Nachrichten aus und über Kuba
Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.
Fest im Visier der Contras
Jahresrückblick 2020. Heute: Medialer Krieg gegen das sozialistische Kuba. Offene und verdeckte Angriffe aus den USA und Westeuropa.
Kuba war im Jahr 2020 neben den Auswirkungen der Woche für Woche verschärften US-Blockade und zusätzlichen Belastungen durch die Folgen der Coronapandemie obendrein einer verstärkten Propaganda ausgesetzt. Wie stets wurde diese größtenteils aus den USA finanziert und orchestriert. Wie der US-Journalist Tracey Eaton in seinem Blog »Cuba Money Project« enthüllte, hat allein die dem US-Außenministerium unterstehende Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) seit dem Amtsantritt von Donald Trump im Januar 2017 gut 50 Millionen Dollar (41 Millionen Euro) in Medienprojekte zur Destabilisierung Kubas investiert, während die vom US-Kongress finanzierte Stiftung »National Endowment for Democracy« (NED) im selben Zeitraum über 23,2 Millionen für ähnliche Zwecke bereitgestellt hat.
Außerdem erhielt das regierungseigene »Office of Cuba Broadcasting« (OCB), die Aufsichtsbehörde für die nach Kuba ausstrahlenden staatlichen US-Sender Radio and TV Martí in dieser Zeit mehr als 112 Millionen Dollar. Neben den offiziell veröffentlichten Summen stehen Geheimdiensten und dem Militärapparat weitere »vertrauliche« Milllionenbudgets für subversive Programme zur Verfügung. Damit wurde eine neue Dimension von Desinformationen erreicht, deren Urheber, die allesamt das Ziel eines Regime-Change und der Restauration des Kapitalismus in Kuba verfolgen, über ein breitgefächertes Spektrum verschiedener Medien verfügen.
Im Dienst der Konterrevolution
Radio Martí und der Fernsehkanal TV Martí gehören zu den klassischen US-Propagandainstrumenten, ebenso das Internetportal Martí Noticias. Deren Ziele und Finanzierung werden auch nicht verheimlicht. Laut dem vom OCB veröffentlichten offiziellen »Fact Sheet« werden dafür jährlich 28,1 Millionen Dollar aus dem US-Haushalt bereitgestellt. Die »Mission« dieser Programme bestehe darin, »Freiheit und Demokratie zu fördern, indem das Volk von Kuba mit objektiven Nachrichten und Informationsprogrammen versorgt wird«, beschreibt die Behörde mit Hauptsitz in Miami ihren Auftrag. In einer kürzlich verbreiteten Mitteilung machte das OCB deutlich, gegen wen sich ihre Programme richten. In den vergangenen Monaten sei es durch einen neuen Sender in Greenville (North Carolina) gelungen, die Radiofrequenzen zu verdoppeln, »was es für die kubanische Regierung fast unmöglich macht, das Signal von Radio Martí zu stören«, erklärte die US-Regierungseinrichtung.
Neben der direkten – und in ihrer Zielsetzung durchschaubaren – antikubanischen Propaganda setzt Washington zunehmend auf die Finanzierung »unabhängiger« Journalisten und Medien, die jedoch im Sinne Washingtons berichten und agieren. Eaton dokumentierte am 13. Oktober, dass das US-Außenministerium dem NED in den vergangenen zwei Jahren 675.398 Dollar zur Unterstützung des von Miami aus betriebenen Portals der Contras Cubanet bewilligt hatte. Die in Madrid von kubanischen Systemgegnern publizierte Internetzeitung Diario de Cuba wurde im selben Zeitraum mit 660.000 Dollar finanziert. Weitere Beträge zwischen 4.200 und 146.300 Dollar zahlten die USA an weitere Gruppierungen, die damit »unabhängige« Journalisten und Schriftsteller organisieren und fördern sollen. Wie die kubanische Tageszeitung Granma am Dienstag in einem aktuellen Beitrag akribisch auflistete, gehören zu den direkt von Washington oder auf Umwegen finanzierten »unabhängigen« Medien unter anderem auch die Onlineportale Cibercuba, ADN Cuba, Tremenda Nota und Cubanos por el Mundo.
Kofinanzierung von NGOs
Um den Weg des Geldes zu verschleiern, werden seit einiger Zeit zudem Kofinanzierungen mit in den USA oder im Ausland ansässigen NGOs und Stiftungen angestrebt. So wird der in Kuba gegründete und mittlerweile von einer NGO in Mexiko herausgegebene Blog El Estornudo nach eigenen Angaben sowohl vom NED als auch von den »Open Society Foundations« (OSF) des US-Milliardärs George Soros finanziert, die vor allem durch die Förderung von »Farbrevolutionen« in Osteuropa bekannt geworden sind. Die Internetzeitung 14ymedio der Systemgegnerin Yoani Sánchez, deren Kontakte zur US-Regierung und der CIA durch Wikileaks-Dokumente belegt sind, erhielt nach Informationen von Tracey Eaton auch »Fördergelder« der Bacardi-Stiftung, einem »humanitären« Ableger des antikommunistischen Schnapsbrennerclans, der maßgeblich an der Ausarbeitung der US-Blockadegesetze beteiligt war.
Mit geringerem Aufwand, aber derselben Zielsetzung, beteiligen sich einige europäische Staaten am Aufbau »unabhängiger« Medien in Kuba. Die Systemgegnerin Elaine Díaz bedankte sich zum Beispiel öffentlich bei der norwegischen Regierung für die Förderung ihres Contraportals Periodismo de Barrio. Und das aufwendige, auf der Insel seit April 2016 als gedruckte Ausgabe sowie online verbreitete Magazin El Toque wird von RNW Media (früher Radio Netherlands Worldwide) finanziert. Die sich selbst als »Organisation für soziale Veränderungen« bezeichnete Einrichtung untersteht dem niederländischen Außenministerium und verfügte 2019 über ein Budget von 13,6 Millionen Euro. Zu den »strategischen Beratern« von RNW Media gehört Bruce Sherman, der bis Februar 2016 Direktor der OCB war.
Auch deutsche Medien unterstützen ungeniert Projekte zur Destabilisierung Kubas. So lud die Taz mehrfach Aktivisten von Contramedien wie Diario de Cuba, El Estornudo und Periodismo del Barrio zu ihren vom Auswärtigen Amt kofinanzierten »Workshops« nach Berlin ein. Und der aus Steuermitteln finanzierte Auslandssender Deutsche Welle (DW) unterstützt Yoani Sánchez sowohl propagandistisch als auch finanziell durch gleich zwei gut honorierte Moderatorenjobs. Seit 2018 darf die kubanische Systemgegnerin neben der wöchentlichen DW-Talksendung »La Voz de tus Derechos« (»Die Stimme deiner Rechte«) auch die DW-Sendung »Fuerza Latina« moderieren.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 31.12.2020