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Unmoralisch und unmenschlich
Russischer Außenminister verurteilt US-Sanktionen gegen Kuba. US-Firma liefert keine Beatmungsgeräte.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die US-Sanktionen gegen Kuba scharf verurteilt. »Sanktionen, die in der gegenwärtigen Situation die Fähigkeiten eines Landes einschränken, der Coronapandemie entgegenzuwirken, sind absolut unmoralisch und unmenschlich«, sagte Lawrow am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Moskau. Wie der lateinamerikanische Nachrichtensender Telesur meldete, prangerte der russische Politiker an, dass die seit 60 Jahren von Washington verhängte Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade das Land daran hindere, Medikamente und medizinische Geräte zu erwerben, die für eine Behandlung von Covid-19-Patienten unerlässlich seien.
Moskaus Chefdiplomat würdigte außerdem die Tätigkeit der von Havanna in zahlreiche Krisengebiete entsandten Sanitätsbrigaden und kritisierte die Angriffe von US-Politikern und westlichen Medien auf die Hilfseinsätze. »Zu meinem großen Bedauern haben die Vereinigten Staaten eine Kampagne gestartet, um die kubanischen Ärzte zu diskreditieren, die in Dutzenden Ländern auf der ganzen Welt arbeiten und nach Lösungen für die schwierigsten Gesundheitsprobleme suchen. Dieses Verhalten ist eines großen Landes nicht würdig«, erklärte Lawrow. In einem Telefongespräch mit seinem kubanischen Amtskollegen Bruno Rodríguez hatte er zuvor gemeinsame Maßnahmen im Kampf gegen die Coronaviruspandemie erörtert und den Ausbau der strategischen Kooperation zwischen beiden Ländern besprochen.
Lawrows Kritik an Washington bezog sich unter anderem auf die Weigerung der US-Firma Vyaire Medical Inc., Beatmungsgeräte nach Kuba zu liefern. Die Tageszeitung Trabajadores hatte am Karfreitag berichtet, dass der Konzern mit Sitz in Illinois die Geschäftsbeziehungen mit der staatlichen kubanischen Im- und Exportfirma Medicuba unter Berufung auf eine »neue Unternehmensrichtlinie« überraschend abgebrochen hatte. »Die einzige Möglichkeit, wie wir die Zusammenarbeit wieder aufnehmen können, ist eine OFAC-Lizenz des US-Finanzministeriums«, teilte Vyaire mit. Auf eine Genehmigung durch das »Amt für Kontrolle von Auslandsvermögen« (Office of Foreign Assets Control, OFAC), das weltweit über die Einhaltung der Blockadebestimmungen wacht, setzt Medicuba-Vizepräsident Lázaro Silva jedoch wenig Hoffnung.
Vyaire war durch Übernahme der im Dreiländereck von Deutschland, Österreich und der Schweiz ansässigen Firma IMT Medical AG sowie des schweizerischen Unternehmens Acutronic Medical Systems AG zum führenden Anbieter von Beatmungsgeräten auf dem Weltmarkt geworden. Für das kubanische Gesundheitswesen, das bis dahin von den beiden europäischen Firmen mit den Geräten beliefert worden war, hatte das fatale Folgen. Auf seiner Homepage versichert der US-Konzern nach Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie zwar: »Es ist unser Ziel sicherzustellen, dass unsere globalen Kunden über die Produkte verfügen, die sie zur Bewältigung dieser globalen Gesundheitskrise benötigen.« Gleichzeitig wurden die Geschäftspartner in Havanna jedoch »mit Bedauern« darüber informiert, dass die zur Behandlung besonders schwerer Krankheitsfälle überlebensnotwendigen Geräte auf Grund von Bestimmungen der US-Blockade nicht mehr nach Kuba geliefert werden dürften.
In der Coronakrise verschärft Washington die Sanktionen weiter. Anfang April hatte ein US-Logistikunternehmen mit Hinweis auf die Blockadegesetze versucht, eine Lieferung von Hilfsgütern des chinesischen Großkonzerns Alibaba zu verhindern. Doch zum Glück der Covid-19-Patienten auf der Insel wird die Blockade teilweise brüchig. Einer Meldung des KP-Zentralorgans Granma zufolge werden seit Donnerstag vergangener Woche Tausende von China gespendete Atemschutzmasken, Schutzanzüge, Handschuhe und Brillen sowie Infrarotthermometer an die Krankenhäuser der Insel ausgeliefert. Der chinesische Botschafter Chen Xi übergab dem Gesundheitsminister in Havanna am 6. April außerdem einen Scheck über 200.000 US-Dollar zur Bekämpfung von Covid-19. Und im Werk des weltweit größten Busherstellers Yutong in der chinesischen Provinz Henan stehen derzeit fünf moderne Unterdruckkrankenwagen für den Transport nach Kuba bereit.
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Volker Hermsdorf
junge Welt, 16.04.2020