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Medwedew in Havanna
Russischer Premier trifft Díaz-Canel und Castro. »Strategische Partnerschaft« wird vertieft.
Bei einem zweitägigen Besuch des russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew in Havanna haben Russland und Kuba ihre strategische Partnerschaft weiter ausgebaut. In Anwesenheit des Gastes und des kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel unterzeichneten Vertreter beider Länder am Donnerstag acht bilaterale Kooperationsverträge. Die Abkommen betreffen Projekte in der Automobil- und Eisenbahnindustrie, der Biotechnologie, der Landwirtschaft, im Energiesektor und zum Ausbau der Digitaltechnik.
»Diese Verträge dokumentieren mehr als alle Worte unser Interesse an einer Stärkung der strategischen Zusammenarbeit«, erklärte Medwedew nach seinen Gesprächen mit Díaz-Canel und dem Ersten Sekretär des Zentralkomitees der KP Kubas, Raúl Castro. Auf einer Pressekonferenz verurteilte der russische Regierungschef die US-Sanktionen gegen das Land. Die Tatsache, dass Kuba sich der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade seit 60 Jahren erfolgreich widersetzt, zeige, dass die aggressive Politik Washingtons gescheitert sei und dass alle Versuche, einen Regime-Change durch Druck und Gewalt herbeizuführen, keine Aussicht auf Erfolg hätten. Anders als in den USA habe Kuba in Russland »loyale Freunde und einen zuverlässigen Partner«, versicherte Medwedew.
Am gestrigen Freitag stand unter anderem noch die Eröffnung der ersten Anlage für horizontale Bohrungen im Rahmen eines russisch-kubanischen Ölförderprojektes in der 43 Kilometer östlich von Havanna gelegenen Provinz Mayabeque auf dem Programm der Besucher. Die kubanische ölgesellschaft Cupet und das russische Staatsunternehmen Sarubeschneft beuten in der Anlage bei Boca de Jaruco gemeinsam die dort gelegenen Erdölfelder aus.
Vor dem Besuch Medwedews hatte dessen Stellvertreter Juri Borissow in der vergangenen Woche gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Sputnik bereits weitere Kooperationen zur Modernisierung der kubanischen Energiewirtschaft angekündigt. »Die Umsetzung dieses Programms wird es Kuba ermöglichen, die Ölversorgung aus dem Ausland um ein Drittel zu reduzieren und 1,8 Milliarden US-Dollar an Devisen einzusparen«, erklärte Borissow.
Damit kann die Insel künftig zumindest teilweise die Verluste durch den Ausfall von Öllieferungen kompensieren, die durch US-Strafmaßnahmen gegen Reedereien verursacht werden. Zur besseren Energiebilanz sollen unter anderem auch Verträge über die Reparatur und Modernisierung von zehn Kraftwerksblöcken der in der Nähe von Havanna gelegenen Wärmekraftwerke »Ernesto Guevara«, »Máximo Gómez« und »Antonio Maceo« beitragen. Als Beispiel für die Entwicklung der Zusammenarbeit wies Borissow darauf hin, dass das Handelsvolumen zwischen Russland und Kuba im vergangenen Jahr bereits um 34 Prozent gestiegen sei und bis Ende dieses Jahres ein Volumen von 500 Millionen US-Dollar (456 Millionen Euro) erreicht werden könne.
Medwedew wurde von einer großen Delegation aus Vertretern russischer Wirtschafts- und Handelsunternehmen begleitet, der auch der Direktor der russischen Eisenbahngesellschaft, Oleg Belosjorow angehörte. Bei einem Treffen mit dem kubanischen Verkehrsminister Eduardo Rodríguez sicherte Belosjorow Unterstützung bei der Sanierung von unter anderem mehr als 1.000 Kilometern Bahnstrecke und der Reparatur von Brücken zu. Andere Verträge beziehen sich auf die Wartung von russischen Flugzeugen, die zur Flotte der Fluggesellschaft »Cubana de Aviación« gehören, die Lieferung von Walzwerken zur Herstellung von Drahtgeflechten und Stahlprodukten sowie die Ausbildung von Zollbeamten.
Am 5. September hatten beide Länder bereits eine Vereinbarung zur Gründung des ersten Joint Ventures auf der Insel unterzeichnet. Das neue Unternehmen, das seinen Sitz in der Sonderwirtschaftszone Mariel hat, will sich auf die Produktion von Glasfaserverbundstäben spezialisieren. Mit dem Bau der Fabrik soll schon im November begonnen werden. »Wir werden Kuba auch künftig in allen Bereichen unterstützen«, versicherte Medwedew vor seiner Abreise. Miguel Díaz-Canel dankte den Gästen vor allem für die konsequente Ablehnung der völkerrechtswidrigen US-Blockade durch Moskau. Der kubanische Präsident kündigte an, dass er Ende Oktober nach Russland reisen werde, und lud seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin gleichzeitig zu einem baldigen Besuch Kubas ein.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 05.10.2019