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Angst vor Strafmaßnahmen

Anwendung der US-Blockade laut EU nicht zulässig. Trotzdem fügen sich immer mehr europäische Unternehmen.

Die Schäden der US-Blockade gegen Kuba haben sich bis Anfang des Jahres auf die unvorstellbare Summe von 138,8 Milliarden US-Dollar (118 Milliarden Euro) summiert. Die Zahl nannte Yoerky Sánchez Cuellar, Chefredakteur der Tageszeitung Juventud Rebelde und Mitglied des Staatsrates von Kuba, am 11. Januar auf der XXV. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt in Berlin. Während Washington mit den Sanktionen nach eigener Darstellung vor allem »Not, Elend, Hunger und Verzweiflung« in Kuba erzeugen will, bekommen auch immer mehr Organisationen, Unternehmen und Bürger in anderen Ländern den langen Arm der USA zu spüren.

Obwohl die exterritoriale Anwendung der US-Blockadegesetze in den Ländern der Europäischen Union nach der EU-Verordnung 2271/96 nicht zulässig ist und Artikel 5 dieser Verordnung es in der EU ansässigen Personen und Unternehmen ausdrücklich verbietet, »Anweisungen oder Forderungen von US-Stellen, die auf den Blockadegesetzen beruhen«, nachzukommen, geschieht dies in zunehmendem Maße. So wurde die französische Bank BNP Paribas wegen »Verstößen gegen die US-Blockade« 2014 von Washington mit einer Geldbuße von 8,9 Milliarden US-Dollar, die Crédit Agricole mit 787 Millionen Dollar, die deutsche Commerzbank 2015 mit 1,71 Milliarden, die französische Société Générale 2018 mit 1,34 Milliarden und die italienische Bank Unicredit 2019 mit einer Strafe von 1,3 Milliarden US-Dollar belegt. Im vergangenen Jahr kündigte die Schweizer Bank Postfinance aus Angst vor US-Strafmaßnahmen an, Transaktionen mit Kuba einzustellen. Ziel all dieser illegalen Aktionen bestehe darin, Kuba »Finanzierungsquellen und Devisen zu entziehen«, erklärte Trumps Sonderbeauftragter Elliott Abrams. Die Regierungen in Deutschland und anderen europäischen Staaten sehen den illegalen Aktionen meist tatenlos zu.

Die kriminelle Energie der US-Regierung macht nicht einmal vor Angriffen mit völkermörderischer Absicht halt. Im April schlugen Hilfsorganisation Alarm, weil Schweizer Banken den internationalen Zahlungsverkehr nach Kuba eingestellt und selbst innerhalb des Landes Überweisungen von Spenden für Coronahilfsprojekte verweigert hatten, wenn im Verwendungszweck »Kuba« angegeben worden war.

Gelegentlich treiben die US-Blockadeanweisungen auch kuriose Blüten. Der Onlinedienst Paypal lehnt in der BRD zum Beispiel grundsätzlich Zahlungen für Produkte, Kino-, Konzert- oder Musicalkarten, Salsa-Partys oder sogar Rum-Cola-Longdrinks ab, wenn in der Betreffzeile Worte wie »Cuba« oder »Havanna« vorkommen. Die Nachrichtenplattform swissinfo.ch berichtete, dass in Havanna lebende Schweizer Ruheständler nicht mehr auf ihre – auf das Konto einer eidgenössischen Bank überwiesene – Rente zugreifen konnten. Als der Hamburger Filmemacher Hans-Peter Weymar, der bis Juli sieben Jahre lang in Havanna gelebt hatte, immer öfter kein Geld mit seiner Kreditkarte aus dem Automaten ziehen konnte, schrieb ihm die ausstellende deutsche Bank Comdirect: »Der Genehmigungsdienst in den USA lehnt Zahlungsanfragen der Visa-Karte aus Kuba grundsätzlich ab. Erfolgt die Anfrage über Europa, wird die Zahlung genehmigt. Auf den Weg der Anfrage hat Comdirect keinen Einfluss.«

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf

junge Welt, 17.10.2020