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Caracas verstärkt Maßnahmen
Coronavirus in Venezuela: Unterstützung aus Kuba, China und Russland. Washington verschärft Blockade.
Während das Coronavirus SARS-COV-2 sich in den USA und Lateinamerika mit zunehmender Geschwindigkeit ausbreitet, verschärft Washington die Blockade gegen Venezuela. Die Ziele der Sanktionen wurden am Wochenende unter anderem von der Washington Post und dem Nuevo Herald beschrieben. Probleme bei der Nahrungsmittel- und Medikamentenversorgung könnten zum »Zusammenbruch der Krankenhäuser, Plünderungen und sozialen Unruhen« führen, zitierte der Nuevo Herald am Sonnabend – allerdings ohne Namensnennung – einen »angesehenen venezolanischen Analysten«. Die Lungenkrankheit Covid-19 habe das Potential, »eine Situation größerer Verwundbarkeit für das Regime zu schaffen und die Machtdynamik in Venezuela radikal zu verändern«, folgerte die in Miami erscheinende, den kubanischen und venezolanischen Contras nahestehende Tageszeitung.
Am Sonnabend hatte Kommunikationsminister Jorge Rodríguez über 70 bestätigte Infektionen in Venezuela berichtet. Bislang sei niemand gestorben, 15 Menschen seien geheilt worden. Die Statistik der Johns-Hopkins-Universität bestätigte die Angaben. Rodríguez erklärte auf einer Pressekonferenz, dass bei allen in Venezuela aufgetretenen Fällen das Virus aus europäischen Ländern wie Italien und Spanien sowie aus Kolumbien und Panama eingeschleppt worden sei.
Obwohl die Anzahl der Erkrankten damit am Sonntag noch deutlich niedriger war als in den Nachbarländern Brasilien mit 1.178 und Kolumbien mit 210 gemeldeten Fällen, verstärkte die Regierung die Schutzmaßnahmen. So wurden Ausgangssperren verhängt und Zigtausende Menschen auf das Virus getestet. »In Venezuela zielt unser Präventionsmodell darauf ab, vor allem die Bevölkerung zu schützen und nicht die Interessen der Wirtschaft«, sagte der Minister. Rodríguez erklärte, dass die Regierung im ständigen Austausch mit Experten der Weltgesundheitsorganisation stehe und die Umsetzung der von dort vorgeschlagenen Maßnahmen durch das vom verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez eingeführte »Barrio Adentro«-System zur flächendeckenden medizinischen Grundversorgung der gesamten Bevölkerung begünstigt werde.
Zur Unterstützung von mehr als 20.000 venezolanischen Medizinern, die in den vergangenen Wochen speziell geschult wurden, sind am Freitag weitere 130 Ärzte aus Kuba eingetroffen. Am selben Tag kamen in Caracas Tausende Tests zur Diagnose des Virus aus China an. Wie Präsident Nicolás Maduro in der Fernsehsendung »Con el Mazo Dando« mitteilte, besteht seit Freitag eine wöchentliche Luftbrücke für weitere Hilfslieferungen aus der Volksrepublik. Darüber sollen laut Maduro in den nächsten Tagen zu den 300.000 bereits eingetroffenen weitere zwei Millionen Tests geliefert werden. Russland kündigte für diese Woche ebenfalls Hilfslieferungen von medizinischem Material an.
Maduro versicherte, dass dank der Unterstützung dieser Länder sowie der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation derzeit ausreichende Medikamente zur Behandlung von Covid-19-Patienten zur Verfügung stünden. Seine Stellvertreterin Delcy Rodríguez erklärte, dass sieben Millionen Haushalte derzeit über das Programm der »Lokalen Komitees zur Versorgung und Produktion« (CLAP) mit Lebensmitteln versorgt würden. Beide Politiker warfen den USA vor, die Lieferung von Hilfsgütern zu behindern.
Maduro hatte bereits in der vergangenen Woche berichtet, dass Washington Schiffe und Flugzeuge mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und medizinischen Geräten für Venezuela blockiere. »Inmitten dieser Pandemie verstärkt die Regierung der USA ihre kriminellen und mörderischen Maßnahmen gegen das Volk von Venezuela. Wir müssen die Welt um Unterstützung bitten«, erklärte der Staatschef im venezolanischen Fernsehen.
Wie der Nachrichtensender Telesur am Sonnabend meldete, fordern mehrere US-Wirtschaftswissenschaftler, die Sanktionen gegen Venezuela und andere Länder unverzüglich aufzuheben. Diese Maßnahmen würden die Beschaffung von Finanzmitteln, Medikamenten und Nahrungsmitteln erschweren und die weltweiten Bemühungen zur Eindämmung des Coronavirus konterkarieren, erklärte die Gruppe um den bekannten Wirtschaftswissenschaftler Dean Baker.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 23.03.2020