziehen. Wie Außenminister Héctor Béjar Ende der vergangenen Woche erklärte, hat Castillo diesen Schritt als Zeichen angeordnet. Bei der neuen Außenpolitik gehe es darum, sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. Mit dem Austritt aus der von 14 Staaten aus Nord-, Mittel-, Südamerika und der Karibik zur Unterstützung der rechten Opposition in Venezuela gegründeten »Lima-Gruppe« folgt das Land dem Beispiel von Argentinien, Bolivien und Mexiko. Die peruanische Entscheidung sei allerdings die bedeutendste, da es sich um den Namensgeber der US-freundlichen Verbindung handele, kommentierte der multinationale Nachrichtensender Telesur.
Laut der »Erklärung von Lima«, die im August 2017 unter dem Mandat des wegen Bestechlichkeit 2018 zurückgetretenen und 2019 verhafteten früheren Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski in der peruanischen Hauptstadt unterzeichnet worden war, besteht das vorgebliche Ziel des informellen Bündnisses in der »Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela«. Die Mitglieder des auf Betreiben der ultrarechten damaligen Staatschefs von Brasilien, Argentinien, Chile und Kolumbien gegründeten Zusammenschlusses bezeichneten die Regierung des gewählten venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro als »illegitim« und sprachen statt dessen dem selbsternannten »Übergangspräsidenten« Juan Guaidó ihre Unterstützung aus.
Im Februar 2019 forderten sie auf einem Treffen in Bogotá, an dem auch der damalige US-Vizepräsident Michael Pence teilnahm, einen Prozess gegen Maduro vor dem internationalen Strafgerichtshof wegen »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«. Die »Lima-Gruppe« sei »in Wirklichkeit eine Gruppe Washingtons und Ausdruck des Neokolonialismus in Lateinamerika«, zitierte die rechtskonservative Tageszeitung Gestión am Sonnabend Vladimir Cerrón Rojas, den Gründer von Castillos Partei »Perú Libre« (Freies Peru). Lateinamerika müsse dagegen »frei und souverän sein«, forderte Cerrón.
Außenminister Béjar hatte in seiner Antrittsrede am 2. August bereits eine Stärkung der regionalen Integration durch die neue Regierung angekündigt. »Wir werden uns für die Integration von Lateinamerika und der Karibik einsetzen. Lateinamerika ist und bleibt der geographische und soziologische Schwerpunkt unserer Außenpolitik. Es ist unser unmittelbares, territoriales, historisches, wirtschaftliches, soziales und kulturelles Umfeld«, erklärte das ehemalige Mitglied der peruanischen Guerillaorganisation Ejército de Liberación Nacional (ELN). Béjar kündigte an, dass sein Land dem regionalen Staatenbündnis »Union Südamerikanischer Nationen« (Unasur), dessen Ziel laut Gründungsdokument der Kampf gegen »Ungleichheit, soziale Ausgrenzung, Hunger, Armut und Unsicherheit« ist, sowie der »Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten« (CELAC) erneut beitreten wolle. Lima werde jetzt die bilateralen Beziehungen zu Venezuela wieder verbessern, sagte der Chefdiplomat und verurteilte die von den USA gegen Caracas verhängten Zwangsmaßnahmen. Die Politik Perus unter der neuen Regierung von Castillo werde sich »gegen einseitige Sanktionen, restriktive Maßnahmen und gegen Blockaden, die nur die Völker betreffen«, richten, sicherte Béjar zu.
Als einer der ersten Staats- und Regierungschefs der Region begrüßte Boliviens Präsident Luis Arce den Austritt des Nachbarlandes aus der »Lima-Gruppe« und die Ankündigung, sich wieder Unasur und CELAC anzuschließen. Auf diese Weise bewege sich das »große Vaterland auf eine Phase der Integration zu, die auf Respekt und Solidarität zwischen den Völkern beruht«, schrieb Arce am Sonntag per Twitter. Perus Schritt wurde auch vom Vorsitzenden der bolivianischen Regierungspartei »Bewegung zum Sozialismus« (MAS), Expräsident Evo Morales, begrüßt, der die »Lima-Gruppe« ebenfalls per Twitter als »Instrument der Einmischung gegen gewählte Volksregierungen« bezeichnete.
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Volker Hermsdorf
junge Welt, 11.08.2020