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Wie im Kalten Krieg

Nach erneuter Verschärfung der US-Blockade: Kubas Außenminister klagt Washington auf UN-Vollversammlung an.

Während Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in der heute zu Ende gehenden Generaldebatte der Vereinten Nationen über die Zukunft des Planeten diskutieren, lässt die US-Regierung unter Präsident Donald Trump finstere Zeiten des Kalten Krieges wieder aufleben. »In den letzten Monaten haben die USA kriminelle Maßnahmen eingeleitet, um die Lieferung von Rohöl an unser Land komplett zu verhindern«, klagte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez das Nachbarland am Sonnabend vor der UN-Vollversammlung in New York an. Die jüngsten US-Sanktionen hätten zu erheblichen Problemen für die Wirtschaft und die Bevölkerung geführt und die Regierung zu einem drastischen Energiesparprogramm gezwungen, erklärte Rodríguez. Havannas Chefdiplomat verurteilte auch die von Washington kürzlich gegen kubanischen Politiker und Bürger erteilten Einreiseverbote sowie die Ausweisung von UN-Diplomaten.

Am Donnerstag hatten die USA unter anderem ein Einreiseverbot für den früheren kubanischen Präsidenten Raúl Castro verhängt und dessen Familie gleich mit in Sippenhaft genommen. US-Außenminister Michael Pompeo begründete die Maßnahme damit, dass der 88jährige als Erster Sekretär des Zentralkomitees der KP Kubas für Menschenrechtsverstöße verantwortlich sei. Die US-Sanktionen treffen aber auch dessen Tochter Mariela Castro Espín, eine Abgeordnete des kubanischen Parlaments und weltweit respektierte Aktivistin für die Rechte der LGBTQ-Szene und den Kampf gegen AIDS. Ebenfalls betroffen ist Raúl Castros Sohn Alejandro, der mit Vertretern der damaligen US-Regierung maßgeblich die Bedingungen für den unter Trumps Vorgänger Barack Obama eingeleiteten Kurs der Annäherung zwischen den USA und Kuba ausgehandelt hatte. Andere Kinder Raúl Castros, die keine politischen Ämter bekleiden, sowie Familienangehörige des 2016 verstorbenen Revolutionsführers Fidel Castro dürfen ebenfalls nicht mehr in die Vereinigten Staaten reisen. Kurz vor Beginn der Generaldebatte hatte die US-Regierung außerdem zwei bei den Vereinten Nationen akkreditierte kubanische Diplomaten des Landes verwiesen. All dies seien Aktionen, die praktisch keinerlei Auswirkungen hätten, stellte Bruno Rodríguez am Sonnabend fest. »Die Maßnahmen der USA zielen jedoch darauf ab, die Würde Kubas und die Gefühle unseres Volkes zu verletzen«, sagte er. Sie seien »kleine Wahlgeschenke« für extrem rechte Exilkubaner vor den US-Präsidentschaftswahlen. Die Beleidigungen und falschen Anschuldigungen, mit denen das Vorgehen begründet wird, zeigten »die Verkommenheit und Niederträchtigkeit dieser in Korruption, Lügen und Unmoral versinkenden US-Regierung«, erklärte Rodríguez.

Wie der kubanische Außenminister – ohne Details zu nennen – mitteilte, habe es parallel zu den verschärften Sanktionen »unmoralische Angebote an unser Land« gegeben, »im Austausch für Öl unsere Prinzipien und internationalen Verpflichtungen zu verraten«. Ein Ziel Washingtons sei es, die Solidarität mit dem Volk und der Regierung von Venezuela zu schwächen. Kuba lasse sich jedoch weder durch Drohungen noch durch Erpressung zu Zugeständnissen zwingen, »egal wie hart die wirtschaftlichen Aggressionen sein mögen«, versicherte Rodríguez vor den Vertretern der 193 UN-Mitgliedsländer. »Wir Kubaner sind darauf vorbereitet, Widerstand zu leisten«, zitierte er Raúl Castro. Staatschef Miguel Díaz-Canel kündigte als Reaktion auf den Wirtschaftskrieg der USA eine ideologische Offensive an. »Es geht jetzt nicht nur darum, wie wir drei Liter oder eine Tonne Öl einsparen können. Es geht um viel mehr«, erklärte Díaz-Canel am Donnerstag in Cienfuegos. »Hier verteidigen wir Souveränität, Unabhängigkeit und Würde. Wir machen die imperialen Pläne zunichte und verweigern die Einführung der neoliberalen kolonialen Plattform, die sie uns auferlegen wollen«, sagte er.

Tatsächlich hat die verschärfte US-Blockade – trotz schmerzhafter Einschränkungen bei der Energie- und Lebensmittelversorgung – nicht zu den von Washington erhofften Protesten in Kuba geführt. Im Gegenteil: Die Bevölkerung erfährt, wer Freund und wer Feind ist. Während die USA am Dienstag letzter Woche neue Sanktionen gegen Reedereien in Zypern und Panama verhängten, deren Tanker Erdöl von Venezuela nach Kuba transportierten, kündigte China am selben Tag eine Spende in Höhe von 800 Millionen Renminbi (102 Millionen Euro) für die Insel an. Auch Russland will die Zusammenarbeit ausweiten. Am Mittwoch meldete die Agentur Reuters zudem, dass Venezuela die Ölexporte nach Kuba ausweiten will. Zwei Tanker seien bereits auf dem Weg, und neun weitere Schiffe des staatlichen venezolanischen Erdölgesellschaft PDVSA warteten darauf, mit Rohöl, Diesel, Benzin und Heizöl für Kuba beladen zu werden.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 30.09.2019