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Lula ist frei!
Brasiliens früherer Präsident aus der Haft entlassen. Tausende begrüßen Politiker in Curitiba.
Nach 580 Tagen im Gefängnis ist der frühere brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wieder frei. Der 74jährige verließ am Freitag das Polizeipräsidium von Curitiba, wo er seit April 2018 eingesessen hatte. Kurz zuvor hatte ein Richter in der Stadt im Süden des Landes seine vorläufige Freilassung angeordnet. Tausende Aktivisten begrüßten den ehemaligen Staatschef, als er an der Seite seiner Anwälte, von Familienangehörigen und der Vorsitzenden der Arbeiterpartei (PT), Gleisi Hoffmann, aus dem Tor der Polizeizentrale trat. Lula streckte eine geballte Faust zum Himmel und umarmte viele Menschen. In einer spontanen Ansprache dankte er denen, die zu seiner Freilassung beigetragen haben, insbesondere den Menschen, die in der gesamten Zeit mit einem Protestcamp vor der Haftanstalt ausgeharrt und ihn morgens, mittags und abends gegrüßt hatten. »Ihr wart es, die die Demokratie am Leben erhalten haben«, rief Lula ihnen zu. »Sie wollten nicht einen Mann einsperren, sondern eine Idee!«
Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hatte am Donnerstag (Ortszeit) entschieden, dass in erster und zweiter Instanz verurteilte Straftäter bis zur Ausschöpfung aller möglichen Rechtsmittel auf freiem Fuß bleiben dürfen. Weil die Unschuldsvermutung bis zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel gelte, sei eine vorzeitige Inhaftierung unzulässig, so die Richter. Lulas Anwälte beantragten daraufhin umgehend seine Freilassung – mit Erfolg. Es gebe »keinerlei Grundlage mehr für den Vollzug der Strafe«, begründeten die Richter ihre Entscheidung.
Lula war 2017 in einem von Unregelmäßigkeiten überschatteten Prozess wegen Korruption verurteilt worden. Seit April 2018 saß er seine Haftstrafe ab, die zuletzt vom Obersten Gericht von rund zwölf Jahren auf acht Jahre und zehn Monate herabgesetzt worden war. Der damalige Ermittlungsrichter Sérgio Moro hatte Lula vorgeworfen, als Gegenleistung für lukrative Aufträge des Staatskonzerns Petrobras an das Bauunternehmen OAS eine Luxuswohnung erhalten zu haben. Lula hat das stets zurückgewiesen, und handfeste Beweise konnte die Anklage nie vorlegen. Trotzdem wurde er verurteilt. Telegram-Chats des Richters mit den Staatsanwälten, die der Enthüllungsplattform The Intercept zugespielt wurden, belegen inzwischen, dass das gesamte Verfahren eine Farce war.
Moro sorgte auch dafür, dass Lula, der eigentliche Favorit, zu den Präsidentschaftswahlen 2018 nicht antreten durfte. Nach dem Wahlsieg des Faschisten Jair Bolsonaro bedankte sich dieser und machte Moro zu seinem Justizminister. (dpa/AFP/PL/jW)
Veröffentlichung |
junge Welt, 08.11.2019