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»Schamlosigkeit kennt keine Grenzen«
»Unblock Cuba«: Berliner Soligruppe kritisiert weitreichende Konsequenzen der US-Blockade gegen den Inselstaat. Ein Gespräch mit Jutta Kausch-Henken.
Auch am 1. Mai wurde in Berlin der Protest gegen die US-Blockade auf die Straße getragen
Foto: nik/jW
Die Freundschaftsgesellschaft Berlin-Kuba e. V. ruft für diesen Sonnabend zu einer Fahrraddemonstration gegen die US-Blockade gegen Kuba auf. Ihr Protest ist Teil der Kampagne »Unblock Cuba«, die von der jungen Welt initiiert wurde. Worum geht es genau?
»Unblock Cuba« ist eine internationale Solidaritätsaktion, an der sich Organisationen und Medien aus vielen europäischen Ländern seit Wochen mit sehr unterschiedlichen Aktionen beteiligen. Anlässlich der bevorstehenden erneuten Verurteilung der US-Blockade gegen Kuba in der UNO wollen wir das Totschweigen der Blockade in den Leitmedien durchbrechen.
Ihre Fahrraddemonstration soll von der kubanischen Botschaft in Berlin zur Vertretung der USA führen. In Ihrem Protestaufruf fordern Sie das Ende der Blockade, die nicht nur die kubanische Bevölkerung in existenzbedrohender Weise treffe, sondern durch ihre »extraterritorialen Effekte« auch Unternehmen, Händler, Banken, Vereine und Privatpersonen in unserem Land schädige. Was genau meinen Sie damit?
Die Blockade ist nicht nur eine gegen Kuba, sondern eine, die alle Länder, die in wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten zu den USA stehen, zwingt, sich an ihr zu beteiligen. Wer mit den USA handeln will, darf das nicht mit Kuba tun, sonst wird er bestraft. Das Helms-Burton-Gesetz setzt diesem Gebaren die Krone auf. 1996 vom damaligen Präsidenten Clinton verabschiedet, hat es die seit 1960 bestehende Blockade noch einmal enorm verschärft. Seit aber Donald Trump in seiner Amtszeit die bis zu diesem Zeitpunkt ausgesetzten Abschnitte drei und vier auch zur Anwendung brachte, kennt die Schamlosigkeit keine Grenzen.
Inwiefern?
Nun dürfen US-Bürgerinnen und -Bürger ausländische Firmen wegen der Nutzung von nach der Kubanischen Revolution enteignetem Eigentum vor US-Gerichten verklagen. Ob das nun ein Hotelbetreiber ist oder ein Gewerbe, das auf einem Platz ausgeübt wird, der ehemals einem Großgrundbesitzer gehörte. Obwohl die EU in einer Verordnung die Befolgung des Helms-Burton-Gesetzes durch ihre Bürgerinnen und Bürger verbietet, halten sich viele EU-Unternehmen aus Angst vor US-Strafen an diese Bestimmungen. Das hat kafkaeske Züge: So zahlten europäische Banken in den letzten Jahren zig Milliarden Dollar Bußgelder an die USA, unter anderem die deutsche Commerzbank, obwohl 15 Prozent dieser Bank sich in staatlicher Hand befinden. Das ist doch absurd.
Selbst wir, ein kleiner Verein, sind betroffen: Wir dürfen keine Spenden für unsere Projekte in Kuba über die Plattform Betterplace sammeln, weil das deren Zahlungsdienstleister Stripe verbietet. Die Postbank weigert sich, Überweisungen mit dem Thema Kuba im Verwendungszweck zu tätigen.
Somit läge es dann sogar im Eigeninteresse der Bundesregierung, dass die Blockade des Inselstaates beendet würde?
Ja, eigentlich schon.
Warum wird die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD dann nicht entsprechend tätig?
Gute Frage, aber an die Falsche gerichtet. Ich kann das nur damit erklären, dass die Bundesregierung sich nicht gegen den großen Player stellen will.
Die Kampagne »Unblock Cuba« konnte in der Vergangenheit - beispielsweise in der Schweiz - einige bemerkenswerte Erfolge erzielen. Inwiefern hat das Vorbildcharakter für Ihre Aktivitäten in der Bundesrepublik?
Wir sind hier schon seit vielen Jahren tätig und, wie ich finde, auch ziemlich kreativ. Unser Verein hat im Sommer 2020 die jetzt laufenden Aktivitäten mit einer sechsstündigen Lesung vor der US-Botschaft mit aktiver Unterstützung zahlreicher Prominenter aus Kultur, Politik und Gesellschaft eingeleitet. Der Titel: »60 Texte gegen 60 Jahre US-Blockade gegen Kuba«. Schon vor 20 Jahren haben wir das erste Mal diese Aktion durchgeführt. Damals hieß es entsprechend: »40 Texte gegen 40 Jahre Blockade«. Wir nehmen immer wieder Kontakt zu Regierungskreisen auf, schreiben offene Briefe, stellen Fragen. Wir lassen nicht locker.
Jutta Kausch-Henken ist Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft Berlin-Kuba e. V.
Fahrraddemonstration am Sonnabend, 29. Mai, um 12 Uhr vor der Botschaft der Republik Kuba, Stavanger Straße 20, Berlin. Informationen unter fg-berlin-kuba.de
Veröffentlichung |
Interview: Markus Bernhardt
junge Welt, 26.05.2021