Nachrichten aus und über Kuba
Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.
Nieder mit der Blockade
Die USA verschärften ihre Bemühungen, die Kubanische Revolution in die Knie zu zwingen.
Liebe Teilnehmer der 25. Rosa-Luxemburg-Konferenz, für mich als jungen Kubaner ist es eine Auszeichnung, dass ich hier zu Ihnen sprechen kann auf dieser Konferenz, die seit 1996 ein Referenzpunkt für die fortschrittliche revolutionäre Linke darstellt. Es ist stets ein Raum, der Kuba große Aufmerksamkeit widmet. Hier können wir Gedanken austauschen, unsere Kräfte bündeln und die Aggressionen anprangern, denen die Völker ausgesetzt sind, die einen würdevollen Weg der Unabhängigkeit gewählt haben. Haben denn etwa die Armen kein Recht auf eine eigene Entwicklung? Müssen sich die Länder der »Dritten Welt« damit abfinden, Rohstoffe und billige Arbeitskräfte für das internationale Kapital bereitzustellen? Welches Bewusstsein ist erforderlich, um die Ungerechtigkeiten auf diesem Planeten zu überwinden?
Unsere kleine Insel in der Karibik ist nur 90 Meilen von den Vereinigten Staaten von Amerika entfernt, diesem kriegerischen Imperium, das heute den Frieden auf der Welt bedroht. Kuba zeigt, dass es durchaus möglich ist, einen sozialistischen Rechtsstaat zu erbauen mit sozialer Gerechtigkeit, Demokratie, Unabhängigkeit und Souveränität, organisiert von allen für das Gut und das Wohl aller. Kuba ist ein sozialistischer Staat, der sich auf der Arbeit, der Würde und dem Humanismus seiner Bürgerinnen und Bürger begründet, ein Staat, der sicherstellt, dass die Menschen in Freiheit, Gleichheit, Gleichberechtigung, Solidarität sowie Wohlstand des Einzelnen und des Kollektives leben könne.
Sozialismus festgeschrieben
So bringt es auch der erste Artikel der neuen Verfassung zum Ausdruck. Diese Verfassung ist im letzten Jahr angenommen worden mit der Zustimmung von 85 Prozent derjenigen, die an der Wahl teilgenommen haben. Zuvor gab es einen breiten Konsultationsprozess mit der Bevölkerung, an dem sich neun Millionen Bürgerinnen und Bürger beteiligt hatten und in dessen Folge 60 Prozent des ursprünglichen Verfassungstextes geändert wurden. Das ist nur ein Beispiel der breiten Demokratie, die wir in Kuba haben, einer Demokratie, die auf unseren eigenen Wurzeln basiert, natürlich ausgehend von den Erfahrungen aus anderen Ländern.
Die neue Verfassung garantiert die Fortsetzung der Kubanischen Revolution, die Unumkehrbarkeit des Sozialismus in Kuba. Und sie zeigt den Weg der Gesellschaft zum Kommunismus. Jene die hofften, dass die junge Generation der Kubanerinnen und Kubaner die Revolution verraten oder mutlos sein würde, die glaubten, dass wir den sozialistischen Weg aufgeben würden, haben sich wieder einmal geirrt. Das Volk ist einiger den je unter der Leitung von Raúl Castro, dem ersten Sekretär der Kommunistischen Partei, unter der Führung des Präsidenten Miguel Díaz-Canel, einem Menschen, der durch die Revolution geformt worden ist.
Das ist eine schlechte Nachricht für die Regierung von Donald Trump, die mit einer Verschärfung der Blockade gegen unser Land reagiert und versucht, uns vom Handel wie von der Möglichkeit der Kreditaufnahme auszuschließen. Die Blockade seitens der USA dauert jetzt schon fast sechzig Jahre an. Wenn man die aktuellen Preise ansetzt, lässt sich der materielle Schaden, der unserem Land durch diese Maßnahme entstanden ist, mit 138,8 Milliarden US-Dollar (126 Milliarden Euro, jW) beziffern. Immer wieder aufs neue international geächtet, bildet das Embargo eines der wichtigsten Hemmnisse für die Entwicklung unserer Nation.
Es gibt keinen Bereich des Lebens in Kuba, der nicht unter den Folgen dieser furchtbaren Politik leidet. Es gibt Menschen, die die wirtschaftliche Situation Kubas bewerten, ohne die Folgen der Blockade zu beachten. Sie argumentierten, dass wirtschaftliche Instabilität in der Natur des Sozialismus liege. Sie lassen die Verluste durch die Blockade außer acht und tun so, als bestünde überhaupt kein Zusammenhang mit den Schwierigkeiten unseres täglichen Lebens.
Und dennoch ist es trotz aller Widrigkeiten und Schwachpunkte so, dass Kuba ein erfolgreiches soziales Modell aufgebaut hat. Wieviel mehr könnten wir noch tun für unsere Kinder, für unsere Frauen und älteren Menschen, wenn dieser furchtbare Wirtschaftskrieg nicht existierte?
Die nordamerikanischen Beamten sagen, die Blockade sei lediglich ein Vorwand der kubanischen Regierung, das eigentliche Problem sei das politische, wirtschaftliche und soziale System, das wir gewählt haben. Wenn dem so wäre, warum schaffen sie die Blockade denn dann nicht ab? Warum nehmen sie uns diesen angeblichen Vorwand nicht einfach aus der Hand? Sie tun es nicht, weil sie sehr gut wissen, dass wir dann aller Welt zeigen könnten, wie sehr wir in der Lage sind, uns erfolgreich zu entwickeln.
Falsch und scheinheilig ist es, wenn Donald Trump und sein Außenminister Michael Pompeo behaupten, dass das kubanische Volk nicht Ziel ihrer Angriffe sei, sondern sich diese lediglich gegen die kubanische Regierung richteten. In ihrer arroganten Haltung unterschätzen sie die Fähigkeiten der Millionen Menschen unserer Insel, die Zusammenhänge richtig zu verstehen. Wir wissen, was die Absicht hinter diesem Vorwurf ist: Sie wollen unsere nationale Einheit untergraben, sie wollen die Schuld für unsere Wirtschaftsprobleme auf unsere Führung abwälzen. Aber die Kubaner wissen, dass sich die internationalen Sanktionen nicht gegen die Regierung, sondern gegen das Volk selbst richten.
Ich bin Chefredakteur der Tageszeitung Juventud Rebelde, die sich an die Jugend richtet. In Zusammenhang mit dieser Tätigkeit gehört es auch zu meinen Aufgaben, über die einzelnen Aggressionen der US-amerikanischen Regierung gegen Kuba und unsere Reaktionen darauf zu informieren. Für das Jahr 2019 lässt sich sagen, dass die USA fast jede Woche eine neue Maßnahme ergriffen haben. Immer wieder wurden die Daumenschrauben angezogen. An jedem sieben Tag verschärften sie die Blockade, so hat es auch Präsident Miguel Díaz-Canel gesagt.
Helms-Burton-Gesetz
Diese Aktionen im einzelnen aufzuführen würde die Zeit meines Vortrages sprengen, aber sie können nachgelesen werden auf den Webseiten der kubanischen Medien. Ich möchte nur einige herausgreifen. Im Mai vergangenen Jahres hat Präsident Trump den Artikel drei des sogenannten Helms-Burton-Gesetzes aktiviert, ein illegales, Völkerrechtswidriges Gesetz, das 1996 unter William Clinton verabschiedet wurde, um die Blockade zu verschärfen. Die vorherigen Präsidenten haben diesen Artikel nicht aktiviert, aber Trump hat es getan. Nun ist es Bürgern der USA, sogar Amerikanern kubanischer Herkunft, die vor 1959 gar keine kubanischen Staatsbürger waren, möglich, natürliche oder juristische Personen, also Firmen, vor US-Gerichten anzuklagen, wenn diese an Wirtschaftsunternehmen beteiligt sind oder mit diesen Wirtschaftsbeziehungen unterhalten, die rechtmäßig von der kubanischen Regierung enteignet wurden. Dieses Gesetz verstößt gegen alle elementaren Regeln der UNO, Vereinbarungen der freien Selbstbestimmung, des freien Handels und der Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Staaten und des friedlichen Zusammenlebens aller Nationen.
Die Bestimmungen des Helms-Burton-Gesetzes stellen eine Aggression dar, eine ungebührliche Einmischung in die Angelegenheiten unseres Landes. Man nehme zum Beispiel den Artikel zwei des Gesetzes. Dort wird ein zukünftiges System der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Organisationen Kubas vorgestellt – für die Zeit nach dem Sturz der existierenden kubanischen Regierung. Nachdem das Helms-Burton-Gesetz im März 1996 in Kraft getreten war, hat unser Parlament mit dem sogenannten Gesetz über die Würde und die Souveränität Kubas reagiert. Dieses erklärt das Helms-Burton-Gesetz als auf unserem nationalen Gebiet nicht anwendbar und juristisch nicht wirksam.
Ich gebe weitere Beispiele: Kreuzfahrtschiffe aus den USA dürfen nicht mehr auf Kuba anlegen, und auch Flüge aus den USA in die kubanischen Provinzen mit Ausnahme von Havanna wurden untersagt. 2019 wurde auch verboten, Produkte, die mehr als zehn Prozent US-amerikanische Komponenten enthalten, nach Kuba einzuführen. Es wurde ebenfalls verboten, dass US-Vermittlerbanken Dollar-Zahlungen zwischen kubanischen Banken und Drittländerbanken durchführen. Zudem wurde vom »Amt für die Kontrolle von Auslandsvermögen« (Office of Foreign Assets Control) des Finanzministeriums der USA die Möglichkeit von Geldüberweisungen an Personen in Kuba auf 1.000 Dollar pro Quartal reduziert. Finanzielle Zuwendungen an nahe Familienangehörige von kubanischen Beamten und Mitgliedern der Kommunistischen Partei wurden ganz verboten.
Am 14. Februar 2019 verhängte dieses Amt eine Strafzahlung von mehr als fünf Millionen US-Dollar gegen eine US-Tochtergesellschaft mit Sitz in Deutschland, weil angeblich 304 Verstöße gegen US-Bestimmungen vorlägen. Diese Fabrik stellt chemische Produkte für die industrielle Nutzung her und hat diese zwischen Mai 2012 und Februar 2016 an Kuba verkauft.
Einen besonderen Schwerpunkt legen die USA bei ihren Aggressionen auf die Verfolgung von Schiffen, die Kraftstoffe nach Kuba bringen. Die nationale Wirtschaft ist aufgrund dessen in eine bedrohliche Situation geraten. Viele andere Länder hätten unter solchen Umständen sicherlich die Sozialausgaben gekürzt oder die Preise für Benzin und Strom erhöht. Die Auswirkungen waren hart. Trotzdem haben wir in unserem Land keine einzige Schule und kein einziges Krankenhaus geschlossen. Wir werden niemals neoliberale Maßnahmen anwenden. Statt dessen haben wir die Bevölkerung zur Sparsamkeit und zur Solidarität untereinander aufgerufen. Es war ein Aufruf an alle, nicht für sich selbst, sondern als Land zu denken. Wir haben erneut gezeigt, dass die Widerstandsfähigkeit des kubanischen Volkes stärker ist als jegliche Aggression des Imperiums
Rechte Offensive
In den letzten Monaten ist auch unsere Zusammenarbeit auf dem medizinischen Sektor in die Kritik geraten. In den vergangenen 56 Jahren haben insgesamt 400.000 kubanische Spezialisten in 164 Ländern gearbeitet. Wir haben dort Solidarität geleistet und denen, die es am meisten brauchen, Hilfe gebracht – und zwar freiwillig und unentgeltlich. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat diese Leistung anerkannt, insbesondere den Beitrag Kubas beim Kampf gegen die Ebolaepidemie in Westafrika in den Jahren 2014 bis 2016. Dennoch stellen die Massenmedien des Imperialismus unsere Mediziner als Agenten unserer Regierung und politische Unruhestifter dar. Sie haben eine Verleumdungskampagne gegen sie begonnen, die von Lakaienregierungen wie zum Beispiel der von Jair Bolsonaro in Brasilien oder der aktuellen Putschregierung in Bolivien aufgegriffen wird, die die Ärzte bezichtigen, die legitimen Proteste der Bevölkerung in diesen Ländern anzufachen.
Zur Zeit geht die reaktionäre Rechte – unterstützt und angeleitet von den USA – mit allen Mitteln gegen die fortschrittlichen Kräfte in Lateinamerika vor. Die USA nutzen nichtkonventionelle Kriegsmethoden. Sie bedienen sich der großen Medienkonzerne und der sozialen Netzwerke für ihre Interessen und unterstützen Staatsstreiche. Der Fall Lula in Brasilien und der jüngste Putsch gegen Evo Morales in Bolivien zeigen dies am deutlichsten. Der Imperialismus und seine Bündnispartner in Lateinamerika und in der Karibik sind gegen jegliche transformatorische Emanzipation. Sie wollen nicht zulassen, dass es fortschrittliche Regierungen gibt in einem Bereich, den sie als ihren Hinterhof betrachten. Sie versuchen alles, um die Leute durch die großen Medien zu beeinflussen. Sie wollen das neoliberale Modell als Allheilmittel verkaufen und verteufeln jeden, der sich gegen ihre Diktate wendet. Im kapitalistischen Wörterbuch stehen die Begriffe »Diktator« und »Tyrann« nur für jene, die das Wort »Sozialismus« in den Mund nehmen oder sich für die Unterdrückten einsetzen. Auch die Kampagne gegen Venezuela ist Teil dieser Strategie, die von den USA aus gelenkt wird.
Kuba setzt sich demgegenüber für die Verkündung einer Friedenszone in Lateinamerika und der Karibik ein, ganz so, wie es auch auf dem Gipfeltreffen der »Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten« 2014 in Havanna verabschiedet wurde. Wir sind für das Recht der Nationen, ihr eigenes politisches, wirtschaftliches, soziales und kulturelles System zu bestimmen – ohne Einmischung oder Druck von außen. Wir lehnen jegliche Absichten westlicher Mächte ab, ein einziges Demokratiemodell umzusetzen, denn die Demokratie ist kein Vermächtnis eines einzelnen Landes oder irgendeiner Region. Kuba exportiert nicht sein demokratisches Modell und will auch niemandem politische Vorschriften machen. Wir wissen, dass unser System nicht perfekt ist, dass es verbessert werden kann und muss.
Was aber nicht geändert wird, sind unsere Grundsätze, für die wir als Kubaner in verschiedenen Generationen gekämpft haben. Was wir nicht ändern werden, isst der Wille, weiterhin den Sozialismus in Kuba aufzubauen.
Auch wenn ich in meiner Rede nur auf die jüngsten Ereignisse zu sprechen gekommen bin, so ist doch der Konflikt zwischen den USA und Kuba historischer Art. Er hat nicht mit dem Sieg der Kubanischen Revolution 1959 begonnen. Der Ursprung liegt in der »Theorie der reifen Frucht«, die als politische Handlungsmaxime schon 1823 aufgestellt wurde, als die USA erste Ansprüche auf Kuba anmeldeten und ersuchten, die Insel zu kaufen oder zu annektieren. Es gab im Laufe des 19. Jahrhunderts immer wieder solche versuche. Aber bei jedem Manöver des Imperiums, unser Vaterland einzunehmen, hat es immer eine energische und schlagkräftige Antwort des kubanischen Volkes gegeben. 2019, als es wieder eine Aggression der USA gab, hat unser Volk sich dagegen gewehrt. Wir sehen das Ergebnis. Das Wachstum der kubanischen Wirtschaft ist nicht eingebrochen, sondern liegt weiterhin höher als der Durchschnitt in Lateinamerika und der Karibik. Wir entwickeln weiterhin unser Bildungs-- und Gesundheitssystem, das kostenlos ist. Und wir stellen dafür zum Beispiel im Jahr 2020 52 Prozent des staatlichen Budgets bereit. Die Kindersterblichkeitsrate liegt weiterhin bei fünf je tausend Geburten. Trotz des Boykotts des Tourismus haben im letzten Jahr mehr als vier Millionen Menschen Kuba besucht. Das erfreut uns. Es wurden weitere Häuser errichtet, das Internet wurde ausgebaut, und es wurden neue Projekte mit Hilfe ausländischer Investitionen initiiert. Wir entwickeln uns also trotz der imperialen Umklammerung weiter.
Von der Revolution geprägt
Heute vor sechzig Jahren übergab der oberste Kommandierende, Fidel Castro, der historische Anführer der Kubanischen Revolution, dem Bildungsministerium eines der Zentren des Unterdrückungsapparates der Batista-Diktatur, die hinweggefegt wurde durch die Rebellenarmee. Dieses Zentrum war eine Polizeistation, sie wurde in eine Schule umgewandelt.. Das war am 11. Januar 1960. Ich möchte meine Rede im Gedenken an Fidel Castro und mit der Gewissheit, dass die neuen Generationen das Werk, das er uns übergeben hat, weiterführen werden, schließen. Fidel sage damals vor sechzig Jahren: »Wir sind voller Vertrauen, denn wir wissen, eins werden sie nie schaffen, nämlich, das Volk in die Irre zu leiten. Sie werden es nicht schaffen, den Menschen die Liebe wegzunehmen, die sie für die Revolution fühlen. Sie werden es nicht schaffen, dem Volk den Glauben an die Revolution zu nehmen. Sie werden es nicht schaffen, dem Volk die Hoffnung wegzunehmen auf ein besseres Vaterland. Wenn sie eine Sache niemals schaffen werden, ist es, dem Volk die Erinnerung an die furchtbare Vergangenheit wegzunehmen, die nie wiederkommt.«
Es lebe Fidel. Es lebe die Kubanische Revolution. Es leben die Völker, die für eine bessere Welt kämpfen. Es lebe die Solidarität. Es lebe Rosa Luxemburg. Wir werden siegen.
Yoerky Sánchez Cuellar ist Chefredakteur der Tageszeitung Juventud Rebelde, Abgeordneter der Nationalversammlung und Mitglied des kubanischen Staatsrates.
Veröffentlichung |
Übersetzung aus dem Spanischen: Maria Thumser
junge Welt, 29.01.2020