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Schwere Geschütze
USA weiten Einreiseverbote gegen in Kuba aktive spanische Unternehmen aus. Hotelkonzern beruft sich auf EU-Recht.
Die Trump-Regierung verweigert dem Chef der spanischen Hotelkette Meliá die Einreise in die USA. Wie das Unternehmen am Mittwoch vergangener Woche bestätigte, teilte das US-Außenministerium dem Vizepräsidenten der Unternehmensgruppe, Gabriel Escarrer Jaume, bereits Ende 2019 mit, dass er das Land nicht betreten dürfe. Als Grund habe die Behörde angegeben, dass sein Unternehmen in Holguín auf Kuba zwei Hotels betreibe, die auf einem Grundstück der nach der Revolution enteigneten Großgrundbesitzerfamilie Sánchez Hill lägen. »Wir gehen davon aus, dass ähnliche Briefe an mehr als 50 Unternehmen mit Beteiligungen in Kuba geschickt wurden«, heißt es in einer dazu von Meliá verbreiteten Erklärung.
Die spanische Onlinezeitung Vozpópuli berichtete am Donnerstag, dass Washington das Einreiseverbot mittlerweile auf die gesamte Führung des Hotelkonzerns ausgedehnt habe. Nach den US-Bestimmungen kann das Außenministerium Ausländer auch ohne Gerichtsverfahren auf eine schwarze Liste setzen, wenn gegen sie der Vorwurf erhoben wird, Handel oder Geschäfte mit Besitztümern enteigneter US-Bürger oder Unternehmen zu betreiben. Das Einreiseverbot erstreckt sich auch auf enge Verwandte, Ehepartner und minderjährige Kinder. Obwohl die USA damit schweres Geschütz auffahren, will Konzernchef Escarrer nicht nachgeben. »Die Meliá-Gruppe wird ihre Pläne in Kuba trotz der Drohungen Trumps nicht ändern«, zitierte ihn das touristische Fachportal »Preferente« am Mittwoch.
Die USA berufen sich bei ihrem Vorgehen auf das bereits 1996 verabschiedete Helms-Burton-Gesetz, dessen dritter Teil bislang durch alle US-Präsidenten ausgesetzt, von Donald Trump jedoch im April vergangenen Jahres erstmals in Kraft gesetzt worden war. Danach können Exilkubaner seit dem 2. Mai 2019 in den USA gegen in Kuba tätige ausländische Personen oder Firmen klagen, wenn ihr Besitz im Zuge der Revolution konfisziert wurde. Laut Trump verfolgt seine Regierung damit auch das Ziel, die kubanische Wirtschaft zu schwächen. »Wer in Kuba Geschäfte macht, sollte genau untersuchen, ob er dies auf Grundstücken tut, die von einem gescheiterten kommunistischen Experiment gestohlen wurden«, hatte zuvor US-Außenminister Michael Pompeo am 17. April erklärt. Die Nachfahren der Großgrundbesitzerfamilie Sánchez Hill, die auf einem 485 Quadratkilometer großen Gelände – größer als die Fläche des 77.000 Einwohner zählenden europäischen Binnenstaates Andorra – eine Zuckerfabrik und weitere Unternehmen betrieben hatte, waren im September mit einer Schadenersatzforderung gegen Meliá gescheitert. Ein Gericht in Palma de Mallorca hatte die Klage abgewiesen. »Die Gerichte eines anderen Landes dürfen sich nicht darauf einlassen, die Rechtmäßigkeit eines kubanischen Gesetzes aus dem Jahr 1960 oder Maßnahmen, die ein souveräner Staat durchgeführt hat, zu überprüfen«, erklärten die Richter. Anfang Januar weigerte sich auch das US-Bezirksgericht in Florida, ein dort gegen Meliá angestrengtes Verfahren zuzulassen. Trotzdem hält das Außenministerium die Einreiseverbote für das gesamte Spitzenmanagement des Konzerns weiter aufrecht.
Meliá verweist darauf, dass die Anwendung des Helms-Burton-Gesetzes EU-Recht widerspreche. »Wenn Escarrer den Forderungen der USA nachgeben würde, verstieße er gegen europäische Vorschriften«, erläutert Vozpópuli die Rechtslage. Der Onlinezeitung zufolge hatte Industrieministerin María Reyes Maroto Illera etwas lau versichert, dass die von Pedro Sánchez geführte Regierung in Madrid die Interessen der Unternehmen im Konflikt mit den USA verteidigen werde. Dazu ist sie per Gesetz auch verpflichtet. Spanische Firmen können die Regierung verklagen, wenn sie nicht vor dem Helms-Burton-Gesetz geschützt werden.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 11.02.2020