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Kuba olé

Im Geist der Tradition: Neue Musik von der Insel.

Musik aus Kuba?


Musik aus Kuba? Pah! Als Ry Cooder 1996 den Pensionisten des Buena Vista Social Clubs eine CD spendierte und Wim Wenders außerdem einen Film über die Stars Ruben Gonzáles, Compay Segundo, Omara Portuondo und Ibrahim Ferrer drehte, löste er eine Popularitätswelle sondergleichen aus. In kurzer Zeit avancierte Deutschland wahrscheinlich zum Hauptabsatzmarkt kubanischer Musik. Schallplattenfirmen überboten sich mit Angeboten, wer immer eine Gitarre fand, spanisch sang und sich auf Rumba und Herzschmerzromantik verstand, wurde als letzter Überlebender dieser Musik vermarktet. Und wer noch keine Musik dieses Eilands gehört hatte, konnte binnen kurzer Zeit mit Tausenden billig auf den Markt geschmissenen Alben zum Experten avancieren.

Nörgler ließen nicht lange auf sich warten. Cooder habe nur nostalgische Gefühle an eine vergangene Epoche bedient, die aktuelle Musik Kubas höre sich anders an als das Rentnergeschrammel. Das war das Ende dieses Booms.

Richtig ist, dass junge kubanische Musiker rappen und rocken, nicht viel anders als ihre US-amerikanischen Brüder und Schwestern. Falsch ist, dass es keine jungen Musiker gibt, die sich noch auf den Feinschliff der Alten verstehen. Memo Rhein, seit Jahrzehnten als Produzent, Labeleigner und Manager aktiv für die Musik Lateinamerikas, hat sich auf seinem Label »Cugate Clásicos Latinos« vorgenommen, gerade diese jungen Musiker zu fördern. Mit Noslen Noel stellt er einen 19jährigen Meister der 12saitigen kubanischen Laute vor, der mit Stücken vom Buena Vista Social Club den Alten Respekt bezeugt. Eigenkompositionen sind ganz im Geiste der Tradition gehalten, erfahren aber eine Frischzellenkur. Der melancholische Gestus bleibt erhalten, gleichzeitig wird er erneuert.

Ebenso aufregend: Alejandro-Valdés, Preisträger des kubanischen Nationalpreises in der Sparte »Flamenco«. Seine Wurzeln mögen im spanischen Flamenco liegen, aber er erweitert ihn um die Art, wie seit vier Generationen in Kuba Flamenco gespielt wird: melodiös, ohne die gutturalen Laute der Spanier, mit wiegenden Rhythmen, wilder Gitarre, Fiedel und Dudelsack. Die Mixtur erinnert daran, dass Kuba und Europa durch die Geschichte der Musik und der Zwangsdeportation afrikanischer Sklaven auf spanischen Sklavenschiffen miteinander verbunden sind. Kuba-Urlaub buchen?

Noslen Noel: »Con Sentimiento« (Cugate Clásicos Latinos/Naxos)
Alejandro Valdés y Palo de Agua: »Calles de Olvido« (Cugate Clásicos Latinos/Naxos)

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Harald Justin
junge Welt, 02.07.2021