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Pompeo hetzt weiter
Washington will Aufnahme Kubas in UN-Menschenrechtsrat verhindern. Neue US-Initiative gegen Blockade gegründet.
Während der Widerstand gegen die seit 60 Jahren über Kuba verhängte Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade auch in den USA zunimmt, hat Außenminister Michael Pompeo am Mittwoch in einer Pressekonferenz eine neue Kampagne gegen den sozialistischen Karibikstaat angekündigt. Der frühere CIA-Direktor forderte die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, eine erneute Aufnahme Kubas in den UN-Menschenrechtsrat zu verhindern. Havannas Außenminister Bruno Rodríguez hatte im Februar die Kandidatur seines Landes für den Zeitraum von 2021 bis 2023 angemeldet.
Kuba war bereits von 2009 bis 2019 in dem aus 47 Mitgliedern bestehenden Rat mit Sitz in Genf vertreten. Laut Gründungsresolution soll er als »Hauptforum der Vereinten Nationen für den Dialog und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Menschenrechte« dienen. Bis zum Ende des Jahres werden drei Sitze, die der Region »Lateinamerika und Karibik« zustehen, neu vergeben, weil die Amtsperiode von Chile, Mexiko und Peru ausläuft.
Wegen der Kritik des Rats an Menschenrechtsverletzungen durch Israel und die USA hatte Washington im Juni 2018 seinen Austritt erklärt. Pompeo warf dem Gremium damals vor, dass »die schlimmsten Menschenrechtsverletzer der Welt dort als Mitgliedstaaten« säßen. Hier knüpfte der frühere CIA-Chef am Mittwoch wieder an. Es sei »empörend, dass Kuba, einer brutalen Diktatur, die ihre eigenen Ärzte unter dem Deckmantel humanitärer Missionen verkauft, ein Sitz angeboten wird«, sagte Pompeo in Washington.
Der nicaraguanische Sender Radio Corporación zitierte ihn mit der Aussage, »eine Gruppe lateinamerikanischer Politiker und Aktivisten« setze sich dafür ein, dass »das Castro-Regime (…) nicht wieder Mitglied dieses UN-Gremiums wird«. Die US-Kampagne zielt auch auf Nicaragua und auf Venezuela, das seit 2019 Mitglied im Rat ist. Diese Länder »haben keine demokratischen Werte«, erklärte Pompeo und kündigte an, man werde »gemeinsam gegen autoritäre Regime vorgehen«.
Im Gegensatz zur Politik der Regierung von US-Präsident Donald Trump fordert eine mittlerweile von mehr als 130 Organisationen unterstützte Initiative progressiver US-amerikanischer Gruppen die sofortige Beendigung der Blockade gegen Kuba. Das kürzlich entstandene Bündnis »Alliance for Cuba Engagement and Respect« (Acere) habe sich aus Empörung über die Entscheidung Trumps gebildet, die Sanktionen gegen den karibischen Inselstaat inmitten der Covid-19-Pandemie zu verschärfen, erklärte Gründungsmitglied Medea Benjamin der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina. Die von der US-Regierung verhängten Maßnahmen seien bereits in normalen Zeiten schlimm genug, »doch jetzt sind sie einfach nur böse und grausam«, sagte Benjamin. Viele US-Bürger seien empört, dass der Kongress nichts unternehme, um dies zu ändern. »Natürlich gibt es im Kongress Menschen, die gegen Trumps Politik sind und zu der unter Barack Obama begonnenen Öffnung zurückkehren wollen«, erklärte die Aktivistin. Doch viele Politiker seien noch immer bereit, ihren Wahlkampf in dem von ultrarechten Exilkubanern beeinflussten Bundesstaat Florida »über das Leben des kubanischen Volkes zu stellen«.
Benjamins Einschätzung wurde von Bobby Lee Rush, einem Kongressabgeordneten der Demokratischen Partei, bestätigt, der mit zwei Initiativen zur Abmilderung der Blockadefolgen vorerst gescheitert ist. Rush hatte sich mit Änderungsanträgen zum Haushaltsbewilligungsgesetz dafür eingesetzt, dass die von Trump eingeführten Obergrenzen für Überweisungen an Familienangehörige auf der Insel ausgesetzt und die Blockade von Nahrungsmittelexporten aus den USA nach Kuba aufgehoben werden. Der Abgeordnete zog die Anträge jedoch zurück, da er zu der Einschätzung gelangt war, dass sie derzeit keine Chance hätten. Die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba werde aber, »solange ich Mitglied im Kongresse bin, weiterhin oberste Priorität haben«, sagte er der Zeitschrift National Interest. Sein texanischer Abgeordnetenkollege Joaquín Castro pflichtet ihm bei: »Hauptopfer der Sanktionen sind Zivilisten, die wir stärken und nicht verarmen lassen sollten.«
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 08.08.2020