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Dank für Solidarität
Hunderte bei Auftritt des früheren linken brasilianischen Präsidenten Lula da Silva in Berlin.
Der frühere linke Präsident Brasiliens Luiz Inacio Lula da Silva am Dienstag in Berlin
Foto: Christian Ditsch
Die Erwartungen der Veranstalter wurden übertroffen. Mehr als 700 Teilnehmer, die meisten in Brasilien geboren, kamen am Dienstag abend zum Auftritt des früheren brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in den Festsaal Kreuzberg am Flutgraben in Berlin. Lula hielt dort eine Rede über die »Verteidigung der Demokratie in Brasilien«. Bei Wind und Regen hatten bereits Stunden vor Beginn Anhänger des Politikers der Arbeiterpartei (PT) vor der Konzerthalle auf Einlass gewartet.
Während seiner einstündigen Ansprache ging Lula vor allem mit der Politik der Regierung von Jair Bolsonaro ins Gericht. Ihre Wirtschaftspolitik für die »Eliten« des Landes – und nicht China oder das Coronavirus – sei für die anhaltende Krise verantwortlich. In der Gesellschaft habe sich mittels Lügen und sogenannter Fake News »der Hass breitgemacht«. Die großen Medien, so Lula, hätten dem nichts entgegengesetzt. Er habe sich »niemals vorstellen können«, so der frühere Präsident, dass »Brasilien einen solchen Rückschritt erleidet, wie es heute der Fall ist«. Er kritisierte auch die Anerkennung des rechten Politikers Juan Guaidó als Präsident Venezuelas durch westliche Staaten: »Wenn jemand an die Regierung will, soll er sich demokratisch wählen lassen.«
Unter viel Jubel dankte der Politiker allen, »die mit mir gemeinsam kämpfen«. Organisiert hatte das Event ein Komitee, dem Vertreter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und der Gewerkschaft IG Metall, des Lateinamerika-Forums Berlin (LAF), des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika (FDCL), der Brasilien-Initiative Berlin sowie des Solinetzwerkes Kooperation Brasilien (Kobra) angehörten.
Berlin bildete nach Rom, Paris und Genf die letzte Station einer Tour des Politikers durch Europa. Mit ihr reagierte Lula auf die Solidarität, die er während seiner Haft erfahren hat. Von April 2018 bis November 2019 saß er als Opfer politischer Justiz im Gefängnis. In die deutsche Hauptstadt war Lula auf Einladung der FES gekommen.
Am Sonntag hatte er am Denkmal für die 1919 ermordete KPD-Mitbegründerin Rosa Luxemburg am Landwehrkanal eine Videobotschaft zum Internationalen Frauentag aufgezeichnet. Tags darauf wirkte der frühere Metallgewerkschaftsführer an einer Konferenz der IG Metall und der Gewerkschaftsverbände Industriall und UNI Global Union über transnationale Strategien für Arbeitskämpfe mit. Unter anderem traf Lula in Berlin den neuen SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans sowie die SPD-Bundestagsabgeordneten Yasmin Fahimi und Martin Schulz.
Vor seinem Auftritt im Festsaal Kreuzberg war Lula am Dienstag auch Gast im Berliner Karl-Liebknecht-Haus, wo er ein Gespräch mit dem Kovorsitzenden der Partei Die Linke, Bernd Riexinger, und mit Heinz Bierbaum, Präsident der Europäischen Linken, führte. Dabei charakterisierte Lula Brasiliens Staatschef Bolsonaro als Faschisten und verwies auf die vielen Militärs in dessen Regierung. Ihr Anteil liege über dem während der Diktatur (1964–1985). Die PT-Regierungen hätten trotz Erfolgen keine echte Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums erreicht, bemerkte Lula. Er warb für eine internationale Initiative linker Parteien, die die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt.
Veröffentlichung |
Hannah Lorenz
junge Welt, 12.03.2020