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Weiße Laken für den Retter von Havanna

Von den Balkonen und Dächern Havannas hängen weiße Laken. Damit ehren die Bewohner der kubanischen Hauptstadt ihren Stadthistoriker Eusibeo Leal Sprengler, der am 31. Juli nach langer schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren verstorben ist. Weiße Bettlaken, ein Symbol der kubanischen Metropole, geht auf das Lied "Sábanas Blancas" des kubanischen und auch in Deutschland bekannten Liedermachers Gerardo Alfonso zurück. Mit diesem Liebeslied für "mein altes Havanna", wo von den "Balkonen weiße Laken hingen" begannen die beliebten "Spaziergänge durch Havanna", regionale Rundfunk- und Fernsehsendungen mit dem Stadthistoriker.

Der 1942 geborene Eusibeo Leal Sprengler, dessen Vorfahren 1808 aus Süddeutschland nach Kuba auswanderten, war schon früh von der Geschichte seiner Geburtsstadt fasziniert. Als Doktor der Geschichtswissenschaften der Universität Havanna und Spezialist für Archäologie übernahm er als seine Hauptaufgabe die Restaurierung und Konservierung des historischen Zentrums von Havanna, das 1982 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Er sollte Alt-Havanna vor dem Zerfall bewahren und gleichzeitig den Wohnraum für tausende Hauptstädter erhalten. Dazu wurde 1994, inmitten der "Spezialperiode", eigens ein staatliches Unternehmen mit dem Namen "Habaguanex" gegründet, abgeleitet von jenem Indianerstamm, der einst an der Bucht von Havanna lebte. Die Firma lässt aus den Ruinen spanischer Palacios, prachtvolle Kolonialbauten wiedererstehen, in denen dann staatliche Hotels, Bars und Restaurants Devisen erwirtschaften. So konnte Habaguanex Hunderte von Gebäuden aus der Kolonialzeit vor dem Verfall retten. Die damit einhergehende Aufwertung des Viertels sollte aber nicht zur Vertreibung seiner Bewohner führen. Die im Tourismus erwirtschafteten Devisen kamen nach einem festgelegten Schlüssel auch der Instandsetzung der Wohnungen der Einheimischen und von Kindergärten, Schulen und Altenheimen des Viertels zugute. Ebenso flossen sie in soziale Projekte, es entstanden Arbeitsplätze.

In einem Nachruf der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba ist über den "Retter von Havanna", wie er von den Kubaner gern genannt wurde, zu lesen: "Eusebio Leal war ein Gelehrter, ein Kämpfer und ein Visionär. Er war ein Katholik, der ein Himmelreich auf Erden für realistisch hielt und daher in die Idee einer egalitären, sozialistischen Gesellschaft verliebt war. Er war ein großer Kommunist, der mit seinen gelebten Werten die Welt an die humanistischen Wurzeln der kommunistischen Idee erinnerte." Präsident Miguel Díaz-Canel würdigt den Mann, der "Havanna im Namen von Fidel gerettet und sich mit solcher Passion dieses Werkes angenommen hat, dass sein Name nun nicht mehr ihm allein gehört". Er sei zu einem Synonym der Stadt Havanna geworden.

Auf der Internetseite des Netzwerkes Cuba – Informationsbüro e.V. kann man sich in ein ein digitales Kondolenzbuch eintragen. Das wunderschöne Lied von Geraldo Alfonso ist hier zu hören und im Video ist auch der Stadthistoriker zu sehen.

Das Blättchen

Ariane Mann

Das Blättchen, 17.08.2020