Nachrichten aus und über Kuba
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Neue Welt
Ein Vorreiter in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Internationalismus: Anmerkungen zum kubanischen Sozialismus.
Am 10. April 2021 hielt der ehemalige Kulturminister Kubas, der Schriftsteller und Abgeordnete der kubanischen Nationalversammlung Abel Prieto im Rahmen der dreizehntägigen »Debatte über den Sozialismus im 21. Jahrhundert«, ausgerichtet von der brasilianischen Arbeiterpartei (PT) und der ihr nahestehenden Perseu-Abramo-Stiftung, eine Rede, die, aus dem Spanischen übersetzt, an dieser Stelle dokumentiert ist. (jW)
Wir sollten mit der Feststellung beginnen, dass der Triumph des Sozialismus in Kuba etwas war, das in keinem Lehrbuch vorausgesehen wurde. Eine unterentwickelte Karibikinsel, die der neokolonialen Vorherrschaft der Vereinigten Staaten unterworfen war, mit einer begrenzten Industrie, die sich auf die Zuckerproduktion, auf den Abbau von Nickel und nicht sehr viel mehr beschränkte, mit einem zahlenmäßig nicht sehr bedeutenden Proletariat und einer großen, meist aus Analphabeten bestehenden Bauernbevölkerung, die nur einen Teil des Jahres arbeiten konnten, wenn es eine Ernte gab. Den Rest des Jahres litten sie unter dem, was sie »tote Zeit« nannten. Es gab eine mutige Kommunistische Partei, immer der Verfolgung ausgesetzt und mit Einfluss in den Gewerkschaften, aber nicht darüber hinaus. Eine Partei, die zudem diszipliniert der Linie Moskaus folgte, wo die Bedeutung des Angriffs auf die Moncada-Kaserne erst lange nach dessen Durchführung begriffen wurde.
Einem schematischen Verständnis des Marxismus zufolge gab es keine objektiven Bedingungen für eine radikale Revolution in Kuba. Aber: Für Fidel, Raúl und die anderen jungen Männer, die die Moncada stürmten, hatten subjektive Bedingungen 1953 eine günstige revolutionäre Situation geschaffen. Es gibt eine aufschlussreiche Bemerkung dazu, die Che genau am 26. Juli 1967 in seinem »Bolivianischen Tagebuch« notiert hat. Dort schreibt er, dass er an diesem Abend den Guerillakämpfern »einen kurzen Vortrag über die Bedeutung des 26. Juli gehalten hat; über die Rebellion gegen die Oligarchien und gegen die revolutionären Dogmen«. Eine unglaubliche Synthese des doppelten Bruchs, den die Moncada-Aktion bedeutete: der Beginn eines frontalen Angriffs gegen die reaktionären Kräfte und ein Akt, der alle Dogmen darüber, wie man eine Revolution macht, in Fetzen riss.
So war es: Der Moncada-Angriff und die Revolution, die im Januar 1959 an die Macht kam, brachen mit allen Dogmen. Die Äußerung des peruanischen Marxisten José Carlos Mariátegu, dass der Sozialismus in unseren Ländern eine »heroische Schöpfung« sein müsse, wurde in Kuba buchstäblich erfüllt. Fidel erklärte den sozialistischen Charakter der Kubanischen Revolution vor 60 Jahren, am 16. April 1961, bei der Beerdigung der Opfer jener Bombenangriffe, die den Auftakt zur Invasion in der Schweinebucht durch CIA-Söldner gebildet hatten. Dabei sagte Fidel, dass die Imperialisten uns nicht verzeihen könnten, dass wir eine sozialistische Revolution direkt vor ihrer Nase durchgeführt haben. Und er rief die Menschen auf, sich den Bataillonen der Milizen anzuschließen. Wir sind bereit, so sagte er, unser Leben für diese »sozialistische und demokratische Revolution der einfachen Leute, mit den einfachen Leuten und für die einfachen Leute« zu geben.
Demontage des Yankee-Modells
Dies war ein Moment von beeindruckender symbolischer und motivierender Bedeutung: Das Volk machte angesichts des drohenden imperialistischen Angriffs mobil zur Verteidigung der Heimat und gleichzeitig zur Verteidigung des Sozialismus. In zwei Jahren und etwas mehr als drei Monaten hatte der revolutionäre Prozess die kulturellen Auswirkungen vieler Jahrzehnte des neokolonialen Staates, des Antikommunismus, des McCarthyismus (nach US-Senator Joseph McCarthy benannter Zeitabschnitt in der Geschichte der USA zwischen Mitte der 1940er und Mitte der 1950er Jahre, der geprägt war von extremem Antikommunismus, Verschwörungsmythen und der Verfolgung von Gewerkschaftern und tatsächlichen oder vermeintlichen Kommunisten, jW), der Verherrlichung des Yankee-Lebensmodells durch alle Medien demontiert.
Das Volk hatte begriffen, was Sozialismus wirklich ist, nicht durch Handbücher oder Schulen der revolutionären Lehre, sondern durch Fidels Reden, durch die Wirkung der beschlossenen Maßnahmen und durch die engagierte und bewusste Teilnahme an diesem Prozess.
Tausende von Arbeitern, die während der Tyrannei aus den Fabriken vertrieben worden waren, wurden wieder eingestellt. Die Wohnungsmieten wurden gesenkt und das Gesetz zur Stadt- und Wohnungsreform wurde unterzeichnet. Die Gesetze zur Agrarreform kamen dem am meisten ausgebeuteten und vernachlässigten Bevölkerungsteil Kubas zugute: den Bauern. Das Land wurde mit Schulen und Büchern versorgt. 1961, innerhalb eines einzigen Jahres, wurde der Analphabetismus komplett beseitigt.
Imperiale Arroganz verletzt
Die Aggression der Vereinigten Staaten begann bereits 1959. In ihrer imperialen Arroganz fühlten sich die USA besonders verletzt, weil wir mit der Abhängigkeit, die uns seit Ende des 19. Jahrhunderts an die Macht im Norden gebunden hatte, brachen und weil wir die US-Raffinerien (die sich weigerten, sowjetisches Öl zu verarbeiten), die Elektrizitäts- und Telefongesellschaften, die großen Ländereien, die Zuckermühlen und andere US-amerikanische Besitztümer auf der Insel verstaatlichten. Am 6. Juli 1960 unterzeichnete US-Präsident Dwight D. Eisenhower das Gesetz zur Aussetzung des Kaufs von kubanischem Zucker durch die Vereinigten Staaten. Am 9. September 1960 wurden acht Komplotte zur Ermordung Fidels aufgedeckt. Am 3. Januar 1961 brachen die Vereinigten Staaten dann die Beziehungen zu Kuba ab und schlossen ihre Botschaft in Havanna.
Die vollständige Blockade gegen Kuba wurde von Eisenhowers Nachfolger John F. Kennedy am 7. Februar 1962 verhängt. In den 60 Jahren der Blockade hat Kuba mehr als 930 Milliarden US-Dollar (768 Milliarden Euro, jW) verloren. Diese Belagerung durch die Yankees betrifft alle Sektoren der kubanischen Wirtschaft mit Verlusten in Millionenhöhe und verhindert unseren Zugang zu Materialien, Produkten und Dienstleistungen des internationalen Marktes, die für die Insel lebenswichtig sind. Während der Amtsperiode der Regierung von Donald Trump wurden 240 zusätzliche Maßnahmen verabschiedet, um uns »zu erdrosseln«, Maßnahmen, die angesichts der Pandemie noch perverser sind. Die Biden-Administration hat daran nichts geändert.
Unmittelbar nach dem Triumph von 1959 begannen die konterrevolutionären Sabotageakte, die Einschleusung von Terroristen, die Bombardierung von Zuckerrohrfeldern mit Brandbomben, die Entführung von zivilen Flugzeugen, die Piratenangriffe auf unsere Küsten, auf Handelsschiffe, auf Fischerboote, die Ermordung kubanischer Diplomaten, die Finanzierung bewaffneter Gruppen in den Bergen, die Bauern, Lehrer, ja ganze Familien töteten. Im Jahr 1960 sprengten sie den französischen Dampfer »La Coubre« im Hafen von Havanna in die Luft, mehr als 100 Tote und eine große Anzahl von Verwundeten waren die Folge des Anschlags. Es gab Sabotageakte in Raffinerien, Kinos und Geschäften, um eine Atmosphäre der Panik zu schaffen. Das Ungeheuerlichste war der Angriff auf ein kubanisches Zivilflugzeug kurz nach dem Start im Jahr 1976, der 73 unschuldige Menschenleben kostete. Zu diesen Aktionen müssen noch die Bomben hinzugefügt werden, die 1997 in Hotels und touristischen Einrichtungen plaziert wurden, um Touristen abzuschrecken und uns einer der wenigen zur Verfügung stehenden Devisenquellen zu berauben.
US-Regierungen haben auch biologische Kriegführung gegen uns betrieben. Darunter fällt das Einschleusen der Afrikanischen Schweinepest und der Plagen, um Tabak-, Zuckerrohr-, Bananen- und Bohnenplantagen zu schädigen und um die Bienen-, Kaninchen- und Rinderzucht zu zerschlagen. Das gefährliche Dengue-Fieber, dessen Erreger in einem Labor gezüchtet wurde, wurde 1984 vorsätzlich nach Kuba eingeschleppt – das bestätigte ein Anführer der in Florida ansässigen Terrororganisation »Omega 7«. Mehr als 350.000 Menschen wurden mit dem Virus infiziert. 158 starben, darunter 101 Kinder. Ein grausames Verbrechen. Und als die UdSSR und die Länder des sozialistischen Lagers, unsere wichtigsten Handelspartner, zusammenbrachen, verabschiedeten die Yankees neue Gesetze, um uns auszuhungern: der »Torricelli Act« und das Helms-Burton-Gesetz.
Ausgrenzung beseitigt
Die Schaffung der Einheit aller Revolutionäre war ein Schlüsselfaktor für unseren Sozialismus und für unseren Widerstand. Drei Kräfte stellten sich der Batista-Diktatur entgegen: die »Bewegung des 26. Juli«, die Sozialistische Volkspartei der Kommunisten und die studentische Organisation »Directorio Estudiantil Universitario«. Nach dem Sieg von 1959 wurde sehr wichtige Arbeit geleistet, um die Einheit unter ihnen zu erreichen. Zuerst gründeten sich 1961 die »Integrierten Revolutionären Organisationen«, dann 1962 die »Vereinigte Partei der Sozialistischen Revolution Kubas«, die sich schließlich 1965 zur Kommunistischen Partei Kubas (PCC) umwandelte.
Diese Konstruktion der Einheit ist das Werk von Fidel. Vielleicht eine seiner größten Leistungen. Er wurde dazu, wie zu so vielen anderen Dingen, von José Martí inspiriert, der 1892 die für die Unabhängigkeit des Landes eintretenden Kubaner verschiedener Generationen vereinte, um die »Kubanische Revolutionäre Partei« zu gründen, die den Krieg gegen Spanien und gegen die finsteren Pläne des Imperiums im Norden anführen sollte.
Die überwältigende Unterstützung des Volkes für unsere Partei kam im Verfassungsreferendum vom 28. Februar 2019 zum Ausdruck, bei dem 86,85 Prozent der Wähler die neue Magna Carta angenommen haben. Die Verfassung definiert unsere Partei als »die organisierte Avantgarde der kubanischen Nation« und »die übergeordnete führende politische Kraft der Gesellschaft und des Staates«. Der PCC ist – offensichtlich – keine Wahlpartei. Sie stellt keine Kandidaten für die Kommunalparlamente oder für die Nationalversammlung auf. Sie genießt großes Ansehen in der Bevölkerung, denn ihre Mitglieder haben keinerlei Privilegien und sind moralisch verpflichtet, sich den kompliziertesten Aufgaben zu stellen.
Die Partei hat inzwischen eine Praxis der Ausgrenzung, des Sektierertums und des Dogmatismus beseitigt. Es gab eine Zeit, da durften zum Beispiel religiöse Menschen nicht in die Partei eintreten. Dies wurde geändert, und es war ein Schritt von enormer Bedeutung. Etwas ähnliches geschah in der Frage der Homosexualität, der gegenüber lange Zeit Vorurteile bestanden. Doch bereits seit vielen Jahren hat die Partei diesbezügliche Einschränkungen bei ihren Auswahl- und Eintrittsmechanismen beseitigt, und inzwischen sind bekennende Homosexuelle Mitglied in unserem Zentralkomitee. In dem Entwurf der neuen Verfassung, den wir dem Volk zur Diskussion vorlegten, hatten wir die gleichberechtigte Ehe aufgenommen. Es gab religiöse Kräfte und Machisten, die sich sehr stark gegen die Aufnahme dieser Option aussprachen. Die Lösung, die die Kommission der Nationalversammlung für dieses Problem fand, war richtig: Man einigte sich darauf, die gleichberechtigte Ehe in das Familiengesetzbuch aufzunehmen, über das in naher Zukunft abgestimmt werden soll.
»Aufgabe Neuordnung«
Zu Beginn der Revolution glaubten wir, dass der neue Mensch, von dem Che sprach, gleich um die Ecke kommen würde. Mit der Zeit lernten wir, dass in den Menschen neben bewundernswerten Charakterzügen, neben echten Vorwegnahmen des erträumten neuen Menschen, in gleicher Weise auch egoistische, kleinliche und inakzeptable Haltungen koexistierten. In der sogenannten Sonderperiode der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als das sozialistische Lager kollabierte und die UdSSR auseinanderfiel, kehrten mit der Krise lasterhafte Verhaltensweisen wieder, die wir für überwunden hielten. Prostitution und Zuhälterei wurden wiedergeboren, Formen der Korruption, die viel ausgeprägter waren als zu anderen Zeiten. Es gab zweifelsohne ethische Rückschläge. Dies führte zu einer ganzheitlichen und tiefgreifenden Analyse aller von uns verwendeten Bildungsinstrumente. Es gab eine differenzierte Aufmerksamkeit der Sozialarbeiter für dysfunktionale Familien. Die Erziehungsarbeit zur Resozialisierung von Jugendlichen und Heranwachsenden vervielfachte sich. Fidel hatte schon früher dazu aufgerufen, negative Tendenzen zu korrigieren, die in der Leitung von Unternehmen und in der Wirtschaft im allgemeinen zu sehen waren. Es war ein harter Kampf gegen Bürokratie, Korruption und Gewinnstreben.
Später haben wir sehr gewagte Veränderungen im wirtschaftlichen Bereich vorgenommen, die für nichtstaatliche Produktions- und Dienstleistungsformen sowie ausländische Investitionen eine ergänzende Rolle vorsehen. Natürlich liegen die grundlegenden Produktionsmittel weiter in den Händen des Staates und sie werden es auch bleiben. Und es ist das sozialistische Staatsunternehmen, das jetzt mit neuen Befugnissen ausgestattet ist, die ihm eine breite Handlungsfreiheit geben, eine Voraussetzung für den weiteren Fortschritt des Landes.
Natürlich ist die US-Blockade, die von Trump in unvorstellbarem Ausmaß verstärkt wurde, weiterhin ein kolossales Hindernis für die Entwicklung unseres Landes. Zu unseren grundlegenden Prioritäten gehören die Steigerung der Nahrungsmittelproduktion, die Nutzung der Wissenschaft in allen Bereichen, die Substitution von Importen, der Bau von Wohnungen mit neuen Methoden, die wirtschaftliche Erholung der Tourismusbranche (soweit es die Pandemie zulässt) und die erfolgreiche Umsetzung der als »Aufgabe Neuordnung« bezeichneten tiefgreifenden Wirtschaftsreformen, mit besonderer Aufmerksamkeit auf die schutzbedürftigen Menschen. Die grundlegenden Prinzipien der Kubanischen Revolution als eine »der einfachen Leute, mit den einfachen Leuten und für die einfachen Leute« behalten ihre volle Gültigkeit.
Kuba erkämpft das Menschenrecht
Das Herzstück des kubanischen politischen Systems ist das Kommunalparlament (Asamblea Municipal). Seine Mitglieder werden in Stadtteilversammlungen direkt von den Nachbarn nominiert und in direkter und geheimer Abstimmung von allen Einwohnern der Gemeinde gewählt. Die Kandidaten für die Abgeordnetenposten der Nationalversammlung müssen vom Kommunalparlament und von den Bürgern der Gemeinde bestätigt werden. Sie alle können abberufen werden, wenn sie ihren Pflichten als Vertreter des Volkes nicht nachkommen. Einen wichtigen Beitrag zu unserer partizipativen Demokratie leistet die revolutionäre Zivilgesellschaft. Deren nichtstaatliche Organisationen haben eine sehr wichtige Funktion in der öffentlichen Debatte über die dringendsten Fragen und bei der Erleichterung der Kommunikation zwischen der Basis und den führenden Repräsentanten der Revolution gespielt.
Das Thema der Menschenrechte wurde bis zum Überdruss manipuliert, um Kuba zu verurteilen. Die schlimmsten Menschenrechtsverletzer der Welt, diejenigen, die Völkermord praktizieren und unter dem Vorwand, »Demokratie« zu exportieren, Raubkriege führen, diejenigen, die blutige Diktaturen in allen Regionen des Planeten unterstützt haben, diejenigen, die Folter im Namen der sakrosankten »nationalen Sicherheit« legalisiert und praktiziert haben, setzten sich selbst als Richter über Kuba ein.
Ein grundlegendes Menschenrecht, das Recht auf Leben, ist eine Priorität unseres Sozialismus, und die Ergebnisse sind spürbar. Die Säuglingssterblichkeit in Kuba betrug in diesem von Covid-19 geprägten Jahr 4,9 pro 1.000 Lebendgeburten, womit wir zu den 35 Ländern mit den besten Indikatoren in diesem Bereich gehören. Was die Pandemie angeht, so haben wir, obwohl wir derzeit ein erneutes Anwachsen der Infektionszahlen verzeichnen, eine der niedrigsten Sterblichkeitsraten der Welt. Nicht einmal während der »Sonderperiode« in den 1990er Jahren waren die Säuglings- und Müttersterblichkeitsraten gestiegen.
Universelle und kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung für alle Bürger ohne Ausnahme sind Säulen des kubanischen Sozialismus. Das Recht auf eine menschenwürdige Arbeit, auf Wohnung, auf Zugang zur Kultur, auf aktive Teilnahme am Schicksal des eigenen Landes und nicht durch formale Abstimmungen und immer raffiniertere Manipulationen, all diese Rechte wurden und werden von der Kubanischen Revolution garantiert.
Kollektives Vermächtnis
Eines der zentralen Merkmale unseres Sozialismus ist der Internationalismus. Als die Kubanische Revolution siegte, kämpften die Algerier noch gegen den französischen Kolonialismus. Kuba schickte ein Schiff mit Waffen für die algerischen Kämpfer, und dieses Schiff kehrte beladen mit hundert Waisenkindern zurück, die auf der Insel betreut und erzogen wurden. Nach dem Sieg Algeriens im Jahr 1962 war es das erste Land, das medizinische Hilfe von Kuba erhielt. 1963 beteiligten sich kubanische Kämpfer an der Abwehr der marokkanischen Aggression gegen Algerien.
Die Kubanische Revolution spielte eine entscheidende Rolle in Afrika, bei der Verteidigung Angolas als souveräner Staat, bei der Unabhängigkeit Namibias und bei der Beseitigung der Apartheid. Während seines Besuchs in unserem Land im Jahr 1991 sprach Nelson Mandela davon, dass »wir in Afrika daran gewöhnt sind, Opfer anderer Länder zu sein, die unser Territorium aufteilen oder unsere Souveränität untergraben wollen«. Und er fügte hinzu: »Die kubanischen Internationalisten haben einen Beitrag zur Unabhängigkeit, Freiheit und Gerechtigkeit in Afrika geleistet, der aufgrund der Prinzipien und der Selbstlosigkeit, die ihn kennzeichnen, keine Parallele hat.«
Mandela sagte noch etwas anderes, sehr Weitreichendes: Internationalismus ist nicht das exklusive Vermächtnis der kubanischen Führung, sondern des ganzen Volkes. Im Bewusstsein der kubanischen Bevölkerung setzte sich die Idee durch, dass die Unterstützung anderer Völker – mit Ärzten, mit Lehrern, mit Soldaten – Teil einer elementaren revolutionären Pflicht ist. Ich erinnere mich, dass in Nicaragua zu der Zeit, als die Yankees über die »Contras« einen schmutzigen Krieg gegen die Sandinisten führten, ein kubanischer Lehrer in einer abgelegenen Region ermordet wurde. Am nächsten Tag meldeten sich spontan 100.000 Lehrer, um in derselben Region den Platz des ermordeten Kollegen einzunehmen.
Als der Hurrikan »Katrina« im Jahr 2005 New Orleans verwüstete, wurde in Kuba die Henry-Reeve-Brigade gebildet und der US-Regierung angeboten, 1.600 Ärzte in die USA zu schicken, um zu helfen. Sie schlug das Angebot aus und zog es vor, die humanitäre Katastrophe zu verlängern, anstatt sich selbst zu demütigen, indem sie Hilfe von einem so verhassten Feind erhielt. Guatemala, das vom Hurrikan »Stan« verwüstet wurde, Pakistan nach dem schrecklichen Erdbeben in der Kaschmir-Region, Haiti, Opfer von Erdbeben, Hurrikans und Epidemien wie der Cholera, Sierra Leone, Liberia und Guinea während des tödlichen Ebola-Ausbruchs – all diese Länder erhielten die Unterstützung der Henry-Reeve-Brigade.
Kubanische Ärzte haben im Kampf gegen Covid-19 in vielen Teilen der Welt geholfen. Obwohl die reaktionäre Medienmaschinerie versucht hat, sie zu diskreditieren, haben unsere Ärzte überall Beispiele für Uneigennützigkeit und Solidarität hinterlassen. Der kubanische Internationalismus hat sich auch in der Ausbildung von Ärzten in unserem Land manifestiert. Von 1960 bis heute hat Kuba mehr als 37.200 medizinische Fachkräfte aus 147 Ländern ausgebildet. Die von Kuba geleistete Hilfe für die von der Explosion des Kernkraftwerks in Tschernobyl in der heutigen Ukraine betroffenen Kinder ist eine Seite der Solidarität, die uns mit Stolz erfüllt.
Sozialistische Überlegenheit
Einer der Bereiche, in dem sich die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus am deutlichsten zeigt, ist der des Gesundheitswesens. Wenn die Pharmaindustrie ein Geschäft ist, wenn das Gesundheitswesen ein Geschäft ist, wenn der Patient als Profitmaschine gesehen wird, dann wird alles zu einem makabren Witz. Die Pandemie hat die Tragödie des Neoliberalismus auf sehr dramatische Art und Weise zum Vorschein gebracht. Die Ungleichheiten haben sich verstärkt wie nie zuvor. Die Schwächsten, die Diskriminierten, die indigenen Völker, die Einwanderer, diejenigen, die ohne Gesundheitsschutz auf der Straße, in den Hütten, unter Brücken oder in Tunneln leben, werden von der Krankheit am stärksten bedroht und sind dazu verdammt, ohne Hilfe und Hoffnung den Tod zu erwarten. Gerade jetzt, vor unseren Augen, tritt das neoliberale Prinzip »Rette sich, wer kann!« in den Mittelpunkt des Kampfes um Impfstoffe.
Einige wichtige Intellektuelle haben eine gerechtere Welt nach der Pandemie vorausgesagt, in der sich Ideen der Gleichheit und Gerechtigkeit ihren Weg durch die Trümmer der Katastrophe bahnen werden. Sie sind vielleicht zu optimistisch. Diese bessere Welt nach der Pandemie wird weitgehend davon abhängen, was diejenigen von uns, die für den Sozialismus kämpfen, tun können. Selten hat der Satz von Rosa Luxemburg »Sozialismus oder Barbarei« soviel Bedeutung gehabt. Auf der anderen Seite gewinnt der Neofaschismus an Stärke, organisiert sich, rekrutiert wieder wütende und verzweifelte Menschen, fördert Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Fanatismus.
Als im Januar 2003 bei einer internationalen Veranstaltung zu José Martí, inmitten von George W. Bushs weltweitem »Kreuzzug gegen den Terrorismus«, ausländische Besucher Fidel fragten, was man tun könne, sagte Fidel: »Ideen aussäen und Bewusstsein verbreiten.« Er hat es dreimal wiederholt.
Abel Prieto, geboren 1950, war von 1997 bis 2012 und von 2016 bis 2018 Kulturminister Kubas. Der Romanautor und Professor für Spanische Sprache und Literatur ist mittlerweile Direktor des Büros des Martí-Programms. Von ihm wurden an dieser Stelle zuletzt am 19. Oktober 2020 Bemerkungen zu Souveränität und Völkerrecht in bezug auf die US-Blockade Kubas veröffentlicht.
Veröffentlichung |
Abel Prieto
junge Welt, 03.03.2021