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US-Blockade zum Trotz

Kubanisches Arzneimittel auch gegen das neuartige Coronavirus im Einsatz.

In Kuba wird auf Initiative des 2016 verstorbenen Revolutionsführers Fidel Castro seit rund 40 Jahren trotz US-Blockade das antivirale Arzneimittel Interferon hergestellt. Das seit dem 25. Januar auch in dem gemeinsamen kubanisch-chinesischen Pharmawerk »Chang Heber« in Changchun, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Jilin, produzierte Medikament »Interferon alpha 2B (IFNrec)« kommt jetzt im Kampf gegen die vom neuartigen Coronavirus verursachte Lungenkrankheit »Covid-19« zum Einsatz. Da mit der Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erst in einigen Monaten zu rechnen ist, wird den Patienten eine Kombination aus antiviralen Medikamenten und Produkten der traditionellen chinesischen Medizin sowie Wirkstoffen, die für andere Krankheiten wie etwa HIV entwickelt wurden, verabreicht. Das unter dem Namen »Heberón Alfa R« vertriebene kubanische Arzneimittel gegen virale Infektionskrankheiten soll der Verbreitung von »Covid-19« entgegenwirken. Dank der Zusammenarbeit der beiden sozialistischen Länder betragen die Kosten dafür nur einen Bruchteil dessen, was in westlichen Ländern für eine Interferon-Behandlung anfällt.

Auf dem Weltmarkt werden vor allem Interferon-Produkte westlicher Biotech-Hersteller angeboten, die mit der Arznei jährlich Milliarden Euro einnehmen. Für eine Behandlung können pro Patient Kosten in Höhe von mehreren zehntausend Euro anfallen. Während die Pharmagiganten Milliarden an Kranken verdienen, bietet Kuba eine kostengünstigere Alternative. Da das Medikament für das Land unbezahlbar war, habe Fidel Castro 1981 sechs Forscher nach Helsinki geschickt, um beim finnischen Professor Kari Cantell dessen Herstellung zu erlernen, berichtete der wissenschaftliche Berater der staatlichen pharmazeutischen Unternehmensgruppe Biocubafarma, Dr. Luis Herrera, am Dienstag im Onlineportal Cubadebate. Seit Mai des selben Jahres wird in Kuba Interferon produziert, nachdem es Forschern des Landes gelungen war, den damals als eine Art Wundermittel gegen Krebs und Infektionen geltenden Wirkstoff aus weißen Blutkörperchen zu produzieren.

Gegenüber demselben Medium erklärte Santiago Dueñas Carrera, Vizedirektor des Joint-Venture-Unternehmens »Chang Heber«, in China werde das kubanische Medikament »Heberón Alfa R« bereits seit 2007 vor allem zur Behandlung von Hepatitis B und C verwendet. Angesichts der schnellen Ausbreitung des Coronavirus sei die Produktion des Werkes in Changchun, in dem bislang andere Produkte hergestellt worden seien, auf Anraten der Kubaner auf die Produktion von Interferon umgestellt worden. Havanna habe zur Unterstützung des bereits vorhandenen kubanischen Personals zwei zusätzliche Spezialisten nach China geschickt, so Herrera.

Kubas Erfahrungen im medizinischen Sektor halfen bei der Eindämmung der Cholera nach dem Erdbeben von 2010 in Haiti sowie im Kampf gegen die Ausbreitung der Ebolaepidemie 2014 in Westafrika und fanden weltweite Anerkennung. Heute tragen sie in bescheidenerem Umfang auch zum Kampf gegen die Verbreitung der neuartigen Lungenkrankheit bei. Trotzdem versucht die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Anstrengungen Kubas auf medizinischem Gebiet zu sabotieren. Laut dem letztjährigen Bericht über die Auswirkungen der US-Blockade wurden dem kubanischen Gesundheitswesen von April 2018 bis März 2019 wirtschaftliche Schäden in Höhe von mehr als 104 Millionen US-Dollar (rund 95 Millionen Euro) zugefügt. Zugleich wurden kubanischen Wissenschaftlern die Visa zur Teilnahme an Weltkongressen für medizinische Forschung in den USA verweigert und der Import von Anlagen, mit denen sich Medikamente nach neuesten biotechnischen Verfahren herstellen lassen, unterbunden.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf

junge Welt, 08.02.2020