Nachrichten aus und über Kuba
Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.
Tabubruch oder kritische Solidarität?
Positionen zum Beschluss der Linkspartei zu Kuba.
Zu der Kolumne »Ein guter Tabubruch« (»nd«, 2. Februar) erreichten uns zahlreiche Briefe von Leser*innen. Sie setzten sich zumeist kritisch mit dem Beschluss des Vorstands der Linkspartei zu Kuba und der Rolle des Movimiento San Isidro (MSI) auseinander. Das MSI organisiert seit vergangenen November in Kuba Aktionen für Meinungsfreiheit und die Freilassung des oppositionellen Rappers Denis Solís. Wir dokumentieren einige der Zuschriften.
Der Parteivorstand der Linken hat am 23. 01.2021 einen in der Sache zu begrüßenden Beschluss »Solidarität mit Kuba«, gefasst. Richtig ist der Titel, die erfolgte Verurteilung der US - Sanktionen gegen Kuba und die Position, für ein Ende der Blockade gegen Kuba einzutreten. Aus eigener Erfahrung des auf Kuba oft Erlebten trage ich das auch voll mit. Für mich völlig unverständlich ist, dass der Parteivorstand sich mit großem Nachdruck für die Fortsetzung des Dialoges auf Kuba mit kritischen Künstlerinnen und Künstlern sowie Aktivistinnen und Aktivisten zur sogenannten Demokratisierung der kubanischen Gesellschaft einsetzt. Der Parteivorstand fordert den Dialog mit Kräften, die diesen selbst ablehnen, der Trump Regierung nachweinen, Juan Guaidó in Venezuela unterstützen und zu denen gehören, die zu einer Invasion (!) Kubas in den sozialen Netzwerken aufrufen. Ich kann dem Parteivorstand nur raten, den Punkt fünf des Beschlusses umgehend aufzuheben oder bieten wir uns mit diesem antikommunistische Züge tragenden Text als Regierungspartei nach den Bundestagswahlen an? Meine Frage an den Parteivorstand: Wer gibt Euch die Legimitation und das Recht, die kubanische Gesellschaft als nicht demokratisch zu beurteilen? Meinen Erfahrungen und meiner politischen Grundhaltung zu Kuba entspricht das nicht.
Erik Rohrbach, Frankfurt (Oder)
In der Kolumne wird Bezug genommen auf einen Beschluss des Parteivorstandes der LINKEN mit dem Titel »Solidarität mit Kuba«. Leider werden sowohl dieser recht eindeutige Titel als auch die vier anderen Punkte des Beschlusses verschwiegen, darunter die klare Verurteilung der Verschärfung der US-Sanktionen gegen Kuba, die Aufforderung an Bundesregierung und die EU, entschieden dagegen Stellung zu beziehen und Gegenmaßnahmen einzuleiten, und auch die Verurteilung der Versuche, die Regierung Kubas durch Regime Change-Aktivitäten aus dem Ausland zu stürzen. Dieser letzte Punkt ist insofern bemerkenswert und entlarvend, weil sich M. Steinitz in seiner Kolumne auf das Movimiento San Isidro bezieht, deren Aktivist*innen durch geschickte und nachweislich von der US-Botschaft unterstützte Regelverletzungen die Gesundheits- und Sicherheitskräfte vor Ort herausgefordert und attackiert haben. Westliche Presse hat die inszenierten Bilder aufgegriffen und verbreitet. Die innerparteiliche Gruppe Ema.Li der LINKEN hat das gefakte Narrativ der Trump-Administration übernommen und für den Beschluss des Parteivorstandes ausgenutzt. Und das wiederum featurt der Autor nun in seiner kosmopolitischen Sichtweise und verabschiedet sich damit vom Internationalismus. Es geht nicht um »alte Reflexe«, sondern um Reflexion! Wir empfinden das als eine Verhöhnung unserer und anderer Solidaritätsarbeit. Denn in der Kolumne wird suggeriert, dass »Die Linke« und Linke sich nicht für Menschenrechte universell und überall einsetzen. Genau das tun wir aber seit unserer Gründung 1974 speziell in Bezug auf Kuba, weil dort ein großer Teil der Menschenrechte verwirklicht wird. Aber Kuba wird durch den mächtigen Nachbarn im Norden, die Supermacht USA, seit nunmehr 60 Jahren in ihrem Existenzrecht verletzt und damit werden die Rechte der Menschen in Kuba extrem beeinträchtigt, und auch wir selbst und weitere Solidaritätsgruppen in unserem Lande und anderswo werden in ihrer Arbeit durch die US-Blockade blockiert.
Jutta Kausch-Henken, Freundschaftsgesellschaft Berlin – Kuba e.V.
Mit dem einstimmig gefassten Beschluss des Bundesvorstandes vom 23. Januar werden die programmatische Neuausrichtung und der gesellschaftskonforme Umbau der Partei »Die Linke« auf leisen Sohlen weiter voran getrieben. Die Solidarität mit Kuba wird infrage gestellt. Man verknüpft hier die weltweite Ablehnung der seit Jahrzehnten bestehenden menschenverachtenden Blockadepolitik der USA mit einer förmlichen Anerkennung von Vertretern der von den USA gesteuerten San-Isidro-Bewegung. Ursachen und Wirkungen für gesellschaftliche Entwicklungen werden bewusst (?) bei der Bewertung der Lage in Kuba außen vor gelassen, und es wird oberflächlich über eine vermeintlich notwendige Demokratisierung geschwätzt. Damit werden die unabdingbare Solidarität mit Kuba und das wirklich einzufordernde Menschenrecht auf eine Beendigung der Sanktionen für alle Kubanerinnen und Kubaner nunmehr durch »Die Linke« in Frage gestellt.
Der Beschluss zielt auf eine Angleichung linker Positionen an die der Herrschenden. Dem verweigere ich mich mit Nachdruck.
Raimon Brete, Chemnitz
ND, 08.02.2021