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Erfolgreiches Gegenmodell

Kubas Strategie zum wirtschaftlichen Wiederaufbau zeigt erste Erfolge. Maßnahmen sollen sozialistischen Charakter der Ökonomie garantieren.

Während in Havanna noch bis zum 15. September Mobilitätseinschränkungen und eine nächtliche Ausgangssperre gelten, mit denen die erneute Zunahme von Covid-19-Infektionen verhindert werden soll, bereitet die kubanische Regierung das Land bereits auf die wirtschaftliche Wiederaufbauphase nach der Pandemie vor. Am Mittwoch abend (Ortszeit) stellten der Minister für Außenhandel und ausländische Investitionen, Rodrigo Malmierca Díaz, und sein für die Lebensmittelindustrie zuständiger Amtskollege Manuel Sobrino Martínez in der Fernsehsendung »Runder Tisch« die Grundsätze der wirtschafts- und sozialpolitischen Strategie zur Bewältigung von ökonomischen Folgen der Coronakrise vor. Das Wirtschaftsministerium hatte am Dienstag bereits eine 32seitige Broschüre veröffentlicht, in der die strategischen Kernpunkte für die Wiederaufbauphase nach Covid-19 zusammengefasst sind.

Die Minister berichteten über erste Erfolge bei der Umsetzung des Mitte Juli vom Ministerrat beschlossenen Maßnahmenpakets. Für den ökonomischen Aufschwung und die Bewältigung einer »vermutlich sehr lange anhaltenden globalen Krise« sei eine langfristige wirtschaftlich-soziale Strategie erforderlich, in der die grundlegenden Linien definiert werden, auf die sich die Arbeit in den nächsten Jahren konzentrieren sollte, heißt es in der Einleitung der Broschüre. Darin werden unter anderem 16 wirtschaftliche und sozialpolitische Schlüsselbereiche benannt.

Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Produktion von Nahrungsmitteln ein. Die Landwirtschaft solle »Hauptquelle der Versorgung« werden, um die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Zugleich soll der Anbau von Obst, Gemüse, Kaffee, Kakao und anderen Produkten auch für den Export intensiviert werden. Eine höhere Motivation und höhere Erträge versprechen sich die Planer von einer unbürokratischen, großzügigen Vergabe von Anbauflächen an Interessenten, die eine effiziente Bewirtschaftung dadurch garantieren, dass sie persönlich davon profitieren. Als »prioritär« wird der Anbau von Rohrzucker und die daraus gewonnenen Produkte wie Rum, Ethanol oder Süßstoff angesehen. Die globale Vermarktung pharmazeutischer Produkte, medizinische Dienstleistungen in anderen Ländern und der Wiederaufbau des Tourismussektors sollen dem Papier zufolge zu »Lokomotiven« für die wirtschaftliche Entwicklung werden und zur Erhöhung der Devisenreserven beitragen.

Weitere strategische Ziele sind der Ausbau von Telekommunikation und Onlinehandel, Investitionen in der Energie- und Bauwirtschaft, die Modernisierung des Transportwesens sowie die Stärkung des Binnen- und Außenhandels, an dem sich – wie Minister Malmierca berichtete – mit ersten Erfolgen auch private Akteure beteiligen. Zur Verbesserung der Wirtschaftsleistung soll außerdem die Gründung weiterer Genossenschaften beitragen.

Das wichtigste Ziel aller Maßnahmen bestehe darin, der US-Blockade ein erfolgreiches Modell entgegenzusetzen und »das sozialistische Ideal als einzig bekannten Weg zum Wohlstand mit sozialer Gerechtigkeit zu legitimieren«, hatte Präsident Miguel Díaz-Canel bereits im Juli bei der Ankündigung des Maßnahmenpakets erklärt. Während die Coronapandemie das Versagen der neoliberalen Paradigmen bewiesen habe, »ist unser Gesundheitssystem nicht zusammengebrochen, und wir haben sogar anderen Ländern helfen können«.

In der jetzt veröffentlichten Informationsbroschüre verweist das Wirtschaftsministerium deshalb darauf, dass die neue Strategie auf den »grundlegenden Prinzipien der Funktionsweise unseres Wirtschaftsmodells« beruhe, die »den sozialistischen Charakter unserer Ökonomie« garantierten. Auf dieser Basis müsse die Wirtschaft jedoch so verändert werden, dass »sie sich durch Intensität und Innovation auszeichnet«, um die durch die US-Blockade und die Pandemie verursachte Versorgungskrise aus eigener Kraft zu überwinden und der Bevölkerung zu mehr Wohlstand zu verhelfen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 11.09.2020